Gütersloh

Fips Asmussen: "Ich bin der meist beklaute Komiker Deutschlands"

Er ist der Meister des Flachwitzes. Vor dem Auftritt am 26. September in Gütersloh verrät Fips Asmussen, worüber er nie Witze machen würde und warum er „Circus Halli Galli“ einen Korb gegeben hat.

Fips Asmussen, der Meister des Flachwitzes, kommt nach Gütersloh. | © NDR/MDR

18.09.2019 | 18.09.2019, 14:48

Herr Asmussen, erzählen Sie doch bitte zur Einstimmung Ihren Lieblingswitz!

FIPS ASMUSSEN: Nein, das geht nicht.

Äh, und wieso?

ASMUSSEN: Na hören Sie mal. Ich habe Hunderte Witze im Repertoire. Das sind ausgedruckt 60 DIN-A4-Seiten, das geht bei mir auf der Bühne Schlag auf Schlag, drei Stunden lang. Da kann ich nicht irgendeinen Gag herausgreifen, alles ist aufeinander abgestimmt. Wenn ich jetzt einen davon als meinen Lieblingswitz ausgebe und keiner findet das komisch, ja was denken denn dann die Leute von meinem Programm?

Was würden Sie machen, wenn das Publikum nicht lacht?

ASMUSSEN: Das kommt tatsächlich vor und muss auch sein. Ich habe ja nicht nur Brüller im Repertoire, sondern auch ein paar ruhige Witze, wo man nur schmunzelt. Die Leute müssen sich zwischendurch auch beruhigen können.

Über welches Thema würden Sie nie Witze machen?

ASMUSSEN: Über Behinderte zum Beispiel. Früher habe ich auch mal Witze über Schwule oder Arbeitslose gemacht, aber das mach’ ich nicht mehr. Die Zeiten haben sich geändert. Ich mach’ lieber über Politiker Witze, weil man die nicht mehr ernst nehmen kann. Die kämpfen nur für sich und ihr Geld. Bei diesen Witzen lachen die Leute übrigens auch nicht, sie nicken zustimmend.

Trotzdem gibt es Stimmen, die Ihnen Diskriminierung von Minderheiten vorwerfen . . .

ASMUSSEN: Das behaupten Leute, die noch nie einen Abend mit mir gesehen haben. Ich trete in ausverkauften Häusern mit 500 oder 600 Gästen auf. Da kann man keine Minderheitenwitze machen.

Sie sind seit über 40 Jahren auf der Bühne – wie hat sich das Geschäft in den letzten Jahren verändert?

ASMUSSEN: Das Alter macht es einfacher, über bestimmte Themen zu sprechen. Wenn ich mit 25 über die Ehe spreche, dann ist das einfach unglaubwürdig. Das ist mit über 80 und vielen Jahren Erfahrung etwas anderes. Ansonsten trete ich deutlich kürzer als früher. Außer meinen dreistündigen Soloveranstaltungen mache ich kaum noch etwas. Ganz selten mal einen Fernsehauftritt oder mal eine Gala, wenn das Geld stimmt.

Was unterscheidet eigentlich einen Witzeerzähler, wie Sie es sind, von einem Comedian?

ASMUSSEN: Helge Schneider hat dazu neulich im Fernsehen gesagt, er könne keine Witze erzählen. Es gebe da nur einen, der das kann, und das sei Asmussen. Tja, und Comedians? Den ein oder anderen schaue ich mir manchmal auszugsweise im Fernsehen an, und ich muss zugeben, ich bin danach jedes Mal erschüttert. Es gibt Leute, die sind nicht in der Lage, ihren Humor zu verkaufen. Ich komme ursprünglich aus der Werbung, dort lautet ein wichtiges Prinzip: Anders sein als andere. Es muss ja nicht gleich eine rote Nase sein, aber Kleidung, Mimik, Gestik, darauf sollte man schon achten. Doch was ist? Die meisten Comedians haben schwarze T-Shirts und dunkle Hosen an und nennen das anders.

Was macht für Sie guten Humor aus?

ASMUSSEN: Dass ich ihn selbst gut finde. Und dass das Publikum drauf anspringt. Ich arbeite lange an einem Gag, jedes Wort ist überlegt, genau wie die Stimme dazu, die Betonung, die Formulierung, das muss alles passen. Außerdem muss ein Witz kurz sein, sonst zündet er nicht. Ich kann glücklicherweise auf 40 Jahre Erfahrungen zurückgreifen. Ich bin nun schon so lange im Geschäft, da weiß man, was bei den Leuten ankommt. Wichtig ist, dass dass Publikum herzhaft lacht, denn Lachen ist gesund.

Wie viele Ihrer Witze sind eigentlich selbst ausgedacht?

ASMUSSEN: Was heißt ausgedacht? Ich erzähle lustige Geschichten aus dem Leben oder witzige Alltagssituationen. Ich würde übrigens nie Gags von anderen übernehmen, auch wenn ich sie gut finde. Ich klaue nicht.

Andere benutzen aber schon Ihre Gags, oder?

ASMUSSEN: Wenn Sie so wollen, bin ich der meist beklaute Komiker Deutschlands. Das habe ich oft beim Karneval erlebt, wenn irgendwelche Möchtegern-Büttenredner meine Gags bringen, bevor ich auftreten soll. Ganz schlimm ist dieser Comedian Markus Krebs: Wissen Sie, warum der auf der Bühne eine dunkle Sonnenbrille trägt? Weil auf einem Tisch ein Manuskript liegt, von dem er abliest. Davon viele meiner Gags.

Lesen Sie denn ab, oder haben Sie eine Art Eselsbrücke, um den Faden nicht zu verlieren?

ASMUSSEN: Ich habe stets mein gesamtes Manuskript mit auf der Bühne, aber ich schaue nie rein. Die Mappe liegt nur zur Beruhigung da. Falls ich mal nicht weiterkommen sollte. Bisher behalte ich meine drei Stunden im Kopf. Das ist kein Problem für mich.

Wie bereiten Sie sich auf Ihre Auftritte vor?

ASMUSSEN: Weil ich selbst fahre, reise ich meist einen Tag vorher an. Dann ist das Hotel entscheidend, wo ich Ruhe habe und gut verpflegt werde. Zwei, drei Stunden vor dem Auftritt bin ich dann in der Halle, Soundcheck, Licht und so weiter. Die letzte Stunde ziehe ich mich in die Garderobe zurück und gehe in mich. Außerdem trinke ich ein Glas trockenen Sekt. Das ist ein Geheimrezept meines Arztes, weil ich vor meinen Auftritten immer müde bin. Ich kann Ihnen sagen, das hilft mir kolossal. Danach bin ich voll da.

Sie haben Ihre Karriere als Musiker begonnen, waren sogar mal in den Top-30 vertreten . . .

ASMUSSEN: Da kann ich heute nur drüber lächeln. Aber immerhin habe ich acht Singleplatten gemacht. Seemannslieder und so was. Eine davon hieß „Ein Korn im Feldbett" – Eine Parodie auf Jürgen Drews. Die ist richtig gut gelaufen, weit über 100.000 verkaufte Platten. Aber als Sänger habe ich mich nie so recht auf die Bühne getraut, obwohl ich Gesang und Gitarre studiert habe. Auch besser so, die Leute wollen lieber von Asmussen Sprüche hören. Von denen es mittlerweile 52 CDs und Kassetten mit einer Dauer von jeweils einer Stunde gibt..

Sie heißen bürgerlich Rainer Pries – wann und warum haben Sie sich für Ihren Künstlernamen entschieden?

ASMUSSEN: Fips klingt witzig und Asmussen ist nordisch. Als Werbefachmann fand ich den Namen gut.

Sie sind mittlerweile 81 Jahre alt – denken Sie ans Aufhören?

ASMUSSEN: Ich bin gesund, habe das Programm drauf und die Texte im Kopf. Außerdem macht es mir Spaß. Warum sollte ich aufhören?

Wenn Sie könnten: Wen würden Sie zu Ihrem legitimen Nachfolger wählen?

ASMUSSEN: Niemanden. Wer sollte das sein? Es gibt ja auch niemanden, der Heinz Erhard nachmacht. Einige versuchen das, aber es funktioniert nicht.

Welche Rolle spielt für Sie das Fernsehen?

ASMUSSEN: Wer im Fernsehen ist, ist gut. Nehmen die Leute zumindest an. Ist aber ein Irrtum. Fernsehen ist eine unheimliche Macht geworden, und es geht nur ums Geldverdienen. Da ist kaum noch Qualität drin. Mich selbst reizen Fernsehauftritte kaum noch. Das bringt mir nichts. Im Gegensatz zu meinen Live-Abenden. Das ist richtig schön, die machen mich stolz und glücklich.

Wie ist Fips Asmussen, wenn er nicht auf der Bühne steht? Erzählt er auch ständig Witze?

ASMUSSEN: In erster Linie bin ich Optimist. Witze erzähle ich zu Hause eigentlich nur zum Testen. Aber selten. Wenn man das so lange macht wie ich, weiß man, was ankommt.

Wie erklären Sie sich, dass mittlerweile viele junge Menschen zu Ihnen kommen?

ASMUSSEN: Ich wundere mich selbst, weil mir früher prophezeit wurde, dass mein Publikum wegstirbt. Ich erlebe im Moment das Gegenteil. 90 Prozent sind jung, also zwischen 25 und 50. Das ist mein Publikum. Und das ist schön.

Wer zu Ihnen kommt, muss damit rechnen, auf die Schippe genommen zu werden.

ASMUSSEN: Nicht wirklich. Manchen gebe ich die Hand, andere kriegen einen Spruch über ihr Aussehen oder so. Ist aber nur Spaß. Und wenn der humorvoll ist, wissen die Leute, dass es nicht ernst gemeint und beleidigend ist.

Was erwartet Ihre Gäste in Gütersloh?

ASMUSSEN: Alles querbeet. Viel über mich, über Politik und Schwächen und Stärken der Menschen. Ich verspreche, dass es garantiert lustig wird.

INFORMATION


Fips Asmussen in Gütersloh
Karten für den Auftritt in der Weberei am Donnerstag, 26. September, 20 Uhr gibt es im Vorverkauf vor Ort sowie bei der NW, Münsterstraße 46.