André Kuper: Mit der AfD ist der Ton im Landtag rauer geworden

Gütersloh/Düsseldorf. Die Veränderung der gesellschaftlichen Stimmung und die stärkere Polarisierung von Meinungen machen auch vor dem Landesparlament nicht halt. Das bestätigt André Kuper, Präsident des nordrhein-westfälischen Landtags, auf Anfrage von nw.de. Demnach werde die Tonalität in Düsseldorf zunehmend rauer – &bdquo;das ist an der Anzahl der Rügen und Ordnungsrufe in dieser Wahlperiode erkennbar", sagt Kuper und appelliert: &bdquo;Nichtsdestotrotz brauchen Parlamente Streit und lebendige Debatten. Es geht um Lösungen, nicht um Hetze. Demokratie braucht Klarheit der Sprache und Konsens." Es sei die vordringliche Aufgabe, die Ordnung sowie die Würde des Parlaments zu wahren. &bdquo;Denn durch Sprache dürfen keine Grenzen verschoben werden. Aus unseren Parlamenten darf es niemals eine Legitimation für Gewalt, Hass oder Hetze geben." "Menschenverachtende, diskriminierende und demokratiefeindliche Äußerungen werden nicht geduldet" Auf die Frage, ob die verbale Gangart im NRW-Landtag mit dem Einzug der AfD härter geworden ist, antwortet Kuper zunächst ausweichend. Alle im Landtag vertretenen Fraktionen seien demokratisch legitimiert und würde die gleichen Rechte im Parlament genießen. Des Weiteren sei es nicht die Aufgabe des sitzungsleitenden Präsidenten Meinungen zu würdigen oder als &bdquo;Sprachpolizei" zu agieren. &bdquo;Menschenverachtende, diskriminierende und demokratiefeindliche Äußerungen jedoch werden nicht geduldet", so der Rietberger. Der Verrohung der Sprache müsse entgegengewirkt werden. So räumt der Präsident des NRW-Landtags ein: &bdquo;Es ist natürlich auffällig, dass zwei Drittel der ausgesprochenen Rügen die Fraktion der AfD betreffen. Es darf nicht zugelassen werden, dass die Sprache schleichend verroht und mit einer falschen Wortwahl verbaler und körperlicher Gewalt Tür und Tor geöffnet werden." Abgeordnete können ausgeschlossen werden Statt verbaler Entgleisungen wünscht sich André Kuper im Parlament leidenschaftliche Debatten, in denen um die beste Lösung für politische und gesellschaftliche Probleme gerungen werde. &bdquo;Aber im zugelassenen Rahmen", betont er. &bdquo;Und hier appelliere ich nicht nur im Plenum, sondern auch in den Gesprächen mit den Abgeordneten dafür, diese Grenzen einzuhalten und nicht über jedes Stöckchen zu springen, das einem hingehalten wird, sowie Provokationen auch mal abtropfen zu lassen." Sollte ein Abgeordneter gegen die vorgegebenen Grenzen verstoßen, könnte er nach Angaben von Kuper sinnbildlich die &bdquo;rote Karte" erhalten. Er erklärt: &bdquo;Neben Rügen und Ordnungsrufen sieht die Geschäftsordnung des Landtags vor, bei schweren Verfehlungen auch den Sitzungsausschluss von Abgeordneten als disziplinarische Maßnahme durchzusetzen." In der laufenden Wahlperiode der vergangenen zwei Jahre sei dies nicht der Fall gewesen. 1998 und 2010 ist es vorgekommen, dass ein Abgeordneter von einer Sitzung ausgeschlossen wurde. &bdquo;Eine zusätzliche Ordnungsmaßnahme, stärker als die Ordnungsrufe, aber milder als der Sitzungsausschluss, gibt es im Saarland und in Bremen sowie im Deutschen Bundestag. Hier wird ein Ordnungsgeld verhängt", sagt Kuper. Das sehe die Geschäftsordnung des Landtags Nordrhein-Westfalen aber nicht vor. André Kuper ist vorsichtig, aber nicht ängstlich Der Mordanschlag auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübke sowie der Angriff auf Dieter Gummer, Oberbürgermeister von Hockenheim, seien Zeichen dafür, dass die Verrohung der Sprache zu Gewalt führen kann. &bdquo;Denken Sie auch an die Anschläge auf die Kölner Oberbürgermeisterin oder den Bürgermeister von Altena. Wenn die Bereitschaft zur Gewalt auf Repräsentanten der Demokratie wächst, ist der Kern unseres Staates bedroht. Hier ist nicht nur der Rechtsstaat gefragt, sondern die gesamte Zivilgesellschaft muss gegen diese Verrohung angehen", ist Kuper überzeugt. Angst, selbst einmal Opfer eines solchen Angriffs zu werden, hat der Präsident des NRW-Landtags aber nicht. &bdquo;Ich bin ein vorsichtiger, aber kein ängstlicher Mensch. Und ich lebe nach dem Motto, das Churchill einmal so formuliert hat: ,Da man nie weiß, wie sich die Dinge entwickeln, kann man gleich das Anständige tun.’" Nichtsdestotrotz habe Kuper Ende 2018 im Zusammenhang mit einem Synagogenbesuch eine Mail erhalten, &bdquo;die die Grenzen des Zumutbaren überschritten hat." Der 58-Jährige habe die Nachricht an den Staatsschutz übergeben, dieser habe schließlich einen Reichsbürger als Absender ermittelt. &bdquo;So etwas erlebe ich bisher Gott sei Dank nur selten", sagt André Kuper.

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