Angedachtes Böllerverbot facht hitzige Diskussion in Gütersloh erneut an

Gütersloh. Böllern oder nicht böllern? Diese Frage diskutierten die Menschen in Gütersloh bereits lebhaft lange vor Corona. Argumente dagegen: Feinstaubbelastung, verängstigte Haustiere und verletzte Menschen durch unkontrollierte Feuerwerkskörper. Jetzt drohte zum weiteren Kampf gegen die aktuell hohe Ausbreitung des Coronavirus sogar ein Verbot. Doch genauso wenig wie die Bürgerinnen und Bürger schaffen es die Politikerinnen und Politiker, hier zu einer Einigung zu kommen. Wie am Dienstag vor dem offiziellen Corona-Gipfel von Bund und Ländern durchsickerte und am späten Mittwochabend dann offiziell verkündet wurde, bleibt es bei einem Kompromiss. Ein Verkaufsverbot, wie von SPD-geführten Ländern angedacht, ist demnach vom Tisch. Auf belebten Plätzen und Straßen soll die Verwendung von Pyrotechnik jedoch untersagt werden, um größere Gruppenansammlungen zu vermeiden. Hinzu kommt der Appell, auf Feuerwerk zu verzichten. "Letztes Jahr hatte ich das Glück an der Nordsee Silvester zu verbringen" Allein der Gedanke an ein Verbot spaltet auch unter Corona-Bedingungen weiter die Geister im Kreis Gütersloh. Während bei einer nicht repräsentativen Umfrage auf der Facebook-Seite der NW Gütersloh die einen Kommentatoren wie üblich direkt zu Spenden aufrufen, statt das Geld in die Luft zu jagen, wollen andere sich den Böller-Spaß weiter nicht nehmen lassen. Die Gegner beklagen: &bdquo;Jedes Jahr dasselbe. Brände, unnötig verletzte Personen und Rettungsdienst und Polizei sind im Dauereinsatz. Ich bin das eine oder andere Mal nach einer Schicht im Krankenhaus nach Hause gefahren. Die Luft ist zum Schneiden und die Straßen sehen teils aus wie umgekippte Mülleimer. Letztes Jahr hatte ich das Glück an der Nordsee Silvester zu verbringen. Es gab ein wunderschönes Feuerwerk im Ort und es wurde nicht Tage vorher und nachher geknallt. Ein Traum", kommentiert eine Nutzerin in dem sozialen Netzwerk. &bdquo;Schon seit Jahren finde ich es traurig, dass die privaten Feuerwerke überhaupt zulässig sind. Darauf kann ich gut verzichten und würde mich über einige wenige Raketen freuen, die am zentralen Stellen von Profis gezündet werden. Pro Stadtteil ein Feuerwerk, dass jeder sehen kann, wenn er vor die Haustür geht. Reicht doch völlig!", pflichtet eine andere bei. "Hab nen eigenen Garten und da mache ich was ich will" Verfechter der bunten Knallerei hingegen sehen einen weiteren Wirtschaftszweig am Abgrund: &bdquo;Will man diese Branche jetzt auch noch in den Ruin treiben? Meines Wissens nach wurden die Böller und Raketen doch schon alle produziert, und liegen auf Abruf für den Handel bereit", empört sich ein Nutzer. Andere pochen auf die Tradition: &bdquo;Böller und Raketen haben schon immer zu Silvester dazu gehört. Das ist als würde man Weihnachten ohne Weihnachtsbaum feiern. Niemand muss böllern, aber die die wollen, denen sollte es nicht verboten werden." Oder auf ihre persönlichen Rechte: &bdquo;Hab nen eigenen Garten und da mache ich was ich will." Handverletzungen und Amputationen fester Bestandteil des OP-Programms Für die ohnehin schon durch die Corona-Krise belasteten Krankenhäuser kommen damit wie in den Jahren zuvor an Silvester Verletzte durch Böller hinzu. Regelmäßig herrsche in der Silvesternacht in der Notaufnahme des Gütersloher Klinikums ein reger Ansturm von Patienten mit leichteren, aber auch schwersten Verletzungen, teilt das Klinikum auf NW-Nachfrage mit. Häufig bestehe ein Zusammenhang mit vermehrtem Alkoholkonsum. Gerade die Versorgung schwerster Handverletzungen und Amputationen nach Böllerverletzungen sei in der Silvesternacht ein fester Bestandteil des Operationsprogramms. Das Klinikum Gütersloh ist den Angaben nach mit seinem 24-Stunden-Replantationsdienst hier der überregionale Versorger für die Region OWL. Im Vergleich zu &bdquo;normalen Tagen" würden zum Jahreswechsel durchschnittlich bis zu 15 Prozent mehr verletzte Patienten in der Notaufnahme des Klinikums versorgt. Feuerwehr- und Polizeieinsätze vor allem nach Mitternacht Die Brandeinsätze der Feuerwehr im Kreis Gütersloh hielten sich an Silvester in den vergangenen Jahren hingegen im überschaubaren niedrigen zweistelligen Bereich. Zuletzt lag die Zahl mit 24 aber deutlich höher als in den zwei Jahren zuvor mit jeweils 16 und 17. Die Zahl der Krankentransporte hatte sich mit vier im Vergleich zu den Vorjahren mehr als halbiert. Da waren es noch elf bzw. zehn. Notfallrettungen waren ebenfalls mit 47 Einsätzen leicht zurückgegangen, knapp die Hälfte erfolgte nach Mitternacht, darunter waren auch Alkoholvergiftungen Grund für den Einsatz. Bei den Unfällen, zu denen auch Verletzungen durch Böller zählen, gab es 28, 23 davon nach 0 Uhr. Ruhiger war es hier mit 19 Einsäten im Jahr zuvor. Generell werde die Leitstelle mit einer Einsatzkraft verstärkt. &bdquo;Wie die Verstärkung in diesem Jahr ausschaut mit Blick auf die Pandemie-Entwicklung werden wir situationsabhängig im Vorfeld mit den Lagedienstführern erörtern", heißt es aus der Leitstelle. Polizei mit verstärkten Kräften im Einsatz Die Polizei des Kreises Gütersloh wird mit verstärkten Kräften in der Silvesternacht im Einsatz sein und ein besonderes Augenmerk auf das Geschehen haben, erklärt ein Sprecher auf Anfrage. Nichtsdestotrotz gehe die Polizei davon aus, dass die Bürger sich überwiegend an die Vorgaben halten. Regulär vor dem Ausbruch des Coronavirus sei Silvester im Vergleich zu anderen Großstädten in der Region eher beschaulich verlaufen und die Zahl der Einsätze in manch Sommernacht höher. Das Besondere an Silvester sei wie auch bei der Feuerwehr die Intensität der Einsätze beispielsweise wegen Streitigkeiten oder Ruhestörungen. Handel verzichtet vereinzelt freiwillig auf den Verkauf Verbotsversuche oder Beschränkungen auf zentrale Plätze im Kreis Gütersloh waren vor dem Ausbruch des Coronavirus in den politischen Sälen der Kommunen regelmäßig gescheitert. Im Einzelhandel ist die Lage weiterhin gemischt. Bei Edeka würden einzelne Händler ohnehin schon auf den Verkauf verzichten, heißt es auf eine NW-Anfrage. Die Baumarktkette Hornbach mit Filiale in Gütersloh hatte im vergangenen Jahr angekündigt, keine Pyrotechnik mehr zu verkaufen und bleibt auf Nachfrage dabei. Der Markt Real hielt sich im Vorfeld zu einem möglichen Verbot bedeckt, man richte sich nach der Gesetzeslage und im Jahr zuvor hieß es bereits nach den Kundenwünschen und die lauteten: Feuerwerk.

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