Wie hoch sind die Mieten in Gütersloh?
Die Mietpreise variieren stark. Sie sind von verschiedenen Faktoren abhängig, z.B. Alter, Größe und Lage einer Wohnung. Man kann in Gütersloh für 4,60 Euro pro qm wohnen, aber auch für 12 Euro. Bei allen Diskussionen muss man zwischen Angebots- und Bestandsmieten unterscheiden.
Die Angebotsmiete ist der Preis, der Ihnen angeboten wird, wenn Sie jetzt eine Wohnung suchen. Angebotsmieten orientieren sich am Markt und an dem, was Mieter bereit sind zu bezahlen. Die Bestandsmiete meint dagegen den Mietpreis in einem bestehenden, oft über eine lange Zeit laufenden Mietverhältnis.
Um die Werte auf einen Blick zu sehen, führen Sie die Maus auf die einzelnen Balken. Wollen Sie die Entwicklung für eine bestimmte Wohnungsgröße vergleichen, klicken Sie unten auf die dazugehörige Legende:
Was unterscheidet Angebots- von Bestandsmiete?
Angebotsmieten liegen deutlich höher als Bestandsmieten. Wer in Gütersloh einen neuen Mieter sucht, kann fordern, was er möchte – solange er nicht mit § 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes („Mietpreisüberhöhung") in Konflikt gerät. Angebotsmieten um 10 Euro pro qm sind derzeit keine Seltenheit. Sie können durchgesetzt werden, weil die Nachfrage da ist.
Die Bestandsmieten dagegen werden durch gesetzliche Vorgaben reguliert. Der Vermieter darf die Miete auf den ortsüblichen Satz anheben. Dabei darf der Preisaufschlag innerhalb von drei Jahren nicht höher sein als 20 Prozent.
Ist die Stadt ein Preistreiber bei den Mietnebenkosten?
Nein, die Grundsteuern sind hier relativ moderat. Auch die Gebühren für Müllabfuhr, Straßenreinigung und Abwasser sind in den letzten Jahren nur unwesentlich gestiegen. Die Nebenkostenabrechnung bleibt Streitobjekt Nr. 1 zwischen Mieter und Vermieter.
Wie stark sind die Mieten in Gütersloh gestiegen?
Wer drei Leute fragt, kriegt drei unterschiedliche Antworten.
„Wir haben als Stadt keine Statistik über die Entwicklung der Mietpreise, es wird keine Mietdatenbank geführt", sagt Stadtbaurätin Nina Herrling: „Wir bewegen uns also im Bereich ,Gefühl und können gar nicht objektiv sagen, wie sich die Mieten entwickelt haben."
„Von 2013 bis 2016 sind die Mieten zwischen 15 und 20 Prozent gestiegen", erklärt Simone Bille, Geschäftsführerin der SKW Immobilien.
Birte Degenhardt von Engel & Völkers Immobilien setzt die Mietpreissteigerung für Gütersloh doppelt so hoch an. Nach ihrer Analyse hat die Bestandsmiete pro qm für Wohnungsgrößen zwischen 60 und 99 qm um 40 Prozent angezogen – von 5,82 Euro (2013) über 6,52 Euro (2015) auf 8,19 Euro (2016). Bei Objekten größer als 100 qm habe sich der Preis von 6,41 Euro (2013) auf 7,82 Euro (2016) erhöht. Das entspricht einem Zuwachs von circa 22 Prozent.
Gibt es in Gütersloh eine Mietpreisbremse?
Nein. Dort, wo die Mieten besonders stark steigen, hat das Land die Möglichkeit, eine sogenannte Mietpreisbremse einzusetzen. Wenn diese gilt, darf bei einer Neuvermietung der Preis maximal 10 Prozent mehr als die ortsübliche Vergleichsmiete betragen. Das NRW-Bauministerium hat zwar für Bielefeld und Paderborn eine Mietpreisbremse festgelegt, aber nicht für Gütersloh. Dass hier die Mieten besonders stark steigen, ist offensichtlich nicht belegt.
Gibt es einen Mietspiegel?
Ja. Der Mietspiegel gibt die ortsübliche Vergleichsmiete an, dient Mietern und Vermietern damit als Orientierung. Der Vermieter darf die Miete auf den ortsüblichen Satz anheben. Ortsüblich sind die Mieten, die während der letzten vier Jahre im Durchschnitt für eine vergleichbare Wohnung in dieser Gegend bezahlt wurden.
Welche Preise nennt der Mietspiegel?
8,55 Euro – das ist laut Mietspiegel 2016 die höchste Vergleichsmiete in Gütersloh. Festgelegt wurde dieser Wert für Wohnungen der Größe 65 bis 80 qm, die sich in guter Wohnlage befinden und zwischen 2003 und 2015 gebaut wurden. Laut Mietspiegel wird in Gütersloh aber auch für weniger als die Hälfte gewohnt. Für Wohnungen, die 50 bis 65 qm groß sind, in den Jahren von 1968 bis 1977 errichtet wurden und an einem mittleren Wohnstandort liegen, nennt das Zahlenwerk Preise ab 4,07 Euro ortsüblich.
Was ist die „Botschaft" des Mietspiegels?
Wichtiger als einzelne Preise ist der generelle Trend: Die viel diskutierte Mietsteigerung der letzten Jahre findet sich im Mietspiegel kaum wieder.
Stadtbaurätin Herrling drückt es diplomatisch aus. „Aus dem Vergleich der Mietspiegel 2013 und 2016 lässt sich keine direkte Preisentwicklung ableiten, da der Mietspiegel 2016 tabellarisch anders aufgebaut ist", formuliert sie vorsichtig: „Ein grober Vergleich deutet allerdings darauf hin, dass die Werte des Mietspiegels 2016 in der Summe erhöht gegenüber den Werten 2013 sind."
Was wird am Mietspiegel kritisiert?
Die lokalen Immobilienmakler sagen es deutlicher. „Der Mietspiegel gibt in keinster Weise die Realität wieder. Wer in Gütersloh die Angebote studiert, wird feststellen, dass er zu den Preisen des Mietspiegels keine Wohnung findet. Das ist Fakt", erklärt Peter Oesterhelweg, der größte Wohnungsverwalter der Stadt.
„Die Vermieter sind sauer, wenn sie die Vorgaben des Mietspiegels mit den Angeboten auf Immoscout vergleichen", berichtet Maria Wolters, die den Markt seit einem Vierteljahrhundert kennt: „Der Mietspiegel hilft den Mietern, die im Bestand wohnen. Aber im Moment wird alles teurer vermietet, als vom Mietspiegel vorgegeben."
„Der Mietspiegel schränkt die Möglichkeiten der Hauseigentümer, Bestandsmieten zu erhöhen, extrem ein", kritisiert Heike Winter. Die Geschäftsführerin der Geno Immobilien bezweifelt, dass die Zahlen überhaupt stimmen: „Im Ergebnis bremst der Mietspiegel die Investitionsbereitschaft der Eigentümer von Gebrauchtimmobilien. Da hätten die Interessenvertreter der Vermieter eigentlich besser hingucken müssen..."
Wie ist das Problem entstanden?
Diese Kritik ist nicht ganz fair. „Wir konnten das Ergebnis des Mietspiegels überhaupt nicht beeinflussen", stellt Silvia Welscher, Vorsitzende von Haus & Grund in Gütersloh, klar. Bis 2013 war der Mietspiegel von der Stadt, dem Haus- und Grundeigentümerverein, dem Mieterbund sowie dem Maklerverein am runden Tisch verhandelt worden. 2016 sollte erstmals ein sogenannter „qualifizierter" Mietspiegel vorgelegt werden: Dieser muss „wissenschaftlichen" Standards entsprechen, dafür ist er im Rechtsstreit vor Gericht stärker bindend.
Bei der Erstellung waren die Interessengruppen weitgehend zum Zugucken verurteilt. Die Daten beruhen auf einer vom Hamburger Institut F+B durchgeführten Vermieterbefragung. Rund 3700 Datensätze liegen der Auswertung im Stadtgebiet zugrunde.
Wo liegt der Fehler?
Dazu hört man verschiedene Theorien. Der Rücklauf der Befragung liege unter zehn Prozent und sei zufällig. Die Grundgesamtheit der Daten werde von wenigen großen Wohnungsgesellschaften dominiert. Vor allem: Die Daten alter Mietverträge („spottbillige Mieten, die 20 Jahre lang nicht erhöht worden sind") hätten die Werte des aktuellen Mietspiegels „nach unten gezogen". Das wäre allerdings fehlerhaft, weil bei der Erhebung eines qualifizierten Mietspiegels nur Wohnungen berücksichtigt werden dürfen, deren Miete in den letzten vier Jahren neu vereinbart oder geändert wurde.
Gibt es überhaupt einen Fehler?
„Nein, der Mietspiegel ist korrekt erstellt worden und er funktioniert gut", sagt Ralf Brodda, der Geschäftsführer des Mieterbundes: „Der Mietspiegel gibt den Markt so weit wieder, wie das vom Gesetz vorgesehen ist." Natürlich seien im Rahmen der Befragung auch Angaben über alte Mietverhältnisse gemacht worden. Für das Zahlenwerk seien aber nur Daten der letzten vier Jahre berücksichtigt worden. „Alle älteren Daten wurden herausgefiltert", so Brodda: „In einer Dokumentation zur Erstellung des Mietspiegels kann das jeder nachlesen."
Brodda plädiert dafür, dass künftig alle Mieten der letzten zehn Jahre die Grundlage für einen Mietspiegel bieten: „Auch die bewusste Entscheidung eines Vermieters, die Miete nicht zu erhöhen, ist ein Element des aktuellen Wohnungsmarktes."
KOMMENTAR DER REDAKTION
Schere öffnet sich
Der gierige Vermieter, der nichtsahnende Opfer in die Falle lockt, mag ein dankbares Motiv für unseren Illustrator Heinrich Schwarze-Blanke sein. Siehe oben. Mit der Realität des Gütersloher Wohnungsmarkts hat das Klischee aber nicht viel gemein.Der schwierigste Vermieter ist für den Mieterbund die LEG Immobilien AG, die mit ihren Mieterhöhungen mehrfach vor Gericht gescheitert ist. Ansonsten gibt es nur Einzelfälle, in denen Mieter und Vermieter einen Rechtsstreit über die ortsübliche Vergleichsmiete anzetteln. Dann entscheidet ein Sachverständiger, ob der Mietspiegel die geforderte Erhöhung deckt.
Zum Problem wird die Schere, die sich auf dem lokalen Wohnungsmarkt geöffnet hat. Hier die meist moderaten Bestandsmieten, die durch den Mietspiegel begrenzt werden. Dort die oft dreisten Angebotsmieten, die das durchsetzen, was der Nachfragedruck hergibt.
Aber: Nach Einschätzung vieler Fachleute ist die Leidensfähigkeit derer, die eine neue Wohnung suchen, bald am Ende. Eher kauft sich der Gütersloher eine Eigentumswohnung, als 1500 Euro Kaltmiete zu zahlen. Von daher bleibt abzuwarten, ob Mieten von 12 Euro und mehr langfristig Bestand haben werden.
Auf dem Wohnungsmarkt geht es zu wie im Leben. Manche Mieter erlauben sich Sachen, über die man nur den Kopf schütteln kann. Aber es gibt auch Vermieter, mit denen man nichts zu tun haben möchte. Im Großen und Ganzen läuft es gut in Gütersloh.