Gütersloh. Professionell gleitet die blitzende Klinge durch das Fleisch und teilt es in Filets. Dem Typen, der da so gekonnt mit dem Messer umgeht, möchte man nachts nicht begegnen: 1,90 Meter groß, eine US-Schürze vor der breiten Brust und zu allem Überfluss das Gesicht hinter einer furchterregenden Maske versteckt.

"Ich bin Johnny Grillmeister", sagt er mit sonorer Stimme - und fügt nach einer kurzen Pause hinzu: "Der Chuck Norris unter den Grillern." Ob dieser Name tatsächlich in seinem Pass steht, darf allerdings ebenso bezweifelt werden wie sein Wohnort: "El Paso, Texas."
Eines steht indes außer Frage: Johnny und seine Kumpels, deren Wurzeln im realen Leben eher im Gütersloher Boden als im texanischen Wüstensand stecken, sind Experten am Grill und an der Filmkamera. Das beweisen sie seit fast fünf Jahren mit der "Grillshow", von der bislang sage und schreibe 236 Folgen auf ihrem YouTube-Kanal erschienen sind. 60.000 Abonnenten zählt der Mix aus Tipps und Unterhaltungsshow - und ist nun für den deutschen Webvideopreis nominiert.
Ein ganz normaler Garten irgendwo in Gütersloh. Ein junger Mann bemalt Eier, ein anderer baut die Beleuchtung auf, der dritte schnippelt Paprika. Es gibt viel zu tun, schließlich steht der Dreh fürs Oster-Special der Grillshow auf dem Programm. Dabei lassen sich die Männer im besten Alter zwar über die Schulter, nicht aber in die Ausweise schauen. Die echten Namen von "Johnny Grillmeister", dem "Veggie-Ninja" oder der "Dritten Hand" bleiben ein Geheimnis, denn das gibt dem Format ein besonderes Flair. Wie in Hollywood, so gilt auch in Ostwestfalen: "There's No Business Like Show Business".
Eines sei aber verraten: So böse, wie die Jungs mit ihren Masken aussehen, sind sie nicht. Wenn Johnny, der ebenso wie die Dritte Hand aus der Filmbranche stammt, über die Anfänge der Grillshow plaudert, kommt das äußerst sympathisch rüber. "Ich hab? mal als Cutter einen Beitrag übers Grillen geschnitten", berichtet er mit ostwestfälischem statt texanischem Slang. "Und da dachte ich mir: So ein Ding haben meine Eltern doch auch im Garten - lass uns da mal was machen."
500 neue Follower pro Woche
Dass aus dieser Idee letztlich ein solch großes Projekt würde, dürften zum Start im Jahr 2012 die wenigsten erwartet haben. Doch das Team wuchs im Laufe der Zeit auf nunmehr sieben Kern-Mitglieder an, die Videos wurden immer aufwendiger, die Spezialeffekte immer ausgefeilter, die Fans immer mehr. "Im ersten Jahr hatten wir 1.000 Abonnenten", erzählt die Dritte Hand, der Mann hinter der Kamera, "heute kommen in einer guten Woche 500 neue dazu."
Auch das Drumherum gestaltet sich professionell. Es gibt Fanartikel sowie 17 selbstentwickelte Gewürzmischungen, die in einigen Gütersloher Läden sowie im Internet feilgeboten werden.
Doch trotz Glamour und Merchandising: Im Mittelpunkt stehen nach wie vor verdammt leckere Gerichte, vom Klassiker bis zur eigenen Kreation. Mal zeigt Johnny, wie man einen Bacon-Bomb-Burger brutzelt, mal bereitet er Lachs-Döner, Entenbrust oder sogar einen Sauerbraten zu. Und das alles auf dem Grill, versteht sich.
Das Motto: "Beef, Bier und Bacon"
Auffallend oft wird in den Rezepten die Zutat Speck aufgeführt. Denn frei nach dem Motto "Beef, Bier und Bacon - man möchte ja nicht der Gesündeste auf dem Friedhof sein" liebt der Grillmeister Fleisch, was immer wieder zu Auseinandersetzungen mit dem Veggie-Ninja führt, der ihn von den Vorzügen des Gemüses überzeugen will. Da kann es schon mal passieren, dass ein Protagonist nach einem Fausthieb in hohem Bogen aus dem Bild fliegt - moderne Filmtechnik macht's möglich.
Was gut aussieht, kostet auch Zeit - da bildet die Grillshow keine Ausnahme. Ein Arbeitstag geht für Rezeptauswahl, Vorbereitung und den Dreh drauf, einen weiteren Tag nehmen Nachbearbeitung, Effekte, Schnitt und Vertonung in Anspruch. All das geschieht meist in den Abendstunden, denn die Teammitglieder gehen im richtigen Leben einer geregelten Arbeit nach. Die Grillshow ist (noch?) ein Hobby.
Wenn die neueste Folge samstags zunächst beim Hamburger Internet-Fernsehsender Rocket Beans TV zu sehen ist und anschließend für YouTube freigeschaltet wird, sitzt vor allem eine Zielgruppe vor dem Monitor: 94,9 Prozent der Zuschauer sind männlich.
Was keineswegs bedeuten soll, dass sich das vermeintlich schwache Geschlecht nicht auch von einem der 236 Videos für den nächsten Barbecue-Abend inspirieren lassen kann. Und der kommt bald: Für den morgigen Sonntag sind Sonnenschein und Temperaturen von über 20 Grad angekündigt. Der Grill kann befeuert werden - Juchhu! Oder wie der Texaner Johnny sagen würde: "Yippie ya yeah!"