Für immer Homeoffice? Das passiert nach Corona mit den Büros in Gütersloh

Gütersloh. 11.000 Menschen sind derzeit bei Bertelsmann am Standort Gütersloh angestellt. Seit der Coronakrise arbeiten viele von ihnen von Zuhause aus. Aber auch künftig will das Unternehmen zunehmend auf hybride Arbeitsmodelle - also Arbeit teils zuhause, teils im Büro - setzen. Das kündigte Bertelsmann bereits im Herbst des vergangenen Jahres an. Thomas Rabe, Vorstandsvorsitzender, sprach im Zuge der Bilanz-PK des Konzerns schon von Umstrukturierungen der vorhandenen Büroräume. "Wir werden die Büros anders gestalten", kündigte auch Finanzvorstand Rolf Hellermann an. Sie sollen geeignet für Meetings sein, ebenso für Treffen mit Kollegen. Das Ganze führe nicht notwendig zu einem Rückbau von Büroflächen. Details kann der Konzern noch nicht nennen. Das gab Pressesprecher Jan Hölkemann auf Anfrage zu Protokoll. "Der Prozess läuft noch und wird im Sommer abgeschlossen sein. Noch ist nichts spruchreif", sagt er. Auch Hölkemann betont, Büroflächen müssen nicht zwingend abgegeben oder rückgebaut werden. Die Arbeitskultur befindet sich im Wandel Wie Bertelsmann stehen auch viele andere Unternehmen im Kreis Gütersloh, angestoßen durch die Coronapandemie, vor dem Problem einer sich ändernden Arbeitskultur. Das bestätigt auch Christoph von der Heiden, Geschäftsführer Industrie, Öffentlichkeitsarbeit und Volkswirtschaft bei der IHK Ostwestfalen, und verweist auf eine Umfrage unter 170 IHK-Betrieben. Er hält fest: "Die Hälfte aller Unternehmen will zukünftig auf hybride Arbeitsmodelle setzen." Lesen Sie auch: Rückenschmerzen im Home-Office? Diese Fehler sollten Sie unbedingt vermeiden Von der Heiden geht davon aus, dass sich die Zahl in Zukunft noch weiter erhöhen wird. "Vor allem dann, wenn Hindernisse wegfallen." Diese seien zum einen die Pandemie an sich sowie die daraus resultierende fehlende Ruhe am heimischen Arbeitsplatz durch beispielsweise spielende Kinder. Zum anderen nennt er den vielerorts fehlenden Breitbandanschluss. "Fallen diese zwei Hindernisse weg, ist das Homeoffice eine tolle Lösung für die Zukunft. Die Übung ist schließlich schon vorhanden." Erste Folgen des Trends hin zum Homeoffice seien bereits in der Wirtschaft zu beobachten. "Wir stellen insbesondere fest, dass Unternehmen für neu eingestellte Mitarbeiter nicht zwingend neue Büroflächen anmieten oder bauen", so von der Heiden. Eher weniger Büroflächen werden aktuell abgegeben. "Wenn würde ich das dann auch eher auf die durch Corona fehlende Liquidität zurückführen als auf den Trend zum Homeoffice." "Der aktuelle Leerstand ist ein riesiges Problem" Johannes Kaup ist Immobilienmakler in Gütersloh. Er sagt: "Schon vor Corona wurde die Nachfrage nach Büroflächen geringer. Der aktuelle Leerstand ist ein riesiges Problem." Der Mitinhaber der Kaup Immobilien GbR geht davon aus, dass die klassische Arbeitszeit von 9 Uhr morgens bis 17 Uhr am Nachmittag der Vergangenheit angehört, das Homeoffice ein Zukunftsmodell ist. "Ich glaube nicht, dass Mitarbeiter gar nicht mehr ins Büro kommen werden. Auf zwei bis drei Tage Homeoffice wird es aber in der Arbeitswoche hinauslaufen. Das ändert nichts an der Effizienz." So stellt der Makler schon jetzt ein Umdenken am Markt für Büroflächen fest. Einer seiner letzten Kunden habe ein Bürogebäude über zwei Etagen angemietet. "Es ist 1.000 Quadratmeter groß und soll zur Hälfte aufgeteilt werden in Büro- und Sozialräume", erzählt Kaup und fügt hinzu: "Die Attraktivität des Arbeitsplatzes für Mitarbeiter ist aktuell ein großes Thema." Die Identifikation mit dem Arbeitgeber soll ebenso gegeben sein wie Spaß und der soziale Aspekt. Im Zuge der Coronakrise habe sich die Situation am Markt für Büroflächen weiter zugespitzt. "Überregionale Firmen sparen ein und verlassen Büroflächen an einzelnen Standorten. Auf diese Weise kommen viele Flächen ins Angebot." Allein im Kreis Gütersloh existiert ein Leerstand von etwa 35.000 Quadratmetern, im Stadtbereich Gütersloh sind es 15.000. "Teilweise stehen die Flächen noch nicht leer, werden aber zeitnah freigestellt", sagt Kaup. Tendenz steigend. Mehr Infografiken finden Sie bei Statista Werden Büroflächen schon bald in Wohnraum umgewandelt? Der Bau neuer Bürogebäude führe nicht zwangsweise zu weniger Leerstand. "In der Regel siedeln sich keine auswärtigen Unternehmen an, stattdessen ziehen Firmen aus der Stadt um und wechseln den Standort", erklärt der Immobilienmakler. Die Folge: Vom Baujahr her ältere Büroflächen werden frei und nicht wieder neu besetzt. Der Leerstand bleibt gleich groß. "In meinen Augen ist das Leerstandsproblem nur zu lösen, wenn freie Flächen in Wohnraum umgewandelt werden. Und das möglichst unkompliziert und kostengünstig", sagt Johannes Kaup und verweist auf mangelnden Wohnraum rund um Gütersloh. Er ergänzt: "Gerade in Mischgebieten muss es möglich sein den Bebauungsplan unkompliziert zu ändern."

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