Nach Razzia vor Gütersloher Rathaus: Verlagert sich das Drogen-Problem jetzt?

Gütersloh. Noch ist Norbert Braun skeptisch. Zwar gefalle dem Anwohner der Berliner Straße die derzeit herrschende Ruhe rund um den Konrad-Adenauer-Platz vor dem Rathaus, so ganz über den Weg trauen tue er ihr aber nicht. "Ich habe die leise Vermutung, dass das Schauspiel in wenigen Wochen wieder von vorne los geht", spricht der 80-Jährige seine Befürchtung offen aus. Er rechne regelrecht mit der Rückkehr lungernder Cliquen an seinen Wohnort, die gleichzeitig auch Drogen, Müll und Alkoholexzesse bedeuten würden. Anwohner und Geschäftsleute klagten vor Wochen auch über bespuckte Schaufenster und vollurinierte Blumenkübel. Vorerst aber, und das betont Norbert Braun ausdrücklich, "hat sich die Situation hier gebessert." Und er hoffe darauf, dass sich die Lage nicht wieder zuspitzt. Denn nachdem bewaffnete Polizeikräfte Ende April einen Kiosk an der Berliner Straße stürmten, sei es vor allem nachts still auf den Straßen geworden. "Ich glaube, die Leute haben Angst bekommen und halten sich zurück", vermutet der Anwohner. Die von Landrat Sven-Georg Adenauer im Nachgang der Razzia installierte &bdquo;Strategische Fahndung“, die es Polizeikräften ab sofort ermöglicht auch ohne triftigen Grund Personen anzuhalten und Taschen oder Autos zu kontrollieren, befürwortet Braun sehr. "Das hat sich auch schon ausgewirkt", ist sich der 80-Jährige sicher. Die grundsätzliche Präsenz der Polizei sei rund um das Rathaus größer geworden. Was aber bleibt ist die Befürchtung, dass nach Ablauf der auf 28 Tage angesetzten Maßnahme die Kriminalität in die Berliner Straße zurückkehren wird. Verlagert sich das Problem nun innerhalb von Gütersloh? So wie Norbert Braun geht es auch Mathay Urheu, gemeinsam mit seinem Vater Elias Eigentümer zweier Immobilien an der Berliner Straße. Er erzählte im Gespräch mit dieser Zeitung: Die Vermietung eines aktuell leer stehenden Geschäftsraums der Familie erweise sich wegen der lungernden Cliquen als äußerst schwierig. Zwar sei die 260 Quadratmeter große Geschäftsfläche noch immer nicht vermietet, gibt Urheu heute an, von den Cliquen sei derzeit aber nichts mehr zu sehen. "Die Situation hat sich bereits nach der Berichterstattung über die Vorfälle etwas gebessert", sagt der Immobilienbesitzer. "Und nach der Razzia ist es jetzt richtig ruhig geworden. Wenn es so bleibt, dann sind wir zufrieden." Er hofft darauf, dass die Einsatzkräfte der Gütersloher Polizei im Zuge der Razzia "die Personen festgenommen hat, die die Strippen gezogen haben." Generell zeige die Polizei auch im Nachgang des Großeinsatzes verstärkt Präsenz vor dem Gütersloher Rathaus. "Derzeit ist es leise geworden. Ich stelle mir jetzt aber die Frage, ob es hier weiter so ruhig bleibt. Denn die kriminellen Gedanken der Personen werden bleiben. Ich befürchte, dass sich die Machenschaften jetzt an einen anderen Ort der Stadt verlagern." Auch Christian Konuk, Betreiber der Salatbar an der Berliner Straße, bestätigt die derzeit herrschende Ruhe vor seinem Geschäft. Er spricht sogar von einer "Totenstille", die seit der Veröffentlichung von Zeitungsartikeln und der Durchführung der Razzia eingekehrt ist. "Es ist sogar kaum noch Dreck auf der Straße zu sehen", zeigt sich Konuk von der derzeitigen Lage rund um das Rathaus durchweg zufrieden. Was war seit der Razzia? Gütersloher Polizei veröffentlicht Zahlen Andreas Sentker, Inhaber von Foto Ramhorst, wird seit den Geschehnissen an der Berliner Straße regelmäßig von Kunden darauf angesprochen. "Die Aufmerksamkeit auf das Thema ist derzeit groß", sagt er. Er selbst war während der groß angelegten Razzia zwar nicht in seinem Geschäft, stellt seitdem aber eine "deutliche Besserung" der Situation fest. Er möchte außerdem der Stadtreinigung dafür danken, dass diese jeden Tag den durch die Cliquen angefallenen Müll noch vor Öffnung der Geschäfte beseitigt hat. Aber auch Sentker sieht das Problem einer möglichen Verlagerung der kriminellen Machenschaften. "Kurzzeitig hat die Polizei durch die Maßnahme des Landrats sicher eine Handhabung. Ob sie greift und das grundsätzliche Problem löst, das wird die Zeit zeigen. Ich denke aber, dass sie die vorhandene Kriminalität nicht verhindern kann und sich diese innerhalb der Stadt verlagern wird." Dass es derzeit rund um den Konrad-Adenauer-Platz vergleichsweise ruhig zugeht, verdeutlichen auch Zahlen, die Polizeisprecherin Katharina Felsch auf Anfrage dieser Zeitung preisgibt. Denn seit dem 27. April, also dem Tag der Razzia, gab es an der Berliner Straße lediglich noch einen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie eine eingeschlagene Autoscheibe.

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