Aus Bullenstall wird Wohnung: Einblick in ungewöhliche Immobilie im Kreis Gütersloh

Kreis Gütersloh. Es ist der Unternehmer Daniel Wöstmann, der ihn zur Wohnungsbesichtigung auf den Jückemöllers Hof lockt. &bdquo;Unterschreib nichts anderes. Komm erstmal her!“ Alexander Hesse will von Erding in die Möbelregion Kreis Gütersloh ziehen. An den Moment der Ankunft erinnert er sich genau: &bdquo;Ich bin durch diesen grünen Tunnel von Bäumen die Auffahrt entlang gefahren, habe auf den Hof geblickt und gedacht, das da wird es doch nicht sein, oder?“ Doch, das ist es. Als dem 52-Jährigen klar wird, dass er vor der Hausnummer 18 steht – der richtigen Adresse – gibt es schon kein zurück mehr. &bdquo;Mir war sofort klar, dass ich hier leben will.“ Liebe auf den ersten Blick nennt man das, was Alexander Hesse vor einem Jahr auf seiner Wohnungssuche widerfahren ist. Auch Lebensgefährtin Stefanie Teggemann ist begeistert von dem ehemaligen Bullenstall, der vom Gütersloher Architekturbüro Spooren in drei Wohneinheiten umgebaut wird. Sie entscheiden sich für die größte Einheit in der Mitte: 160 Quadratmeter Wohnfläche mit Garten. Hesse hat keine Lust mehr, irgendwo anders einen Mietvertrag zu unterschreiben, auch wenn er zu diesem Zeitpunkt mit den Füßen noch im Rohbau steht. Fünf Monate muss er warten. Im November 2022 ist Einzug. &bdquo;Hier steckt wirklich viel Geschichte drin“, Alexander Hesse steht in seinem Wohnzimmer und blickt nach oben auf Deckenbalken aus Eiche. &bdquo;Die sind alle noch original.“ Die Raumhöhe im offenen Wohnbereich beträgt vier Meter. Ein Dachfenster sorgt für Helligkeit auf der umlaufenden Galerie der ersten Etage bis hin nach unten auf den Küchenboden. Tag der Architektur 2023:Diese besonderen Immobilien in OWL können besichtigt werden Gebaut nach dem Haus-in-Haus-Prinzip Das um 1903 erbaute Wirtschaftshaus auf dem über 700 Jahre alten Hof in Steinhagen-Amshausen wurde seit den 1980er Jahren nur noch als Abstellfläche genutzt. Die Eigentümer Daniel Wöstmann (Gütersloh) und Volker Voelker (Bielefeld) haben sich entschieden, das alte Wirtschaftsgebäude nach dem Haus-im-Haus Prinzip in drei hocheffiziente Wohnungen umzubauen: Nicht übereinander, sondern nebeneinander. Die prägende Außenfassade ist erhalten geblieben, innen ist quasi ein Neubau entstanden. Der Clou: Der Laubengang vor den Eingangstüren dient zugleich als Windfang oder auch Wohnungsflur. &bdquo;Man steht geschützt, kann sich bei Regen erstmal abschütteln.“ Verbaut ist eine Sole-Wasser-Wärmepumpe, eine mechanische Lüftung mit Wärmerückgewinnung sowie Fußbodenheizung. Das Gebäude hat einen Niedrigenergiestandard – ein Umstand, den man mit einer klassischen Sanierung des Gebäudes nur schwerlich hätte herstellen können. Auch ein halbes Jahr nach Einzug ist die Begeisterung für das Stück Reihenhaus im alten Stall bei Hesse nicht verflogen. Dass ein paar Utensilien in Kisten herumstehen, einige Bilder ihren Platz an den Wänden noch nicht gefunden haben, kommentiert er mit: &bdquo;Das wird sich noch finden. Eine Wohnung muss leben.“ Hesse ist gelernter Schreiner und staatlich geprüfter Raum- & Formgestalter. Als Industriedesigner hat er bei renommierten Unternehmen gearbeitet, zuletzt beim Küchenhersteller Nobilia ehe er zu Bock in Verl gewechselt ist. Das "ganz Akkurate" braucht Hesse bei seiner Einrichtung nicht Er kennt die schicksten Einrichtungen, die teuersten Designer, hat mitgeholfen, Schlösser, Burgen und Luxusvillen einzurichten. &bdquo;Aber Zuhause muss ich meinen Stil nicht durchziehen.“ Hesse hat genug gesehen. &bdquo;Ich mag es, wenn eine Einrichtung aus einem Guss ist. Aber offen gestanden wird das schnell langweilig. Das ganz Akkurate brauche ich nicht.“ Es gibt keinen Keller, keinen Abstellraum. Also müssen Lösungen her. Im Erdgeschoss sind deshalb Räume für Gäste WC und Vorrat integriert. Um die Großzügigkeit des Wohnraums nicht zu beinträchtigen, sind sie nicht deckenhoch. Oberhalb plant Hesse eine gepolsterte Fläche als Rückzugsort etwa zum Lesen. Auch sollen noch Regale an der Küchenwand angebracht werden. &bdquo;Ich möchte in diesem Raum noch ein bisschen träumen dürfen“, etwa von einer hohen Metallskulptur. &bdquo;In einem halben Jahr sieht es hier anders aus.“ Er hat Tatendrang. Das alte Brennereigebäude, das direkt an das renovierte Wirtschaftsgebäude grenzt, lädt auch noch zum Ideen-Schmieden ein. Er freut sich, sollte hier auf Juckemöllers Hof ein weiteres Gebäude wachgeküsst werden und die Hofgemeinschaft ergänzen. Eigentümer Wöstmann verstirbt noch vor der Fertigstellung Eigentümer Daniel Wöstmann (45) erlebt die Fertigstellung des alten Bullenstalls – den Einzug von Alexander Hesse und Stefanie Teggemann jedoch nicht mehr. Der Geschäftsführer des Familienunternehmens Wöstmann mit Sitz in Gütersloh stirbt im vergangenen Oktober. Für sein neues Zuhause im Kreis Gütersloh ist Hesse ihm dankbar. &bdquo;So etwas hier“, sagt Hesse und blickt sich um, &bdquo;findet man als Mieter nur einmal. Das ist ein richtiges Glück.“

Meistgelesen