Gütersloh. Für Haus- und Grundstückseigentümer sind sie ein Ärgernis, das zuweilen existenziell sein kann. Die Rede ist von Straßenbaubeiträgen, die fällig werden, wenn die Stadt vorhandene Straßen, Wege oder Plätze erneuert, erweitert oder verbessert. Der Bund der Steuerzahler (BdSt) NRW stellt diese Gebühr nun in Frage. Mit einer Volksinitiative soll der Düsseldorfer Landtag gezwungen werden, sich mit dem Thema auseinander zu setzen. Ziel ist die Abschaffung nach dem Vorbild Bayerns. Unterstützung erfuhr der BdSt gestern von der SPD: Sie brachte in einer ersten Lesung ein Gesetz zur Abschaffung ein.
Worum geht es?
BdSt und SPD halten die Abgaben für nicht mehr zeitgemäß, da, wie die SPD argumentiert, die Beitragsbelastungen für Betroffene oft sehr hoch seien und bis in den vier- oder fünfstelligen Bereich reichen können. "Diese hohen Beitragsforderungen bringen viele Beitragspflichtige in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten", da die derzeitige Rechtsanwendung nicht die persönliche oder wirtschaftliche Situation der Bürger berücksichtige. Zudem ist dem BdSt zufolge der angebliche Vorteil einer Straßensanierung für die Anlieger "nicht objektiv messbar" und Kommunen würden dazu verleitet, Straßen zu vernachlässigen und sie erst dann aufwendig zu erneuern, wenn die notwendigen Maßnahmen beitragsfähig werden.
Was ist die Grundlage?
Rechtsgrundlage für die Erhebung von Straßenbaubeiträgen sind das Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (§ 8 KAG-NRW) und die Straßenbaubeitragssatzung der jeweiligen Städte, nachzulesen unter www.guetersloh.de/de/rathaus/fachbereiche-und-einrichtungen/tiefbau/anliegerbeitraege.php). Straßenbaubeiträge sind rechtlich abzugrenzen von den Erschließungsbeiträgen, die beim erstmaligen Ausbau beispielsweise eines Wohngebietes anfallen und im Rahmen des Baugesetzbuches (BauGB) geregelt sind.
Wann wird gefordert?
Straßenbaubeiträge können eingefordert werden, wenn beispielsweise eine neue Straßenbeleuchtung installiert wird oder wenn Rad- und Gehwege angelegt werden, aber auch, wenn der "Lebenszyklus" einer Straße erreicht ist, heißt, wenn sie erneuerungsbedürftig ist, erläutert Marc Himmelmeier vom Fachbereich Tiefbau. Kurzum: "Die Beiträge werden erhoben, wenn nach der Maßnahme für die Anwohner ein gesteigerter Vorteil erkennbar ist", berichtet Fachbereichsleiter Alfons Buske.
Wer ist betroffen?
Beitragspflichtig laut Satzung sind Grundstückseigentümer, Erbbauberechtigte sowie Wohnungs- und Teileigentümer. Betroffen sein können indes nicht nur direkte Anlieger der Baumaßnahme, sondern auch jene Eigentümer, die ihre Grundstücke in Stichstraßen haben. "Ob dann dort jemand an den Kosten beteiligt wird, ist aber immer eine Einzelfallentscheidung. Wir prüfen da sehr genau. Auch hier entscheidet, ob ein Vorteil eintritt", sagt Himmelmeier.
Was sind die Kosten?
Derzeit beteiligt die Stadt Gütersloh Eigentümer mit 25 bis 75 Prozent. Der Anteil richtet sich nach der Verkehrsbedeutung (Anliegerstraße, Straßen mit starkem innerörtlichen Verkehr, Hauptverkehrs-, Hauptgeschäfts-, Fußgängergeschäfts- oder verkehrsberuhigte Straßen), nach der baulichen Maßnahme (Fahrbahn, Geh- oder Radweg, Parkstreifen) sowie nach der Grundstücksgröße und den darauf gebauten Objekten. "Mehrfamilienhäuser sind teurer als Einfamilienhäuser", so Buske. Und: "Wenn der Bebauungsplan drei Geschosse vorsieht, aber nur zwei gebaut wurden, zahlt man trotzdem für drei."
Kann man klagen?
Jedem steht es frei, einen Widerspruch bei der Stadt einzulegen. Bleibt dieser ohne Erfolg, kann man vor dem Verwaltungsgericht Minden klagen. Die Zahl der Verfahren sei jedoch rückläufig, da die Gerichte in der Regel negativ entscheiden würden, sagt Buske. Oder anders ausgedrückt: "Sie bescheinigen der Stadt, dass der Erlass rechtmäßig ist."
Was tut die Stadt?
Anders als beispielsweise die Stadt Halle, die jüngst einstimmig entschieden hat, die Straßenbaubeiträge für ein Jahr ruhen zu lassen, bleibt in Gütersloh erst einmal alles beim alten. Denn: "Wenn der Beitrag in Halle für ein Jahr auf Eis gelegt wird, heißt das nur, dass ein Jahr lang nicht gebaut wird."
Steigt die Grundsteuer?
Für 2019 ist in Gütersloh keine Erhöhung geplant. Ob diese als Ersatz für die eventuell gekippte Gebühr herhalten muss, sei noch unklar. "Anders als der Straßenbaubeitrag wäre die Grundsteuer auch auf die Mieter abwälzbar", sagt Himmelmeier.
Was kann man nun tun?
Der BdSt benötigt mindestens 66.000 Unterschriften. Wie man mitmachen kann, steht auf der Homepage www.steuerzahler-nrw.de Auch die Gütersloherin Judith Schweitzer kämpft gegen den Beitrag. Unter www.change.org hat sie unter dem Suchbegriff "Straßenbaubeiträge" eine Online-Petition gestartet.