Gütersloh

Experte hält Online-Süchtige für besonders schwer therapierbar

Fachtagung: Christian Groß hält den Abschlussvortrag zum Thema Mediensucht

Therapie: Experte der Bernhard-Salzmann-Klinik in Gütersloh hält einen Vortrag zum Thema Mediensucht. | © Jens Reddeker

06.11.2017 | 06.11.2017, 00:05

Gütersloh. Den Kontrast zwischen virtueller und realer Welt der Betroffenen aufzeigen, dies stand im Zentrum des Vortrags von Christian Groß zum Thema Mediensucht. Der Suchttherapeut der Bernhard Salzmann Klinik (Gütersloh) hielt den Abschlussvortrag "Zwischen Enter und Escape" auf dem ersten Fachtag "Digitale Medien". Der Vortrag, der an Workshops anschloss, behandelte intensiv das Thema Mediensucht, vor allem Videospielsucht.

Groß ließ vor allem bewegte Bilder sprechen. TV-Clips und ein selbst gedrehter Beitrag über einen passionierten Online-Spieler brachten den Lehrkräften und weiteren Fachkräften aus den Bereichen Erziehung, Bildung, Kinder- und Jugendarbeit, aber auch Schülern die Krankheit Mediensucht näher.

Organisiert wurde dieser erste Fachtag vom Netzwerk MedienAktiv GT, einer Kooperation lokaler Experten aus verschiedenen Gebieten, unter anderem Kinder- und Jugendhilfe, Schule, Erziehungs- und Suchthilfe.

"Wo sind die Treffpunkte in der virtuellen Welt?" Mit dieser Frage begann der Suchttherapeut Groß seinen Vortrag. Die Abkapselung der Betroffenen in eine virtuelle Welt führe oft zu einer Art Verhaltensverschiebung: Sind sie in der realen Welt schüchtern und unsicher, werden sie durch das Einloggen in die Welt des Online-Spiels, offen, kommunikativ und aktionsfreudig. Dieser Prozess kehre sich beim Ausschalten des Computers und mit der Rückkehr in die reale Welt wieder um. Hier sieht Christian Groß eine Herausforderung bei der Therapie: " Wenn sie einem Gamer die virtuelle Welt wegnehmen, bleibt ihm nichts". Anders als bei der Alkoholsucht könne der Entzug des Suchtmittels Online-Spiel nicht durch Freundschaften aufgefangen werden, da diese nur in der virtuellen Welt stattfänden. Eine Therapie baue also vor allem darauf, persönliche Strukturen für die Betroffenen zu finden und zu stärken.

Die Existenz einer virtuellen Welt, in der für die Betroffenen Beziehungen und Erfolge möglich sind, die ihnen in der realen Welt verwehrt bleiben, sind für den Mitarbeiter der Salzmann-Klinik Gründe für die Entstehung der Sucht: Die Spiele belohnen regelmäßiges Spielen mit Belohnungen, die sie als erfolgreich kennzeichnen. "Die Visualisierung persönlicher Erfolge ist eine zentrale Suchtstruktur von Videospielen", unterstreicht Groß.

Insbesondere Kinder und Jugendliche seien für Medien- und Videospielsucht anfällig. Das liege laut Groß häufig daran, dass sie frühzeitig mit Suchtmitteln in Kontakt kämen. "Hier ist mehr Aufklärung und Prävention nötig." Besorgniserregend sei die Möglichkeit, in der virtuellen Welt, reales Geld auszugeben, um sich Belohnungen zu kaufen. "Da kann es schon vorkommen, dass auf der Kreditkartenabrechnung der Mutter 3.000 Euro stehen", erzählt Groß von einem Patienten. Auch das Wetten auf virtuelle Sportereignisse sei gefährlich. "Das ist eine Art rechtsfreier Raum."