Baubranche wegen KfW-Förderstopp in Sorge: "Das ist eine Katastrophe"

Gütersloh. Der Traum vom eigenen Haus steht für manche Gütersloherinnen und Gütersloher auf der Kippe - obwohl doch alles gut geplant und finanziert schien. Überdies hat die gesamte Immobilienbranche seit Kurzem Sorgenfalten auf der Stirn. In der Nacht zum Montag, 24. Januar, hatte das von Robert Habeck (Grüne) geführte Wirtschaftsministerium überraschend das Aus für staatliche Förderungen für energieeffiziente Gebäude und energetische Sanierungen verkündet. Gestoppt werden die Förderprogramme, da die für die Abwicklung zuständige KfW-Bank der Antragsflut nicht mehr hinterherkommt und Mehrkosten in Milliardenhöhe drohen. Lesen Sie auch: Ende der KfW-Förderprogramme: Was Bauherren jetzt wissen müssen Ist der Traum von der eigenen Immobilie noch zu stemmen? "Das ist eine Katastrophe", sagt Marcel Brede, freier Mitarbeiter des Gütersloher Architekturbüros Sebastian David Büscher. Kunden, deren Förderanträge noch nicht von der KfW-Bank genehmigt worden sind, hängen sprichwörtlich in der Luft und wissen derzeit nicht, ob ihr Traum von der eigenen Immobilie finanziell überhaupt noch zu stemmen ist.Schließlich geht es beim KfW-55-Standard (EH 55) um einen Zuschuss von 26.500 Euro, der jetzt pro Wohneinheit wegfällt. Besonders ärgerlich sei das nicht nur für kleine Familien sondern insbesondere für große Investoren. "Plant ein Bauherr ein Mehrfamilienhaus mit zehn Wohneinheiten, ist das in Summe sehr viel Geld, das er jetzt nicht mehr bekommt", so Brede. Es stelle sich die Frage, ob ein solches Projekt für den Bauherren dann noch wirtschaftlich interessant ist. Stichtag um einige Tage vorgezogen Während die Bearbeitung der Förderanträge vor Kurzem noch in wenigen Tagen von der KfW-Bank erledigt worden sei, vergehen derzeit Wochen. Marcel Brede berichtet von einem Kunden, der seinen Antrag bereits am 2. Januar gestellt habe, aber noch immer auf die Antwort warte. Der Architekt schiebt die lange Wartezeit auf die große Antragsflut, die kurz vor dem regulären Auslaufen Ende Januar aufgekommen ist.Für Gebäude der niedrigsten Effizienzklasse, die so genannten KfW-55-Häuser, sollte die Förderung zum 31. Januar 2022 auslaufen. Das hatte noch die alte Bundesregierung beschlossen. Diesen Stichtag hat das neue Bundeswirtschaftsministerium nun um einige Tage vorgezogen. Ein Antragsstopp ist verhängt. Davon betroffen sind auch der KfW-40-Standard (EH 40) und energetische Sanierungen. "Wir wissen nicht, was passiert" Adrian Marcinkiewicz ist Geschäftsführender Inhaber von Deinhaus Gütersloh und Handelsvertreter der Fingerhaus GmbH. Er kritisiert den spontanen Wegfall der Förderung und stellt hinsichtlich des Wirtschaftsministeriums die Kompetenzfrage. "Es tut mir wirklich leid, aber ich weiß doch nicht erst von heute auf Morgen, dass ein Fördertopf leer ist. In meinen Augen ist das eine Hauruckaktion", sagt er im Gespräch.Zwar seien seine Kunden finanziell in der Regel nicht auf die Förderung angewiesen, der Wegfall sei dennoch "extrem ärgerlich". "Insbesondere für diejenigen, die noch keinen Antrag gestellt hatten. Da ist der Zug jetzt abgefahren", sagt Marcinkiewicz. Und weiter: "Was mit den noch ausstehenden Förderanträgen passiert, ist unklar. Wir wissen nicht, was passiert." Finanzierungen müssen jetzt umgeplant werden Verena Monert von der Schlüpmann Massivhaus Gütersloh GmbH & Co. KG rechnet damit, dass sich einige Kunden künftig ihr Traumhaus nicht mehr in der ursprünglich gewünschten Form leisten können oder wollen. "Es werden viele überlegen, ob sie jetzt lieber abwarten und auf eine neue Förderung warten oder sogar auf einen Bau komplett verzichten", sagt sie. Schließlich müssen viele Einzelkunden mit der Änderung ihre Finanzierung umplanen, doch nicht jeder könne dies. Hier kommen die Banken ins Spiel.Lesen Sie auch: Energiekosten senken: Fünf Tipps für Mieter und Eigentümer Axel Kirschberger, Leiter "Rund um die Immobilie" bei der Volksbank Bielefeld Gütersloh, zeigt sich überrascht von der Habeck-Entscheidung. "Ohne eine inhaltliche Bewertung vornehmen zu wollen, ist es ungewöhnlich, derart maßregelnd in bestehende Strukturen einzugreifen, die eine enorme wirtschaftliche Relevanz für jeden einzelnen Bauherren oder Investor haben", sagt er. Er ergänzt: "Dies kommt einer Vollbremsung gleich." Für Kunden bedeute dies eine hohe Unsicherheit. "Bei vielen Immobilienprojekten ist dadurch zunächst einmal die Pause-Taste gedrückt." Kirschberger rate seinen Kunden dazu, zunächst einmal die Ruhe zu bewahren und politische Beschlüsse zur Neuregelung der Förderung abzuwarten. Auch rate er zum Dialog mit der jeweiligen Hausbank. Keine Auswirkungen auf das Makler-Geschäft "Jeder Tag weitere Unsicherheit ohne klare förderpolitische Beschlüsse und Aussagen ist eine große Herausforderung für den Immobilienmarkt. Es steht zu befürchten, dass dann eine Reihe von Immobilienprojekten in den Wartestand geraten oder gar nicht umgesetzt werden. Die Bautätigkeit würde sich zurück entwickeln mit Konsequenzen für die am Bau tätigen Unternehmen und Handwerksbetriebe", so Kirschberger. Für das Geschäft von Maklern oder sogar auf die Bewertung von Immobilien hat das Auslaufen der KfW-Förderung derweil keine unmittelbaren Auswirkungen. Das bestätigen Johannes und Elmar Kaup von der gleichnamigen Makleragentur in Gütersloh auf Nachfrage. "Ich glaube nicht, dass sich das auf Immobilienpreise auswirken wird", sagt Elmar Kaup und Bruder Johannes ergänzt: "Es wird auch irgendeine andere Förderung kommen. Die Regierung hat selbst das Ziel auserkoren 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen. Das muss in irgendeiner Form gefördert werden. Anders kann ich mir das nicht vorstellen."

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