Gütersloh. Jeder hat sie schon einmal gesehen, vielleicht bei ihnen eingekauft, ein paar nette Worte gewechselt oder die Auslage begutachtet – die Beschicker des Wochenmarktes auf dem Berliner Platz. Auf dem City-Markt gibt es dienstags, donnerstags und samstags im Herzen von Gütersloh alles, was das Herz begehrt: Fleisch, Wurst, Käse, Kartoffeln, frisches Gemüse, Eier, Brot und Blumen.
Doch wer sind eigentlich die Marktbeschicker? Wo kommen sie und ihre Waren her? In der neuen Serie „Gesichter des Wochenmarktes" stellt die Neue Westfälische die Händler vor.
"Das ging ganz klein los, mit nur einem Schirm und 300 D-Mark Umsatz"
Zum Serienstart geht es zur Bio-Landwirtin Gerlinde Höner, die vor 21 Jahren mit einem kleinen Stand auf dem Markt an der Prekerstraße angefangen hat. „Das ging ganz klein los, mit nur einem Schirm und 300 D-Mark Umsatz. Ich habe praktisch von Null angefangen", sagt die 51-Jährige, die den Hof ihrer Eltern am Osthusweg ab 1997 auf den Bioland-Betrieb umgestellt hat.
„Meine Eltern haben noch Ackerbau und Schweinezucht betrieben, aber irgendwann reichte das nicht mehr für die Existenz", erzählt Gerlinde Höner, die damals die Meisterschule in Kassel besuchte und zu Hause in Gütersloh schließlich zu den Pionieren der biologischen Landwirtschaft gehören sollte.
"Meine Mutter war eine der frühesten Biobäuerinnen"
„Meine Mutter war eine der frühesten Biobäuerinnen, die bereits Mischkultur praktizierte und einen großen Gemüsegarten hatte. Da bin ich als Kind schon mitgelaufen und habe das aufgesogen. Als ich den Hof übernahm und auf biologische Landwirtschaft umstellte, war der Anbau zunächst Klein-Klein und von allem ein bisschen. Mittlerweile kann ich mehr Vielfalt bieten."
Heute baut sie nach den strengen Bioland-Richtlinien auf insgesamt zehn Hektar Kartoffeln, Gemüse und Getreide an. „Und Gründünger. Das ist für uns besonders wichtig, weil wir keinen anderen Dünger nehmen können." Der leichte Gütersloher Sandboden macht die Sache nicht unbedingt einfacher. „Weil der Boden keine Nährstoffe hält, müssen wir Humus aufbauen."
Aber das Ergebnis der vielen Arbeit lohne sich, sagt Gerlinde Höner. „Die Entwicklung der Geschmacksstoffe braucht Zeit, besonders bei Kohl und Kartoffeln. Man merkt es später am Geschmack, ob das Gemüse Zeit zum Reifen hatte." Während in den vergangenen zwei Jahrzehnten immer mehr Landwirte aus wirtschaftlichen Gründen auf die Bio-Schiene umschwenken, ist Hof Höner organisch gewachsen – wie das Gemüse, das dort mit der Unterstützung von zwei festen Mitarbeitern und im Sommer zwei bis drei Saisonkräften angebaut wird. Außerdem im Angebot: Frische Eier von ihren 150 Hühnern.
"Meine Kunden wollen den regionalen Gedanken unterstützen"
Ihre Kunden schätzen nicht nur den Geschmack, sondern auch die Idee des ökologischen Landbaus. „Sie wollen unsere nachhaltigen Strukturen und den regionalen Gedanken unterstützen. Außerdem gibt es immer mehr Veganer, die hier einkaufen", sagt Höner, die auch zahlreiche Bioläden in Gütersloh beliefert und ihr Angebot mit anderen Gütersloher Bio-Landwirten austauscht und ergänzt.
Besonders viel Betrieb herrscht an ihrem Stand auf dem Berliner Platz, wenn sie im Frühjahr Setzlinge zur eigenen Aufzucht verkauft. Gurken, Salate, Tomaten – „das ist sehr gefragt. Aber nicht nur die Pflanzen, sondern auch Anbautipps und Erfahrungsaustausch". Denn der Wandel der klimatischen Bedingungen mit heißen und trockenen Phasen macht allen zu schaffen, die Gemüse anbauen. „Wir merken einfach, dass die Extreme zunehmen. Auch, was den Wind angeht." Die Herausforderungen nimmt Gerlinde Höner jedoch sportlich. „Mit dem Duft vom frischen Gemüse in der Nase geht es mir schnell wieder gut."
Vom Feld auf den Markt: Den Aufbau ihres Marktstandes frühmorgens übernimmt die Chefin selbst. „Ich gebe mir immer große Mühe, an meinem Stand alles schön und farblich passend zu präsentieren. Denn der erste Eindruck geht über das Auge – und zu Hause schmeckt es dann."