Gütersloh Im Notfall mit Kind nach Bielefeld zum Arzt: Bürgermeister Morkes soll das kippen

Gütersloh. Kurze Beine, lange Wege: Seit vergangenem Wochenende finden Eltern mit kranken Kindern an Wochenenden und Feiertagen keinen kinderärztlichen Notdienst mehr vor Ort in Gütersloh. Die Kinder- und Jugendärzte müssen stattdessen ihren ärztlichen Bereitschaftsdienst in der Notfalldienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) am Evangelischen Klinikum Bethel in Bielefeld absolvieren. "Die Politik ist in keiner Weise vorab über dieses Vorhaben unterrichtet worden. Die Empörung vieler Eltern und auch der ansässigen Kinder- und Jugendärzte können wir sehr gut nachvollziehen", sagt Gitte Trostmann von der grünen Ratsfraktion, die das Thema kurzfristig per Dringlichkeitsantrag auf die Tagesordnung des Rates setzen will. Denn die Fraktionen BfGT, Bündnis 90/Die Grünen, CDU, SPD und Die Linke wollen den Notdienst wieder in die Stadt zurückholen. Eine gemeinsame Resolution soll vom Rat verabschiedet werden. Die alte Notdienstregelung soll wieder her In der Resolution wird Bürgermeister Norbert Morkes aufgefordert, sich bei der KVWL dafür einzusetzen, die Notdienstregelung unverzüglich wieder in den alten Zustand zu versetzen. An Wochenenden und Feiertagen sollen die Gütersloher Kinder-und Jugendärzte den Notdienst wie bisher in den eigenen Praxen in Gütersloh durchführen können. Die Neuregelung sei ein massiver Eingriff in die kinderärztliche Versorgung in Gütersloh und ein nicht hinnehmbarer Qualitätsverlust. "Leistungen zur Gesundheitsversorgung vor Ort müssen erhalten bleiben und gesichert werden. Ein solcher Abbau von Leistungen in Gütersloh ist nicht akzeptabel", heißt es in der Resolution. Ein dezentrales Angebot am Wochenende und an Feiertagen für erkrankte und verletzte Kinder und Jugendliche in der Stadt Gütersloh sei unverzichtbar. Der kinderärztliche Notdienst habe bis Ende September in Gütersloh sehr gut funktioniert und sei von Eltern dankbar in Anspruch genommen worden. Die Fraktionen schreiben weiter: "Es ist zu befürchten, dass viele Eltern trotz notwendiger ärztlicher Behandlung den Weg nach Bielefeld wegen der Fahrt und wegen langer Wartezeiten in Bethel nicht auf sich nehmen. Das bedeutet eine besondere Benachteiligung für Eltern, die nicht so mobil sind und kein Auto zur Verfügung haben." Gerade in der Pandemie habe sich gezeigt, wie wichtig eine funktionierende, dezentrale ärztliche Versorgung sei. Zudem sei die ärztliche Versorgung für Kinder und Familien auch ein wichtiger Standortfaktor und somit Ausdruck einer familienfreundlichen Kommune. Praxis versorgte 290 kleine Patientinnen und Patienten Vergangenes Wochenende mussten die Gütersloher Eltern erstmalig im Krankheitsfall mit ihrem Kind nach Bethel fahren. Vanessa Pudlo, Sprecherin der KVWL, sagte, dass dort - am ersten Wochenende nach der Auflösung des dezentralen Dienstes in Gütersloh - 290 kleine Patientinnen und Patienten gewesen seien. Das sind jedoch nicht nur Gütersloher, sondern Kinder aus dem gesamten Kreisgebiet und der Stadt Bielefeld. Am Wochenende 25./26 September seien in der Notfallpraxis in Bethel 276 Kinder versorgt worden. Seit drei Jahren befindet sich in Bielefeld die Notfallpraxis für kleine Patienten in der Kinderklinik am Grenzweg. Die KVWL propagierte damals eine "Portallösung", so dass mit einer gemeinsamen Aufnahme mit der Kinderklinik Bethel ernsthaft erkrankte Kinder gleich stationär aufgenommen werden könnten. Eltern beklagen jedoch lange Wartezeiten in der Notfallpraxis. Insgesamt sei die Auslastung des kinderärztlichen Notfalldienstes, nicht nur in Bielefeld, seit Mitte September aufgrund der aktuellen Krankheitswelle unter den Kindern- und Jugendlichen, sehr hoch", so die KVWL. Die Sprecherin: "Die angesprochenen Wartezeiten haben also vermutlich vor allem mit den aktuellen Umständen und weniger mit der Umstrukturierung zu tun. Wir bitten die Eltern hier um Verständnis und werden die weiteren Entwicklungen beobachten." Auch die Gütersloher Kliniken haben am Wochenende einen Notdienst - allerdings keine Kinderklinik. In akuten Notfällen, wie einem Knochenbruch oder einer Verbrennung, finde aber auch hier eine Notversorgung bei kleine Patienten, die älter als drei Jahre seien, statt, hieß es dort.

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