Ärger nach Autounfall in Gütersloh: Versicherung lenkt noch vor Gerichtsurteil ein

Gütersloh. Fast ein Jahr nach einem Autounfall auf der B61 mit einem Schaden von rund 17.000 Euro hatte sich der Gütersloher Jürgen Hahn Ende März mit der Versicherung des Verursachers vor Gericht wiedergetroffen. Der LVM (Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster) wollte für die Reparatur nach eigener Prüfung durch die Firma Control Expert rund 1.502,58 Euro weniger zahlen, als ein von Hahn beauftragter neutraler Sachverständiger aus Warendorf vorher errechnet hatte. Die Kürzungen basieren aus Sicht des 60-Jährigen jedoch auf falschen Angaben. Deshalb klagte er, auch um eine Art Grundsatzurteil zu erwirken. Doch noch bevor es vor dem Gütersloher Amtsgericht dazu kommen kann, hat die Versicherung eingelenkt. Der Fall: Am Samstag, 26. März 2022, gegen 13 Uhr war Jürgen Hahn und seiner Begleitung auf der B61 in Gütersloh unterwegs. Kurz hinter der Kreuzung an den Stadtwerken krachte ein anderer Pkw-Fahrer beim Anfahren vom Seitenstreifen dem Mercedes E-Klasse Cabriolet in die Seite – 17.000 Euro Schaden. Hahn wollte die Summe über das Gutachten eines neutralen Sachverständigen begleichen lassen. Doch der LVM, Versicherer des Unfallverursachers, bezog die Firma Control Expert ein. Der digitalisierte Prüfdienstleister, dessen Mehrheitsanteilseigner die Allianz Versicherung ist und der zum Teil voll automatisiert mittels Künstlicher Intelligenz arbeitet, setzte eine Gegenstellungnahme auf – mit anderer Werkstatt und deutlich niedrigeren Preisen. Versicherung lehnt Stellungnahme ab Die darin angegebenen Verrechnungssätze – so hatte Jürgen Hahn in einem Gespräch mit der Werkstatt recherchiert – hatten jedoch weder den aktuellen Werten noch denen zum Zeitpunkt des Unfalls entsprochen. &bdquo;Das ist für mich Betrug“, hatte der Gütersloher auch in der Verhandlung vor dem Amtsgericht Gütersloh am 26. März noch einmal seinen Standpunkt deutlich dargelegt. Immer wieder käme es vor, dass Versicherungen berechtigte Ansprüche der Geschädigten zurückweisen, mit Tricks kürzen oder zumindest die Regulierung verzögern würden. Dagegen wollte er ein Zeichen setzen. In einem Fachmagazin äußerte sich gerade erst eine Juristin dazu, dass der überwiegende Teil von unberechtigten Kürzungen auf derartige Prüfberichte zurückgehe. Was hat es mit den Vorwürfen auf sich? Zwei Tage vor der Verhandlung hakte die &bdquo;Neue Westfälische“ nach, bat den Versicherer in Münster um eine Aussage. Ein LVM-Sprecher antwortete: &bdquo;Tatsächlich ist es so, dass wir von einer Stellungnahme zu dem Vorgang absehen.“ Der Richter legte im Rechtsstreit mit dem Aktenzeichen &bdquo;10 C 487/22“ schließlich mit dem 24. April einen Verkündungstag fest. Gütersloher will andere Menschen vor unberechtigten Kürzungen bewahren Zu einem Urteil wird es jedoch nicht kommen. Am Donnerstag, 30. März, hat die Versicherung schriftlich zugestimmt, die Ansprüche des Güterslohers nun doch vollumfänglich erstatten zu wollen. Sie zahlt also den Klagebetrag von 1502,58 nebst Zinsen in Höhe von 67,67 Euro. Die Zahlung der Gesamtsumme von 1570,20 Euro auf sein Konto sei bereits veranlasst worden. Die Bedenken im laufenden Verfahren würde man zurückstellen, heißt es weiter. Die Hauptsache sei damit erledigt und man stimme einer Erledigungserklärung zu. Aus Sicht von Jürgen Hahn ist der LVM &bdquo;wegen der dann doch erdrückenden Beweislage“ eingeknickt. Das Klageverfahren wird zu Lasten der Versicherung eingestellt. Damit bleibt zwar auch das erhoffte Grundsatzurteil aus, doch der 60-Jährige hat die Hoffnung, dass er mit seinem Gang an die Öffentlichkeit auch andere Menschen vor unberechtigten Kürzungen bewahren kann. Dabei blickt der Gütersloher auch ins benachbarte Steinhagen, wo es am 7. Februar zum Großbrand der Firma Bestpool gekommen war. Beim LVM waren nach eigenen Angaben wenig später 250 Schadensmeldungen eingegangen. Jürgen Hahn: &bdquo;Ich hoffe anderen Geschädigten, insbesondere in den Steinhagener Schadensfällen, wird mein Gerichtsverfahren Mut machen.“

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