Gütersloh Kommentar zu Miele: Der Fall "Amsterdam" geht alle Gütersloher an

Gütersloh. Manchmal sind es die kleinen Dinge, die sauer aufstoßen. In diesem Fall ein Titel. &bdquo;Design2Excellence" haben die Unternehmensberater von McKinsey ihr Gutachten genannt, das sie im Auftrag der Miele-Geschäftsführung in den vergangenen Monaten erstellt haben. Vermeintlich innovative Wortspielchen waren mir persönlich schon immer ein Graus – verbunden mit einem massenhaften Stellenabbau erhalten diese Titel obendrein eine zynische Note. Unternehmensberater werden nicht für ihr Fingerspitzengefühl bezahlt, aber es gehören bekanntlich immer zwei dazu. Miele hat sich also entschieden, die Entlassung von mehr als 1.000 Arbeitnehmern als Innovationsprojekt zu titulieren, um die &bdquo;größte Wachstums- und Innovationsoffensive des Unternehmens" auszurufen. Wenn das mal gut geht. Spätestens an dieser Stelle sollte ganz Gütersloh die Ohren spitzen Neue Leute müssen jetzt her. Die neue Digitaleinheit &bdquo;Digital Hub Marketing & Sales" wird in Amsterdam angesiedelt, weil es dort leichter ist, Fachkräfte zu gewinnen. Miele sagt: &bdquo;Die Spezialisten, die wir hier zusätzlich brauchen, zieht es in aller Regel in die angesagten Metropolen." Spätestens an dieser Stelle sollte ganz Gütersloh die Ohren spitzen. Es ist eine offen dargestellte Kapitulation: Es wird gar nicht mehr versucht, Fachkräfte zu uns zu locken. Es ist seit Jahren ein fast aussichtsloses, mindestens aber extrem anstrengendes Unterfangen, Gütersloh schmackhaft zu machen und Menschen mit den notwendigen Ausbildungsprofilen an die 33330 zu binden. Bertelsmann hat ein Profiteam aufgestellt, um Führungskräfte an den Konzernsitz zu holen. Die Gütersloher Krankenhauschefs reisen quer durch die Bundesrepublik, um Medizinstudenten direkt an den Universitäten den Namen GÜTERSLOH beizubringen. Kita-Platz oder Eigenheimwunsch? Auch machbar. Und sie kommen trotzdem nicht. Zugegeben: Amsterdam ist cooler. Nichts bleibt wie es ist Was macht Gütersloh eigentlich aus? Formulieren Sie drei Sätze, um die Stadt, in der Sie wohnen, mit ihren charakteristischen Merkmalen zu beschreiben. Natürlich werden Ihnen die beiden Konzerne Miele und Bertelsmann in den Sinn kommen. Und sonst? Wir können nicht angeben mit einem malerischen Flussufer, einer pittoresken Innenstadt oder namhaften Universität. Wir haben Wirtschaft. Die Wirtschaft aber guckt auf Polen, Rumänien, Luxemburg, Tschechien oder eben auch Holland. Der Prozess ist unaufhaltsam. Wir befinden uns in einem tiefen strukturellen Wandel der Wirtschaftswelt. Nichts bleibt wie es ist. Gesucht werden nicht länger Produktionshelfer, sondern wie bei Miele ganz aktuell &bdquo;Head of Incubation" oder &bdquo;New Business Manager". Die alten Konzepte funktionieren nicht mehr. Wir werden nie Amsterdam sein. Und noch nicht mal Bielefeld. Miele muss seine Probleme jetzt selbst lösen. Aber Miele ist eben auch Gütersloh. Vornehmste aber auch dringendste Aufgabe für Politik und Stadtverwaltung ist es, das Profil dieser Stadt zu schärfen. Wir werden nie Amsterdam sein, nicht Berlin und noch nicht mal Bielefeld. Aber in der Stadtentwicklung Güterslohs ist wahrlich noch reichlich Luft nach oben. Eine Bundesgartenschau an der Dalke? Warum nicht. Ein Sportstadion, das diesen Namen verdient mit einer Fußballmannschaft, die es mindestens mit Arminia aufnehmen kann? Ja, unbedingt! Ein zeitgenössisches Museum der Musikgeschichte? Open-Air-Festivals? Ja! Die Stadt hat unfassbar viel Potenzial. Es braucht mutige Vertreter von Ideen, denn mit den alten Konzepten vom Schinkenmarkt und verkaufsoffenen Sonntagen geht es nicht weiter. Neue Leute müssen jetzt her. Das kostet alles viel zu viel? Der weitere Ausverkauf der Gütersloher Arbeitsplätze wird auf Dauer sehr viel kostspieliger. Believe2me.

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