Von
Oliver Herold
08.06.2019 | 08.06.2019, 09:00
Kreis Gütersloh
Neuer Tarifvertrag: Bäckerinnungsverbände und Gewerkschaft einigen sich auf Lohnerhöhung. Doch es profitieren nicht alle von der Vereinbarung
Kreis Gütersloh. Gute Nachrichten für die Beschäftigten in den Bäckereien, schlechte für die Kunden: Denn der Anfang dieser Woche zwischen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und Arbeitgeberverbänden beschlossene neue Tarifvertrag, der von Juni an eine Anhebung der Gehälter vorsieht, wird sich mittelfristig auch bei den Preisen von Brot, Brötchen & Co bemerkbar machen.
Der auf vorerst 13 Monate befristete Tarifvertrag sieht einen Gehaltsaufschlag von mindestens 55 Euro in den unteren Lohngruppen vor, was hier einem Plus von 3,5 Prozent entspricht. In den anderen Lohngruppen steigen die Einkommen um 2,8 Prozent. "Eine Bäckereifachverkäuferin ab dem dritten Beschäftigungsjahr kommt so auf gut 61 Euro mehr im Monat", erläutert Gaby Böhm, Geschäftsführerin der NGG-Region Bielefeld-Herford. Allein im Kreis Gütersloh profitieren davon rund 1.700 Beschäftigte. Einen Anspruch auf mehr Geld haben laut Böhm alle Gewerkschaftsmitglieder, deren Arbeitgeber Mitglied der Bäckerinnung ist.
Axel Glasenapp, Obermeister der Bäckerinnung im Kreis, sieht den Tarifabschluss mit gemischten Gefühlen. "Es ist natürlich richtig, dass gute Arbeit mit gutem Geld honoriert werden muss, allerdings muss das Geld erst einmal verdient werden", sagt er. Nicht nur, weil der Markt aufgrund der hohen Bäckereidichte hart umkämpft sei, sondern auch, weil die Betriebe schon jetzt 45 Prozent Personalkosten in ihren Umsatz einkalkulieren müssten.
Glasenapp hat ausgerechnet, dass bei einer Lohnsteigerung von 3 Prozent mindestens 1,5 Prozent mehr Umsatz gemacht werden müsse. "Das ist so natürlich nicht ohne weiteres möglich", sagt er.
Also werden wohl in den Filialen der kreisweit insgesamt knapp 30 der Innung angeschlossen Bäckereien, zu denen auch die meisten Großbetriebe gehören, wohl mittelfristig die Preise steigen. Glasenapp jedenfalls fürchtet, ohne Erhöhung die nun fälligen Mehrausgaben nicht schultern zu können. "Das wird natürlich nicht nach dem Gießkannenprinzip erfolgen, sondern selektiv Schritt für Schritt", sagt er. Ein Schritt, der allerdings nicht ganz ungewöhnlich sei, denn schon jetzt müsse er bei einigen Produkten zwei bis drei Mal im Jahr die Preise prüfen und gegebenenfalls anpassen.
Sorgen bereiten Glasenapp zudem die sogenannten "Billig-Bäckereien" wie die in den Discountern oder Filialen der Back-Factory. Diese nämlich sind nicht an den Tarifvertrag gebunden und könnten ihre Preise viel freier gestalten. "Die können machen, was sie wollen, solange sie den Mindestlohn zahlen."
Bei einem Spontantest Freitagnachmittag wird der Unterschied deutlich, bereits jetzt sind die Backwaren dort deutlich billiger: Ein normales Brötchen beispielsweise kostet in der Back-Factory 25 Cent, während Kunden bei Glasenapp oder Birkholz 34 Cent und bei Café Backhaus 33 Cent zahlen.
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