Gütersloher Experten erklären höhere Anforderungen für Seepferdchen und Co.

Gütersloh. Für fast jedes Kind ist die Seepferdchen-Abnahme im heimischen Schwimmbad eine der ersten Leistungsprüfungen in einem noch jungen Leben. Sie ist etwas besonderes, denn noch Jahre nach der Abnahme können sich viele der mittlerweile erwachsenen Prüflinge an die spannungsgeladene Situation im Schwimmbecken erinnern. Erinnerungen kommen spätestens dann hoch, wenn der eigene Sprössling kurz davor steht, seinen Frühschwimmer (Seepferdchen) zu machen. Prüfungsordnung von 1977 wird angepasst Was viele nicht wissen: Die seit 1977 geltende Prüfungsordnung für alle deutschen Schwimmabzeichen hat sich seit dem 1. Januar geändert. Der Bundesverband zur Förderung der Schwimmausbildung (BFS) hat in Zusammenarbeit mit der Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) in einem seit 2013 initiierten Prozess einige Abwandlungen beschlossen. "Nach über 40 Jahren war es [...] an der Zeit das System kritisch zu hinterfragen und an aktuelle Entwicklungen anzupassen", schreibt Helmut Stöhr, Vorsitzender des BFS, im Vorwort der neuen Prüfungsordnung. Primäres Ziel aller deutschen Schwimmabzeichen ist es, so Ursula Krieft-Meier und Marcel Kahler vom Schwimmbad "Die Welle" in Gütersloh, Kindern und Jugendlichen das sichere Schwimmen beizubringen. Die vom Deutschen Schwimmverband (DSV) herausgegebene neue Prüfungsordnung für jene Abzeichen sei im Vergleich zur alten "viel genauer definiert", sagt Kahler. Während bislang bei der Seepferdchen-Prüfung ein Sprung vom Beckenrand mit einer anschließend zurückgelegten Schwimmdistanz von 25 Metern sowie das Heraufholen eines Gegenstandes mit den Händen aus schultertiefem Wasser genügte, müssen die Kinder seit Jahresbeginn beim Schwimmen in Bauchlage erkennbar ins Wasser atmen sowie nach der Praxisprüfung auch noch einen theoretischen Test in Form von aufgesagten Baderegeln absolvieren. Kahler erklärt: "Das Ausatmen ins Wasser ist erforderlich, damit der Kopf während des Schwimmens nicht im Nacken hängt. Das ist letztlich nicht gut für die Ergonomie." Ähnliche Anpassungen (siehe Übersicht) gebe es auch in der Prüfungsordnung für Bronze-, Silber- und Gold-Abzeichen. "Ich würde nicht sagen, dass die einzelnen Abnahmen schwieriger geworden sind", sagt der stellvertretende Leiter Welle-Aufsicht und ergänzt: "Es ist schlichtweg auf mehr Details zu achten. Die Unterschiede zwischen den neuen und alten Anforderungen sind zum Teil marginal." Leistungen für das Seepferdchen Sprung vom Beckenrand mit anschließendem 25-Meter-Schwimmen in einer Schwimmart (Bauch- oder Rücklage). In Grobform soll während des Schwimmens in Bauchlage erkennbar ins Wasser ausgeatmet werden. Heraufholen eines Gegenstandes mit den Händen aus schultertiefem Wasser (Schultertiefe bezogen auf den Prüfling). Kenntnis von Baderegeln (z. B. vor dem Baden duschen gehen, ohne Aufsicht der Eltern keine langen Strecken schwimmen etc.) Leistungen für das Bronze-Abzeichen Sprung kopfwärts (in der alten Ordnung genügte ein einfacher Sprung) vom Beckenrand und 15 Minuten Schwimmen. In dieser Zeit mindestens 200 Meter zurücklegen, davon 150 Meter in Bauch- oder Rückenlage in einer erkennbaren Schwimmart sowie 50 Meter in der anderen Körperlage. Der Wechsel der Körperlage erfolgt während des Schwimmens auf der Schwimmbahn ohne Festhalten (vorher durfte sich am Rand festgehalten werden). Einmal etwa 2 Meter tief tauchen und einen kleinen Gegenstand (z. B. ein Tauchring) an die Wasseroberfläche hinaufholen. Ein Paketsprung vom Startblock oder Einmeterbrett. Kenntnis von Baderegeln. Leistungen für das Silber-Abzeichen Sprung kopfwärts vom Beckenrand und 20 Minuten schwimmen (vorher 25 Minuten). In dieser Zeit sind mindestens 400 Meter zurückzulegen, davon 300 Meter in Bauch- oder Rückenlage (in einer erkennbaren Schwimmart) und 100 Meter in der anderen Körperlage (Wechsel der Körperlage während des Schwimmens). Zweimal etwa 2 Meter tief tauchen und einen Gegenstand heraufholen. Zehn Meter Streckentauchen mit Abstoßen vom Beckenrand im Wasser. Ein Sprung aus 3 Metern Höhe oder zwei verschiedene Sprünge aus 1 Meter Höhe. Kenntnis von Baderegeln und Verhalten zur Selbstrettung (z.B. Verhalten bei Erschöpfung, Lösen von Krämpfen). Leistungen für das Gold-Abzeichen Sprung kopfwärts vom Beckenrand und 30 Minuten schwimmen. In dieser Zeit mindestens 800 Meter zurücklegen, davon 650 Meter in Bauch- oder Rückenlage (erkennbare Schwimmart) und 150 Meter in der anderen Körperlage (Wechsel während des Schwimmens). Startsprung und 25 Meter Kraulschwimmen. Startsprung und 50 Meter Brustschwimmen in höchstens 1:15 Minuten (vorher 1:10 Minuten). 50 Meter Rückenschwimmen mit Grätschschwung ohne Armtätigkeit oder Rückkraulschwimmen. 10 Meter Streckentauchen aus der Schwimmlage (ohne Abstoßen vom Beckenrand). Tieftauchen von der Wasseroberfläche mit Heraufholen von drei kleinen Gegenständen aus einer Wassertiefe von etwa zwei Metern innerhalb von 3 Minuten mit höchstens drei Tauchversuchen. Ein Sprung aus 3 Metern Höhe oder zwei verschiedene Sprünge aus 1 Meter Höhe. 50 Meter Transportschwimmen: Schieben oder Ziehen. Kenntnis der Baderegeln sowie Hilfe bei Bade-, Boots- und Eisunfällen (Selbstrettung und einfache Fremdrettung). Angst vor dicken Kindertränen haben Ursula Krieft-Meier, Leitung Welle-Aufsicht, und Marcel Kahler wegen der verschärften Prüfungsordnung nicht. "Für Kinder und Eltern sind das Seepferdchen und auch das Bronze-Abzeichen ein großer Erfolg und absolut wichtig. Kinder tragen gerade ihr erstes Abzeichen voller Stolz", erklärt Krieft-Meier die Bedeutung der Schwimmabzeichen. Gerade deswegen sieht sie in der Auslegung der neuen Regeln ein wenig Handlungsspielraum und macht künftigen Prüflingen Hoffnung: "Beim erkennbaren Ausatmen ins Wasser ist laut Prüfungsordnung im Wortlaut die Grobform gefragt. Letztlich ist es also Auslegungssache." Und am Ende sei der Weg zur Abnahme, also der Prozess des Schwimmenlernens, ohnehin wichtiger als der Leistungstest an sich. Das Zeugnis für Frühschwimmer sowie das Seepferdchen-Abzeichen kosten drei Euro. Auch die Herausgabe eines Jugend-Schwimmpasses, in dem die Schwimmabzeichen Bronze, Silber und Gold vermerkt werden können, werden mit drei Euro dotiert. Die Kosten für zusätzliche Aufnäher betragen jeweils 1,50 Euro.

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