Ein geplanter neuer Wohnkomplex darf in Gütersloh gebaut werden

Gütersloh. Kinder mit Behinderungen leben meistens zu Hause bei ihren Eltern, außer wenn es die Einschränkungen nicht zulassen. Werden aus den kleinen dann große Leute, steht für alle von ihnen die Entscheidung an, wie sie als Erwachsene wohnen. Im Kreis Gütersloh sind das für die Behinderten immer öfter die eigenen vier Wände. Und dieser Anteil wird voraussichtlich demnächst signifikant steigen. Denn: Der Wertkreis genießt mit seinem Vorhaben, nahe der Rhedaer Straße einen neuen Wohn- und Arbeitskomplex zu bauen, weiterhin die volle Unterstützung der Stadt. In einer Sitzungsvorlage, mit der sich die nächste Woche die Fraktionen im Immobilienausschuss befassen, schlägt die Verwaltung vor, dem Entwurf des Bebauungsplanes zuzustimmen und ihn öffentlich auszulegen. 57 Wohnungen und ein Mehrzweckbau Wie berichtet, will der Wertkreis auf einer Freifläche zwischen Rhedaer Straße und Bahndamm, begrenzt von Thüringer Weg und Im Heidkamp, drei Bauten errichten: Zwei dreigeschossige Gebäude mit bis zu 57 Wohnungen sowie einen Mehrzweckbau mit Werkstätten und Gemeinschaftseinrichtungen für Teilhabe, Bildung und Freizeit. Aus Sicht der Stadt und der beteiligten Gutachter spricht nichts dagegen. Entwässerung, Verkehr, Zuglärm: All das haben Experten untersucht und kamen zu dem Ergebnis, dass die Pläne angemessen und verträglich seien. Wegen der Nähe zum Bahndamm hatte vor allem das Lärmgutachten besondere Relevanz: Ein Bielefelder Fachbüro für Akustik und Schalltechnik bilanziert, dass &bdquo;gesunde Wohnverhältnisse“ möglich seien. Die 10,4 Meter hohe Mehrzweckhalle, die sich wie ein Riegel vor den Bahndamm legt, plus der 12,5 Meter hohen Lärmschutzwand entlang der Gleise sowie schallisolierter Bauten führten dazu, alle Richtwerte einhalten zu können. Auf dem freien Markt sind die Wohnungen oft zu teuerFür den Wertkreis dürfte das Ergebnis erfreulich sein. &bdquo;Es gibt einfach zu wenig bezahlbaren Wohnraum für Menschen mit Behinderung. Diesem Mangel wollen wir mit unserem inklusiven Bauprojekt zumindest etwas Abhilfe schaffen“, hatte der neue Geschäftsführer Emilio Bellucci kürzlich noch berichtet. Sofern das Projekt die Zustimmung der Politik findet und alle weiteren Hürden nimmt, wird auf dem knapp ein Hektar großen Gesamtareal somit viel neuer Wohnraum für Behinderte entstehen. Das passt zu den Zahlen, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe jetzt vorlegte: Demnach leben im Kreis Gütersloh inzwischen (Stand: 2020) 1.279 behinderte Menschen allein oder mit anderen in der eigenen Wohnung. Fünf Jahre zuvor waren es etwa hundert weniger gewesen, 1.170. Die sogenannte &bdquo;Ambulantisierungsquote“ (Anteil an Wohnen im eigenen Haushalt) stieg damit von 60 auf 63 Prozent. Eigene vier Wände - bessere Integration im Ort Innerhalb Westfalen-Lippes steht der Kreis Gütersloh damit ordentlich da. Laut LWL-Direktor Matthias Löb liege die Ambulantisierungsquote insgesamt bei 62 Prozent, verglichen mit 56 Prozent vor fünf Jahren. Löb: &bdquo;Ein wichtiger Schlüssel für eine inklusive Gesellschaft sind selbstverständliche Begegnungen von Menschen mit und ohne Behinderungen. Das gelingt aber nur dann, wenn auch Menschen mit schwereren Beeinträchtigungen mitten im Dorf oder im Stadtteil in ihrer Wohnung leben können." LWL-Sozialdezernent Matthias Münning: "Zu einem selbstbestimmten Leben gehört auch die Art, wie ich wohne. Das wollen wir den Menschen mit wesentlichen Behinderungen nicht vorschreiben. Sie sollen möglichst selbst entscheiden, wo und mit wem sie leben möchten." Der LWL unterstütze die Menschen dabei, diese Forderung aus der UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen und die Ambulantisierungsquote weiter zu steigern.

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