Schlucken bald auch Männer die Anti-Baby-Pille?

Gütersloh. Verhütung ist Frauensache - zumindest, wenn es um die Antibaby-Pille geht. Seit 60 Jahren ist das hormonelle Verhütungsmittel auf dem Markt; seitdem wird die kleine runde Tablette täglich von Milliarden Frauen geschluckt. Und genau das ist laut Jana Pfenning und Rita Maglio der Haken. Die Pille gibt es bislang nur für Frauen - damit soll jetzt Schluss sein. Die beiden jungen Frauen aus Berlin haben die Kampagne Better Birth Control gegründet und fordern: Mehr Solidarität und mehr Verhütungsmethoden für Männer auf dem Markt. 91.000 Menschen haben ihre dazugehörige Online-Petition bereits unterschrieben - darunter auch etliche bekannte Persönlichkeiten wie Kevin Kühnert oder Katharina Barley. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram anEin Beitrag geteilt von Better Birth Control (@betterbirthcontrol) Verhütung geht alle an "Männer haben heutzutage neben dem Kondom keine massentaugliche Option zu verhüten", erläutern die beiden Initiatorinnen der Kampagne. Auch deshalb liege die Verantwortung häufig alleine bei den Frauen und das müsse sich dringend ändern. Tatsächlich wird schon seit etlichen Jahren nach einer Pille für den Mann geforscht. 2008 testeten Forscher für eine Studie der Weltgesundheitsorganisation sogar intensiv ein Hormonpräparat, das nach einem ähnlichen Prinzip wirkt wie die Pille für die Frau. "In den ersten fünfzehn Jahren meiner Beratungsarbeit hieß es immer wieder, die Pille für den Mann kommt bald", erinnert sich Almuth Duensing, Sexualpädagogin und Leiterin der Gütersloher Beratungsstelle von Pro Familia, "das war damals echt ein Thema, das viel diskutiert und bei uns auch nachgefragt wurde." 2011 wurde die Studie abgebrochen. Der Grund: Zu viele Nebenwirkungen. "Nebenwirkungen, die Frauen aber bis heute zugemutet werden", sagt Almuth Duensing, "Frauen müssen das aushalten - so zumindest der gesellschaftliche Tenor." Zu viele Nebenwirkungen Duensing kennt die Probleme, mit denen viele Frauen zu kämpfen haben. Das Thema Nebenwirkungen sei in den vergangenen Jahren immer mehr in den Fokus gerückt - auch in ihren Beratungsgesprächen. "Ich treffe viele Frauen in den verschiedensten Altersklassen die wegen der Pille über Stimmungsschwankungen, Unlust auf Sex oder auch Gewichtszunahme klagen." Viele würden sich mittlerweile genau aus den Gründen gegen diese hormonelle Verhütungsmethode entscheiden und sich nach Alternativen umschauen - auch für den Mann. Mehr Infografiken finden Sie bei Statista Duensing: "Ich erlebe vor allem auch viele junge Männer, die sich einfach mitverantwortlich fühlen und die ganze Verantwortung bei der Verhütung nicht allein auf ihre Partnerin abwälzen wollen." Und dabei gehe es nicht nur um die Verhütungsmethode an sich - sondern auch um die Finanzierung. Und wer zahlt? Die meisten Frauen müssen die Anti-Baby-Pille selbst bezahlen. Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KVB) übernehmen Krankenkassen die Kosten in der Regel nur bis zum 22. Lebensjahr. Allerdings auch erst seit zwei Jahren. Vor der gesetzlichen Neuregelung war schon nach dem 21. Geburtstag Schluss mit der Kostenübernahme. "Verhütung kostet Geld, in vielen Beziehungen ist die gerechte Kostenaufteilung aber leider noch ein Tabuthema", kritisieren die beiden Initiatorinnen von Better Birth Control mit in ihrer Kampagne. Ein Aspekt, den Kreis-Gleichstellungsbeauftragte, Angelika Wüllner, ebenfalls beobachtet. In ihrem Arbeitsalltag habe sie immer wieder an verschiedenen Stellen mit Themen zu tun, die die Selbstbestimmung von Frauen und Mädchen betreffen. "Frauen sind in vielen Entscheidungsgremien unterrepräsentiert" "Das ist nicht nur bei häuslicher oder sexualisierter Gewalt der Fall, sondern kann auch an anderen Stellen Thema sein. Frauen verdienen in Deutschland im Schnitt fast ein Viertel weniger als Männer." Dieser Aspekt sollte laut Wüllner bedacht werden, wenn es um die Finanzierbarkeit von effektiven, nebenwirkungsarmen aber teureren Verhütungsmitteln für Frauen oder eben auch Männer geht. Mehr Infografiken finden Sie bei Statista "Frauen sind in vielen Entscheidungsgremien - sei es in der Politik oder in Vorständen von Pharmakonzernen - unterrepräsentiert. Dort werden aber auch solche Entscheidungen getroffen, die gegebenenfalls in erster Linie Frauen betreffen." Da gelte es jetzt, Sensibilität und ein Umfeld zu schaffen, das Frauen ermögliche, sich stärker in politische oder wirtschaftliche Gremien einbringen zu können.

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