Gütersloh

Hotels: Was Gäste gern mal vergessen - oder mitgehen lassen

Eine Bestandsaufnahme in Gütersloher Hotels

Im Zimmer vergessen: Svetlana Yanowska, Hausdame im Hotel Appelbaum, mit einem bunten Sammelsurium von Fundstücken. Neben Bekleidung sind auch Elektrogeräte und Spielsachen wie ein blaues Plastikauto dabei. | © Michael Schuh

07.11.2016 | 07.11.2016, 07:00

Gütersloh. Zimmermädchen sind so einiges gewohnt. Doch beim Reinigen eines Raumes im Hotel Appelbaum dürfte selbst die erfahrene Dame gestaunt haben: Ein Gast hatte ein Paar Handschellen vergessen. Eher unwahrscheinlich, dass es sich dabei um einen Polizisten handelte, der in der Eile nicht an sein sein Arbeitsmaterial dachte; vieles deutet auf einen anderen Verwendungszweck der Fesseln hin. Sicher ist hingegen, dass Gäste nicht selten Gegenstände im Hotel vergessen, während der Koffer anderer Besucher beim Auschecken schwerer ist als bei der Ankunft.

"Die Klassiker sind Ladekabel und Utensilien aus dem Bad", zählt Andreas Kerkhoff, Inhaber des Hotels Appelbaum, die Gegenstände auf, die regelmäßig beim Säubern der Zimmer gefunden werden. Dazu zählt auch Kleidung, die anschließend mitsamt den Ladekabeln im Büro der Hausdame Svetlana Yanowska darauf wartet, abgeholt zu werden. Oft vergeblich. Denn bei wertvolleren Gegenständen meldet sich der Besitzer meist, weniger teure werden offenbar schnell abgeschrieben. Allerdings muss eine Nachfrage im Hotel nicht binnen weniger Tage erfolgen, denn sämtliche Funde werden nicht nur aufgehoben, sondern zudem fein säuberlich mit allen Daten in einem Buch notiert.

Dann und wann finden sich allerdings eher ungewöhnliche Dinge. "Erst vor ein paar Wochen hat jemand drei Jagdmesser auf dem Zimmer liegen lassen", berichtet Kerkhoff. Aber auch Schmuck oder sogar ein Bügeleisen seien schon aufgetaucht, ins Fundbuch eingetragen und aufbewahrt worden. Nur bei wirklichen wichtigen Dingen wie einem Blutdruck-Messgerät werde der Besitzer kontaktiert; bei anderen Gegenständen sei das ein absolutes No-Go: "Wenn man einen BH findet, telefoniert man natürlich nicht hinterher - man könnte ja daneben liegen." Sprich: Wer weiß, ob der Gatte sich tatsächlich mit der ihm Angetrauten im Hotel aufhielt. Diskretion spielt in diesem Gewerbe eine große Rolle.

Doch Gäste vergessen nicht nur, sie nehmen ab und zu auch mit. "Beliebt sind Saunatücher", weiß Kerkhoff, dass die großen Tücher schon mal ungefragt den Besitzer wechseln. Zu Objekten der Begierde zählten früher auch Bademäntel, die heute aber nur noch bei Stammgästen auf dem Zimmer liegen und ansonsten auf Wunsch ausgehändigt werden. Aber selbst sperrige Dinge sind nicht vor einer Mitnahme gefeit. Vor einem halben Jahr verschwand der Fernseher aus einem Appartement. Da der Verlust in den weitläufigen Räumlichkeiten nicht unbedingt sofort auffällt und der Tag des Diebstahls so nicht exakt bestimmt werden konnte, musste Kerkhoff in den sauren Apfel beißen: "Wir haben einen neuen gekauft." Gleiches gilt für einen Beamer, der plötzlich nicht mehr an seinem angestammten Platz im Tagungsraum stand. Natürlich kommt es auch vor, dass Dinge unbeabsichtigt mitgenommen werden. "Uns haben schon Gäste per Paket ein Handtuch zugeschickt, das sie versehentlich eingepackt hatten", sagt Kerkhoff. Wer früher unwissentlich den Schlüssel mitnahm, hatte leichtes Spiel: Da einst Name, Adresse und Zimmernummer drauf standen, konnte der Gast den Schlüssel einfach in einen Briefkasten werfen - und schon stellte die Post ihn zu.

Das klappt inzwischen nicht mehr: Damit im Falle eines Verlustes unehrliche Finder keinen Zugang zum Hotel haben, ist das Metall längst nicht mehr bedruckt.

"Von A bis Z ist alles dabei", beantwortet Claudia Feldkeller, Geschäftsführerin des Flussbett-Hotels die Frage nach Gefundenem kurz und knapp. Um dann ins Detail zu gehen: "Adapter, Telefon, T-Shirt oder Duschgel - alles, was man mal eben noch braucht, ehe man den Koffer zumacht." In ihrem Hause spielt Diskretion ebenfalls eine große Rolle: "Deshalb telefonieren wir den Gästen grundsätzlich nicht hinterher." Vielmehr werden die Fundstücke nummeriert, wie vorgeschrieben ein halbes Jahr aufbewahrt und dann entsorgt.

Wenn Hoteleigentum das Haus ohne Einwilligung verlasse, handele es sich dabei in den meisten Fällen um Handtücher, Kleiderbügel, Badezimmer-Artikel oder das in jedem Zimmer ausliegende Buch mit Gute-Nacht-Geschichten. Auch Stifte, die mit dem Hotel-Logo versehen sind, seien durchaus beliebt - vermutlich als Souvenir. Manche würden solche Kleinigkeiten aber ohne böse Absicht mitnehmen, glaubt Feldkeller: "Sie denken vermutlich gar nicht darüber nach."

Kulturbeutel, Hausschuhe oder ein mit Bildern bedrucktes Kissen: die Liste der im Spexarder Hotel Waldklause vergessenen Dinge ist überschaubar. Noch seltener fehle etwas auf den Zimmern, sagt Inhaberin Carmen Stickling, die im vergangenen Monat aber doch einmal registrieren musste, dass aus einem Zimmer die Fernbedienung verschwand. "Das hat mich schon geärgert." Sie habe zwar einen Verdacht gehabt, wer das Elektrogerät mitgenommen habe - doch sicher sei sie sich nicht gewesen. Bei diesem Fall handele es sich ohnehin um eine Ausnahme: "Unsere Gäste sind ordentlich und nett." Das gilt übrigens für sämtliche Herbergen: Weiße Westen sind deutlich häufiger anzutreffen als schwarze Schafe.