Messie-Wohnung in Gütersloh entdeckt: Mieterin kurzerhand ausgesperrt

Gütersloh. Erst kamen die Mietzahlungen unregelmäßig, seit Februar gar nicht mehr. Deshalb tat Jochen Weithöner das, was man als erfahrener Vermieter mehrerer Objekte tut und veranlasste eine Räumungsklage. Die läuft. Derweil schaffte Weithöner jedoch Fakten. Am 8. Mai tauschte er in Abwesenheit seiner Mieterin die Schlösser zur Wohnung in der Friedenstraße und sperrte Veronika Z. (Name geändert) aus. Seither steht sie vor verschlossener Tür und kommt weder in ihre Wohnung, noch an ihr Eigentum. Weithöners Handeln fällt unter Hausfriedensbruch, er riskiert eine Strafanzeige. "Ich weiß, dass das nicht legal ist", sagt Weithöner, "aber einer muss hier jetzt mal handeln." Nachdem er den Zustand seiner Wohnung in Augenschein genommen hat ist er sicher, dass seine Mieterin Hilfe benötigt. Und zwar dringend. Der 73-jährige Elektroingenieur möchte, dass die Behörden eingreifen. Er hat das Ordnungsamt informiert und auch den Sozialen Krisendienst der Kreisverwaltung. Alle sollen helfen, um Veronika Z. vor sich selbst zu schützen und den enormen finanziellen Schaden von Weithöner in Grenzen zu halten. Aber bislang ist nichts davon in Sicht. Entsetzen über den Zustand des Badezimmers "Die Toilette ist vollständig mit Kot gefüllt, alle Abflüsse sind verstopft, das Badezimmer ist nicht mehr zu benutzen", erklärt Weithöner. "Auch in der Küche, dort ist alles verdreckt und Lebensmittel gammeln offen vor sich hin. Der Kühlschrank ist rappelvoll." Er hat Fotos gemacht. "Das ist ein Messie-Haushalt", sagt er. Besonders entsetzt sei er über den Zustand des Bads gewesen. Hier sei für ihn klar gewesen, dass enormer Schaden angerichtet wurde und dass man einen Menschen nicht ohne Hilfestellung in einer solchen Situation belassen dürfe. Die Mieterin habe die Nachbarwohnung bereits verlassen, "wegen des Gestanks." Im Keller sei Ungeziefer aufgetaucht. "Kein Wunder", erklärt Weithöner, "ich habe 550 Kilo Müll aus dem Keller entsorgt, unter anderem Lebensmittel, die seit einem Jahr vor sich hingammeln." Der Müll gehört Veronika Z., er ist ihr Eigentum. "Anwälte haben vor der Entsorgung gewarnt, mir egal, ich schütze jetzt mein Eigentum, natürlich habe ich alles dokumentiert unter Zeugen", wie Weithöner der Stadtverwaltung Gütersloh vergangene Woche schriftlich mitteilt. Kreisverwaltung lehnt eine Stellungnahme ab Veronika Z. wehrt sich juristisch gegen die Aussperrung. Sie hat eine einstweilige Verfügung beim Amtsgericht Gütersloh auf den Weg gebracht. Die Rechtsanwaltskanzlei Müller & Paul lehnt eine Stellungname zum Fall ab. Eine Anfrage der NW bei der Mieterin bleibt unbeantwortet. Auch die Frage, wo sie in der Zwischenzeit eigentlich unterkommt, scheint niemand beantworten zu können. Die Kreisverwaltung lehnt eine Stellungnahme aus Datenschutzgründen ab. "Wenn ich gerichtlich dazu gezwungen werde, lasse ich die Mieterin natürlich wieder in die Wohnung. Aber freiwillig gebe ich die Schlüssel nicht raus", so Weithöner. 410 Euro beträgt die Kaltmiete für die Zwei-Zimmer-Wohnung in der zweiten Etage. 45 Quadratmeter in guter Innenstadtlage. "Ich vermiete seit 30 Jahren Wohnungen. Aber so einen Fall hatte ich noch nicht", es ginge einfach nicht, so der Hausbesitzer, dass sich um den Gesundheitszustand dieser Person niemand kümmere. Weithöner, drei Jahrzehnte lang Betreiber des Modellbahnladens und Spieleparadieses an der Kampstraße, ist nicht mehr dauerhaft in Gütersloh. Seit seiner Pension 2017 hat er einen Zweitwohnsitz auf Mallorca. Seit Montagmittag ist er zurück auf der Ferieninsel. Den Rest soll jetzt sein Anwalt regeln. Die Mieterin braucht Hilfe - aber man kann sie nicht zwingen "Juristisch ist die Sache eindeutig. Aber dennoch ist der Fall knifflig", sagt der Gütersloher Rechtsanwalt Andreas Trylla. Er vertritt Jochen Weithöner. "Frau Z. benötigt Hilfe, aber sie holt sie sich nicht. Ihr Verhalten ist selbstgefährdend, aber nicht fremdgefährdend gegenüber Herrn Weithöner." Also gelte es, die Sache auszuhalten. Das sei für beide Seiten schwer erträglich, denn beim derzeitigen Zustand des Badezimmers etwa könne man kaum ermessen, was sich bei einem Wiedereinzug dort abspielt. "Bis die Räumungsklage verhandelt wird, werden wohl noch drei bis vier Monate vergehen", so Trylla, "Unsere Justiz ist sehr langsam. Gerade in solchen Fällen." Den Schaden werde Weithöner ohnehin niemals ersetzt bekommen. "Es stehen Mietforderungen in vierstelliger Höhe aus, das Badezimmer muss mit mehreren tausend Euro komplett renoviert werden und die Kosten für die Zwangsräumung muss er unter Umständen auch tragen. "Unser Mietrecht ist sehr mieterfreundlich. Das ist auch gut so, aber man muss immer beide Seiten sehen." Es gebe genügend Leute, die inzwischen Wohnungen leer stehen ließen, weil sie Angst vor solchen Auseinandersetzungen mit Mietern hätten. "Die Einstweilige Verfügung wurde am 12. Mai ausgestellt", bestätigt Silke Bergstermann, Sprecherin des Amtsgerichts Gütersloh. "Herr Weithöner muss seine Mieterin wieder reinlassen." Die Umsetzung der Maßnahme sei nicht mehr Sache des Gerichts. Das müssten die Antragsteller regeln. Rechtsanwalt Trylla hält die Haustürschlüssel bereit.

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