Gewalt nimmt zu: 67 Polizisten sind im Kreis Gütersloh im Einsatz verletzt worden

Gütersloh. Mehr Notrufe, mehr Einsätze und größere Gewaltbereitschaft: Die Belastung der Polizisten im im täglichen Einsatzgeschehen nimmt auch im Kreis Gütersloh spürbar zu. Gut die Hälfte der 591 Mitarbeiter der hiesigen Kreispolizeibehörde arbeitet für die Direktion Gefahrenabwehr und Einsatz (GE), also im Streifendienst. &bdquo;Das sind etwa 300 Beamte und Beamtinnen, die den Kopf hinhalten, wenn es brenzlig wird. Sie kommen durchschnittlich auf 200 Einsätze pro Tag im Kreis Gütersloh. Das ist eine Menge“, zeigte sich Landrat Sven-Georg Adenauer anlässlich der Zahlen aus der am Mittwoch veröffentlichten Jahresbilanz beeindruckt. Rund 60.000 Anrufe sind im vergangenen Jahr in der Leitstelle bei der Kreispolizeibehörde Gütersloh (KPB) eingegangen, das macht 164 Notrufe täglich. &bdquo;Das heißt: Alle acht Minuten wird im Kreis Gütersloh ein Notruf abgesetzt“, erklärt Polizeidirektor Dirk Zeller, Leiter der Direktion GE. In 44.086 Fällen kam es 2022 nach der Alarmierung auch tatsächlich zu einem Einsatz – das ist der Höchststand in der Zehn-Jahres-Auswertung. Die Delle im Diagramm, für die das Jahr 2021 mit der deutlich geringeren Zahl von 41.747 Einsätzen sorgte, begründet der Leitende Polizeidirektor Holger Meier, Abteilungsleiter der KPB Gütersloh, mit der &bdquo;Corona-Phase, in der es im öffentlichen Raum weniger Personenverkehr gab.“ Mit den stetig steigenden Einsatzzahlen, häufige Anlässe sind Verkehrsunfälle mit Sachschaden (19 Prozent), Hilfeersuchen (8 Prozent) oder Ruhestörungen (6 Prozent), beobachtet die Polizei einen Trend mit Sorge. Aggressionen, Respektlosigkeit und Gewalt gegenüber den Beamten nimmt zu. &bdquo;Und zwar stetig. Wir haben 2022 kreisweit 67 Kollegen gehabt, die im Einsatz verletzt wurden“, erklärte Dirk Zeller und verdeutlichte die schwierige Lage anhand drei exemplarischer Negativbeispiele: Ein 16-Jähriger hatte Ende März 2022 zwei Beamte in Rheda-Wiedenbrück mit einem Schlagring angegriffen. Auf dem Kleesamenmarkt in Harsewinkel wurden Polizisten im April attackiert, in Gütersloh im Oktober mit einer Spielzeugpistole bedroht. Erst vor wenigen Tagen waren zwei Polizisten bei einer Verkehrskontrolle von einem 18-Jährigen mit Faustschlägen traktiert worden. Die Folgen von Aggression und Gewalt gegenüber Polizeibeamten &bdquo;Das Aggressionspotenzial ist größer, die Konfliktsituationen sind mehr geworden“, sagt Dirk Zeller. Ein gesellschaftliches Problem. Über die Gründe ließe sich vielfältig spekulieren. Hinsichtlich steigender Gewalt auf Einsatzkräfte, wie sie auch an Silvester eskaliert war, wünscht sich Landrat Sven-Georg Adenauer, dass der Staat ein härteres Durchgreifen ermöglicht: &bdquo;Die Täter sind vorwiegend jüngere Männer. Eine Bevölkerungsgruppe, die testet, wie weit sie gehen kann. Bis in diesem Staat etwas passiert, muss aber viel geschehen.“ Klar ist für Polizeidirektor Dirk Zeller auch, dass sei auch, dass die steigenden Aggressionen für das polizeiliche Handeln nicht folgenlos bleiben werde. Er mahnt: &bdquo;Einsätze werden sensibler angegangen, es wird mehr Unterstützung angefordert. Damit sind mehr Beamte eingebunden, was wiederum Folgen auf andere Einsatzgeschehen hat.“ Eine kleine, aber wirkungsvolle Unterstützung im Kampf gegen gewaltbereite Personen ist für die Polizisten das so genannten Distanzelektroimpulsgerät (Deig), kurz Taser. Im Dezember eingeführt, ist das Gerät, das per Stromimpuls für eine Muskeltraktion beim Angreifer sorgt, in diesem Jahr bislang sechs Mal zum Einsatz gekommen. &bdquo;Vier Mal wurde die Benutzung angedroht, zwei Mal wurde es benutzt“, erläutert Holger Meier. Bereits das Geräusch und der Lichtbogen würden einschüchternd wirken. Durchschnittliche Einsatzreaktionszeit liegt bei 13:25 Minuten Trotz steigender Einsatzzahlen ist die Arbeit der Direktion Gefahrenabwehr und Einsatz auch weiterhin geprägt von einer guten Einsatzreaktionszeit. &bdquo;Im Durchschnitt brauchen wir 13:25 Minuten von der Alarmierung bis zum Eintreffen am Einsatzort“, erläutert Dirk Zeller. Der landesweite Schnitt in Nordrhein-Westfalen liegt hierbei bei 15:47 Minuten. Dabei werde das Aufkommen unter Berücksichtigung der Einsatzlage nach Dringlichkeit abgearbeitet. Bei einem Tötungsdelikt oder Einbruch mit Täter vor Ort müsse die Ruhestörung eben warten. &bdquo;In solchen Fällen brauchen wir im Durchschnitt auch unter sechs Minuten“, ergänzt Zeller. Wer die 110 wählt, erhält im Kreis Gütersloh schnelle Hilfe: &bdquo;90 Prozent der Anrufe werden nach acht bis neun Sekunden angenommen, 97 Prozent nach 25 Sekunden“, verdeutlicht Benedikt Schlüchtermann, Leiter Führungsstelle. Die übrigen drei Prozent schauen nicht etwa in die Röhre, wenn alle Leitungen besetzt sind, denn dank des 2022 eingeführten Überlaufs geht in NRW kein Notruf verloren. &bdquo;Die Notrufe werden dann zunächst bei anderen Behörden, etwa in Köln oder Düsseldorf, angenommen und bearbeitet, später dann technisch nach Gütersloh rüber geschaltet“, erläutert Holger Meier. Die Polizisten der Direktion Gefahrenabwehr und Einsatz waren im vergangenen Jahr auch an etlichen besonderen Lagen beteiligt. Sie waren etwa bei den Rodungsarbeiten im Storck-Wald in Halle im Januar im Einsatz, ebenso bei den Anti-Corona-Demonstrationszügen von Januar bis April mit in der Spitze bis zu 700 Teilnehmern, insgesamt fünf Geldautomatenaufsprengungen oder eben auch bei verschiedenen Versammlungen in Verbindung mit dem Krieg in der Ukraine. 103 Kräfte waren im Einsatz, als im Juli Arminia Bielefeld im Heidewald gegen den PSV Eindhoven spielte. &bdquo;Da muss man sich mal überlegen, wofür die Polizeikräfte eingebunden werden“, zeigt Dirk Zeller wenig Verständnis. Traditionsvereine mit "Konfliktpotenzial" könnten ins Kreisgebiet kommen Der Sport beschäftigt die Polizei im Kreis Gütersloh auch in Zukunft. Denn wenn der SC Verl in der kommenden Saison weiter in der 3. Liga spielt und seine Heimspiele in Verl austräge, so kämen &bdquo;Traditionsvereine mit Konfliktpotenzial“ ins Kreisgebiet und entsprechende Arbeit auf die Polizisten zu. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit ist das Konzept &bdquo;Sichere Innenstadt Gütersloh“, bei dem auch der Bahnhof und der ZOB im Fokus stehen. Nicht ohne Grund, wie Holger Meier weiß: &bdquo;Auf einem der Fläche des Stadtgebietes findet mehr als 19 Prozent der Kriminalität statt.“ Dieser Situation will man Herr werden, mit vier strategischen Ansätzen. Die Straßenkriminalität soll weiter reduziert, ordnungswidriges Verhalten bekämpft, das Sicherheitsgefühl gesteigert und auch die Raser- und Tuningszene weiter bekämpft werden.

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