Autos für Krankenfahrten in Gütersloh werden plötzlich knapp

Gütersloh. An diesem 2. Januar hat Peter Weltring vergeblich auf den gelb-blauen Wagen gewartet. Wie immer wollte sich der gehbehinderte Gütersloher zur Onkologie ins Klinikum bringen lassen, doch der Fahrer der pfd Krankenfahrten GmbH, er kam diesmal nicht. Der 83-Jährige musste sich anders behelfen, und wie ihm geht es anderen Güterslohern inzwischen auch. Die plötzliche Insolvenz der pfd kurz vor Weihnachten hat Patienten und Krankenhäuser vor ein Problem gestellt. Allein für die drei Gütersloher Krankenhäuser hatte die pfd rund 90 Fahrten pro Tag übernommen, davon ein Drittel Liegendtransporte. Aktuell weichen die Kliniken hauptsächlich auf Dienste des DRK und der Malteser aus, doch ob diese Lösung auf Dauer trägt, ist ungewiss. "Wir benötigen im Kreis Gütersloh neue Marktanbieter, die die Fahrten anbieten können", schreiben Sankt Elisabeth Hospital und Klinikum in einer gemeinsamen Stellungnahme. Und zwar möglichst bald. Für Privatfirmen ist das Geschäft schwierig Freilich äußern die beiden Krankenhäuser Zweifel, dass sich jemand findet. Der Grund: Mangelnde Wirtschaftlichkeit. "Aufgrund der von den Krankenkassen gezahlten Preise betrachten wir mit großer Sorge, ob ein Anbieter das Geschäft aufnehmen wird." Angesichts der Größe von pfd - das Unternehmen hatte eine Reihe von Fahrzeugen, 15 Festangestellte und fünf Aushilfen - stellen sich die Krankenhäuser die Frage, "ob solche Dienstleistungen derzeit überhaupt wirtschaftlich erbracht werden können." Direkt nach Bekanntwerden der Insolvenz hatte es ein Krisengespräch gegeben. Beteiligt waren Vertreter der Krankenhäuser, der Träger des Rettungsdienstes, verschiedene Taxiunternehmer sowie die am Rettungsdienst beteiligten Organisationen Feuerwehr, Malteser und Rotes Kreuz. In Abstimmung mit dem Kreis, Konzessionsgeber für Transportfahrten, organisierte die Runde eine Variante, die sie selbst als "Übergangslösung" bezeichnet. Malteser und DRK stellen jeweils einen zusätzlichen Krankentransportwagen bereit und fangen dadurch einen Teil der weggefallenen Fahrten, vor allem die Liegendtransporte, auf. Diese zusätzlichen Wagen betreiben sie ehrenamtlich; abgerufen werden sie über die Kreisleitstelle. Die Transporte von Patienten, die sitzen können, decken großteils die Taxibetriebe ab. Die Lage dürfte sich in den nächsten Tagen verschärfen Gedacht war diese Übergangslösung zunächst für die Feiertage bis 6. Januar, doch mangels Alternativen läuft sie nun erstmal weiter, hieß es. Das Problem: Nach den ruhigeren Tagen wird die Zahl der Fahrten bald wieder Normalniveau erreichen. "Es wird sich deshalb zeigen, ob die Übergangslösung den eigentlichen Bedarf abdeckt", so Andreas Tyzak, kaufmännischer Direktor am Klinikum, und Heinz Wesseler, kaufmännischer Leiter am Eli-Hop. Den Krankenhäusern drohen Strafzahlungen Falls nicht, stehen die Krankenhäuser vor einer Herausforderung: Gelangen die Patienten nicht nach Hause oder in die Weiterversorgung, kann man sie nicht entlassen. Die Folge: Die Krankenhäuser behalten die Patienten länger, als ihnen lieb ist, denn über das pauschalierte Abrechnungsverfahren DRG gestehen die Krankenkassen den Kliniken nur eine bestimmte Liegedauer zu. Obendrein drohen den Kliniken bei Rechnungskorrekturen neuerdings Strafzahlungen, wenn der Medizinische Dienst im Nachgang die Fälle prüft. Dass aufgrund der pfd-Insolvenz die "durchgehende Versorgungskette" unterbrochen sei, "ist also nicht nur für die Patienten ärgerlich und belastend, sondern auch für die Krankenhäuser mit Aufwand und Folgekosten verbunden", so Tyzak und Wesseler. "Wir haben daher ein gemeinsames Interesse daran, dass Anbieter gefunden werden, die die Fahrten wieder übernehmen." Druck machten auch die Krankenkassen: Von ihnen komme die Vorgabe, dass Patienten, sofern es deren Gesundheitszustand erlaubt, nur sogenannte "unqualifizierte Krankentransporte" nutzen sollen - das sind Dienstleister, die Liegend- oder Sitzendfahrten anbieten, jedoch keine medizinisch-fachliche Betreuung an Bord haben. Außer der pfd habe es da, abgesehen von Taxis, niemanden im Kreis Gütersloh gegeben. Notfalls springt sogar die Feuerwehr ein Ohnehin nehmen die beiden Krankenhaus-Kaufleute Tyzak und Wessels vor allem die Krankenkassen in die Pflicht. Man erwarte, "dass zeitnahe Lösungen gefunden werden". Dass dies nicht so einfach ist, sagt indes die AOK. "Die Kapazitäten der Fahrtenanbieter sind weitgehend ausgereizt", sagt Jens Kuschel, Sprecher der AOK Nordwest. Inzwischen sei sogar mit der Gütersloher Feuerwehr eine Vereinbarung getroffen worden, für Liegendfahrten notfalls mit ihren Krankenwagen einzuspringen. Dass die Krankenkasse den Fahrtenanbietern zu wenig zahle, weise die AOK zurück. "Wir führen partnerschaftliche und im Ergebnis stets einvernehmliche Preisverhandlungen mit unseren Vertragspartnern." Auch die Versicherten könne er beruhigen, so Kuschel. Kein Patient müsse die Fahrtkosten aus eigener Tasche bezahlen, ganz gleich, mit wem er fahre. Betroffen von potenziellen Engpässen sind vor allem Dialysepatienten, die alle paar Tage zur Blutwäsche müssen. Peter Weltring, der seine Infusionen nur monatlich braucht, denkt vor allem an sie.

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