Nutzen die Briten den Flugplatz? "Militärischer Bedarf hat immer Vorrang"

Gütersloh. Zu den Überlegungen der britischen Streitkräfte, nach Gütersloh zurückzukehren, werden immer mehr Einzelheiten bekannt. Demnach erwägen die Briten, den ehemaligen Flugplatz an der Marienfelder Straße als Standort für Panzer und anderes schweres Großgerät zu nutzen. Er komme als Ergänzung zu anderen Standorten in Frage, der Ukraine-Konflikt spiele dabei allenfalls eine Nebenrolle. Weil die Städte Gütersloh, Harsewinkel und Herzebrock-Clarholz bislang die Absicht hatten, einen großen Teil der Flächen zu einem interkommunalen Gewerbegebiet zu machen, ist die örtliche Wirtschaft alarmiert. So schickten der Unternehmerverband für den Kreis Gütersloh und die Industrie- und Handelskammer gestern ein gemeinsames Statement, in dem sie die Kommunen zu sofortigem Handeln auffordern. Laut Markus Miele, Vorsitzender des Unternehmerverbandes und Vizepräsident des IHK, müsse gewährleistet sein, dass die heimischen Betriebe vor Ort weiterwachsen könnten. Falls nicht, erleide die Region Wohlstandsverluste. Die Kommunen müssten, ohne "weitere Zeit" zu verlieren, &bdquo;in die Entwicklung von Handlungsoptionen für das Verorten und baldige Realisieren künftiger Gewerbegebiete“ gehen. Die Panzer könnten im Baltikum zum Einsatz kommen Schon die Stadt hatte berichtet, eine Rückkehr der Briten hätte &bdquo;gravierende Folgen“. Tatsächlich spielt der Flugplatz bei der Gewerbeflächenplanung der drei Städte eine zentrale Rolle. Von den 344 Hektar sind etwa 230 als nationales Naturerbe für den Naturschutz gesichert. Die anderen gut 100 Hektar, im wesentlichen jene bebauten Areale längs der Bundesstraße, sind als Gewerbe- und Industriegebiet vorgesehen. Genau auf diese Flächen legen die Briten nun möglicherweise wieder ihre Hand. Demnach teilten sie schon im vergangenen Jahr der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) mit, dass sie prüfen, einen Teil des Geländes wieder zu nutzen, und zwar "für Ausbildungs-, Unterbringungs- und Lagerzwecke“.Lesen Sie auch: Russland-Ukraine-Konflikt: Briten sollen zurück nach Gütersloh Konkret gibt es eine Machbarkeitsstudie, wonach die Princess-Royal-Kaserne eine Rolle als Drehscheibe für schwere Waffen des britischen Heeres spielen soll. Armee-Sprecher Mike Whitehurst bestätigte gestern Überlegungen, dass in Gütersloh militärisches Großgerät wie Kampfpanzer Challenger 2, Schützenpanzer Warrior oder Haubitzen AS 90 stationiert sein könnten. Es handele sich um Gerät, das im Baltikum an der Nato-Ostflanke im Rahmen der EFP-Mission (siehe NW von gestern) eingesetzt werden könnte. Mit einer Entscheidung bald zu rechnen Laut dieser Machbarkeitsstudie könnten in Gütersloh 170 britische Soldaten stationiert sein, davon 70 Militärs und 100 Logistiker. Die Panzer und anderen Großgeräte würden auf Sattelschleppern angefahren. Gütersloh könnte, so Whitehurst, eine &bdquo;sinnvolle Ergänzung“ zu den Briten-Standorten in Mönchengladbach und Wulfen sein. Es gehe nicht um Aufstockung, sondern um Ergänzung und Entlastung. Vor allem beim Fahrzeugdepot in Mönchengladbach kneife es. Whitehurst sagt, es sei keineswegs sicher, dass Gütersloh reaktiviert werde. Es handele sich um eine von mehreren Optionen. Der Prüfungsprozess laufe noch, mit einer Entscheidung sei aber bald zu rechnen. Gütersloh sei in Betracht gekommen, weil es Hangars und andere Hallen habe, in denen man die Panzer und Waffen unterbringen könnte. Die Mansergh-Kaserne an der Verler Straße spiele bei den Überlegungen keine Rolle, versichert Whitehurst. Betriebe befürchten, keine Erweiterungsmöglichkeiten zu habenWie schnell die Briten die Princess-Royal-Kaserne reaktivieren könnten, sei schwer zu sagen. &bdquo;Das ist Teil der Prüfung“, sagt der Armeesprecher, auch die Kosten würden berücksichtigt. Das Wiederherstellen von Versorgungsleitungen für Strom und Wasser, das Benutzbarmachen der Straßen, die Belegbarkeit der Quartiere, all das sei zu berücksichtigen. Mit der Rückkehr nach Gütersloh womöglich kommunale Planungen zu beeinträchtigen, sei durchaus ein Aspekt, der ebenfalls Berücksichtigung finde, aber klar sei: &bdquo;Ein militärischer Bedarf hat immer Vorrang.“ Die Bima, Eigentümerin des Geländes, hatte schon am Dienstag berichtet, sie sei völkerrechtlich verpflichtet, diesen Bedarf zu erfüllen und den Streitkräften die Kaserne zur Verfügung zu stellen. Genau dieser Sachverhalt ist es, der Unternehmerverband und IHK Kummer bereitet. Die heimische Wirtschaft bilde das Rückgrat der Region, so IHK-Geschäftsführer Christoph von der Heiden. Sollten die Industriebetriebe gezwungen sein, wegen des Fehlens geeigneter Gewerbegebiete an andere Standorte zu verlagern, verlöre die Stadt Investition und Steuerkraft und viele Betriebe ihre Auftraggeber. Es sei wichtig, Beschäftigung und Ausbildung im Kreis zu halten, sagt auch Burkhard Marcinkowski, Geschäftsführer des Unternehmerverbandes. Die Partei Linke berichtet, sie sei mehr als beunruhigt über die Äußerungen der Briten. &bdquo;Ich glaube, dass Kriegsvorbereitungen der Nato gegen Russland der Hintergrund sind“, sagt Ratsfrau Camila Cirlini. Entscheidungen würden über die Köpfe der Gütersloher Politiker und Verantwortlichen in der Stadtverwaltung hinweg getroffen, &bdquo;ohne dass wir in irgendeiner Form Einfluss darauf haben“. Von anderen Parteien liegen keine Stellungnahmen vor.

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