Online-Petition fordert Tönnies-Rücktritt - Unterschriften im Sekundentakt

Kreis Gütersloh. Die Unterschriften laufen teils fast im Sekundentakt ein. Mit einer Online-Petition auf change.org fordern Aktivisten seit Montag den Rücktritt von Konzernchef Clemens Tönnies, dessen Fleischfabrik mit dem massenhaften Ausbruch des Coronavirus eine ganze Region in den Ausnahmezustand versetzt hat. Und sich damit die Wut der heimischen Bevölkerung zugezogen hat. "Wir sind entsetzt", empören sich die Initiatoren der Petition. Sie werfen dem "Fleischbaron" verantwortungslose Unternehmensführung vor. "Über eintausend Menschen wurden in den letzten Tagen in der Fleischfabrik von Clemens Tönnies mit Corona infiziert – es ist der größte Ausbruch des Virus in ganz Europa!", führen sie dazu an. Die Folgen müssten die Belegschaft aber auch Schüler tragen, weil Schulen und Kitas deshalb jetzt dicht sind. Existenzen von Familien stünden auf dem Spiel Die Existenz von Familien stünde durch die wiederholte Verschlechterung der Lebenssituation auf dem Spiel, prangert Nina Steinkühler aus Versmold, selbst Mutter und Mitinitiatorin, an: "Viele Elternteile riskieren durch die erneute Betreuung ihrer Kinder jetzt ihren Job, weil sie ihre Urlaubstage schon aufgebraucht haben, oder werden sogar ihre Anstellung verlieren. Während sich Herr Tönnies auf seinem Privatvermögen von zwei Milliarden Euro ausruht, stehen viele Familien im Landkreis Gütersloh vor dem finanziellen Aus!" Die Schülerinnen und Schüler selbst seien ebenfalls "besonders wütend" über das "rücksichtslose Vorgehen von Tönnies". "Clemens Tönnies sagt, es ginge ihm um das Wohl der Menschen, während er uns Schüler*innen das Recht auf Bildung und Sozialkontakte verwehrt!", beklagen sie. Der 14-jährige Viron Lykopoulos, Schülersprecher des Städtischen Gymnasiums in Gütersloh, sieht sich in seinen Bildungschancen deutlich beeinträchtigt: "Die Schulschließungen zwingen mich, nach den ersten wenigen Unterrichtsstunden nun wieder komplett zu Hause zu bleiben, wodurch ich weiteren Stoff verpasse." Endlich Umdenken beim Konsum tierischer Produkte gefordert Die Urheber der Aktion, vorwiegend aus dem Kreis Gütersloh und Mitstreiter der "Fridays for Future"-Ortsgruppen, finden in ihrem Ansinnen weitere drastische Worte: "Das Versagen von der Tönnies Holding wird vermutlich eine 'erhebliche Zahl von Toten' zur Folge haben. Clemens Tönnies hat wieder einmal bewiesen, dass er für seinen Profit über Leichen geht." Sie fordern den Rücktritt des Konzern-Chefs auch wegen der schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen für Werkvertragsarbeiter sowie der industriellen Massentierhaltung, die nicht nur dem Tierschutz entgegenstünde, sondern erhebliche Folgen für die Umwelt habe. Der 20-jährige Gütersloher "Fridays for Future"-Aktivist, Stefan Schneidt, geht noch einen Schritt weiter: "Für mich ist es wichtig, dass wir das Thema ganzheitlich betrachten. Es kann nicht sein, dass Profite stärker als Tier- und Umweltschutz sowie vernünftige Arbeits- und Lebensbedingungen priorisiert werden! Wer sowas jahrelang akzeptiert, toleriert und fördert, der nimmt so eine Katastrophe bewusst in Kauf. Ein 'Weiter-So' beim Konsum von tierischen Produkten können wir uns auch ökologisch nicht mehr leisten. Der Umstieg auf pflanzliche Produkte muss zeitnah stattfinden." "Der Kreis Gütersloh wird massiv ausgegrenzt" Montag gestartet, stand die Petition am Freitagnachmittag bereits kurz vor dem nächsten Ziel von 35.000 Unterschriften. Am Donnerstag freute sich Nina Steinkühler auf change.org, dass die magische Grenze von 33.333 Befürwortern geknackt sei. Und ruft zu weiterer Beteiligung auf, um die nächste Hürde mit 50.000 Unterschriften zu nehmen. Denn nach dem Lockdown am Dienstag sei die Lage noch einmal verschärft worden. "Der Kreis Gütersloh wird massiv ausgegrenzt. Viele Menschen müssen aus ihrem Urlaub zurückkommen oder dürfen ihn gar nicht erst antreten. Die Corona-Testzentren sind stark überfüllt, da man ohne ein negatives Testergebnis Gefahr läuft, dass man zurückgeschickt wird. Dass diese Tests angeblich Clemens Tönnies bezahlen wird, ist für uns eine reine Schadensbegrenzung." Die Betreiber der nach eigenen Angaben weltgrößten Kampagnen-Plattform change.org sehen die Petition auf einem guten Weg. Hilfreich sei dabei, dass "Fridays for Future Deutschland" die Aktion geteilt habe, darunter auch prominente Vertreter wie Luisa Neubauer, erklärt Ansgar Lahmann von change.org. "Eine Online-Petition hat zwar keine Verbindlichkeit wie ein Bundestags-Quorum, doch damit kann der öffentliche Druck enorm erhöht werden", wertet Lahmann den Nutzen von Online-Petitionen.

Meistgelesen