Gütersloh

„Die Welle“ reißt das Publikum mit

Dramakurs des Evangelisch Stiftischen Gymnasiums begeistert mit Romaninszenierung

Die Gruppe grüßt: Die Schüler üben das Zeichen der Welle als neuen Gruß, Szene der Aufführung des Stücks „Die Welle“ durch den ESG Dramakurs. | © Rolf Birkholz

03.06.2015 | 03.06.2015, 18:49

Gütersloh. Ein Auflachen ganz zum Schluss setzte einen passenden Akzent auf die Thematik des Stücks „Die Welle“, das jetzt durch den Dramakurs des Evangelisch Stiftischen Gymnasiums im Theater aufgeführt wurde. Zunächst und eigentlich gibt es natürlich nichts zu lachen. Ein amerikanischer Geschichtslehrer behandelt mit seiner Schulklasse das „Dritte Reich“ und die Judenvernichtung. „Als ob so etwas je wieder passieren könnte!“, glauben sich die Schüler immunisiert gegen Mechanismen der Macht. Also startet Ben Ross ein Unterrichtsexperiment, über das er fast die Kontrolle verliert.

„Erfolg durch Disziplin“ lautet der erste Grundsatz von Ross (Moritz Westphal). Gerade sitzen, besser atmen, auf Fragen des Lehrers formelhaft korrekt antworten. Das hat die Klasse schnell gelernt. Die Football spielenden Jungen stellen Bezüge zum Sport her. „Als hätten sie darauf gewartet“, erkennt der Lehrer: Wenn sie Regeln beherrschen, verlangen sie gleich neue.

Und selbst der bislang gehänselte Außenseiter Robert (Hendrik Wenzel) wird in die neuen Gruppenstrukturen eingereiht. Es sollen ja alle gleich und gemeinsam stark sein. Unter der Regie von Britta Lange spulen die Schüler den Klassenversuch nach dem Roman von Morton Rhue in der Fassung von Reinhold Tritt Phase für Phase ab.

Sie wollen eine "Bewegung" werden

Zum noch besseren Zusammenhalt empfiehlt Ross als Erkennungszeichen ein Symbol, eben die Welle. Und gibt die nächste Parole aus: „Stärke durch Disziplin und Stärke durch Gemeinschaft“. Der Pädagoge stellt fest, dass die Schüler es mögen, wenn Entscheidungen für sie getroffen werden. Nun fehlt noch „Action“, gemeinsames Handeln. Und sie wollen mehr, eine „Bewegung“ werden.

Während alle fraglos mitmachen, sich in die Gemeinschaft einfügen, auch einander zu kontrollieren beginnen, und Robert den Lehrer zu ihrem „Führer“ ausruft, wird der Schülerzeitungs-Redakteurin Laurie (Maresa Buch) die Sache unheimlich. Sie sieht ihre Mitschüler „wie hypnotisiert“. Ein jüdischer Junge wird verprügelt, Laurie selbst wegen eines kritischen Artikels angegriffen.

Information

Das Ensemble

Die weiteren Mitwirkenden: Robin Förder, Felix Rode, Maurice Much, Jacqueline Stucke, Nico Lamkemeyer, Marie-Sophie Eggersmann, Roza Aloyan, Charlotte Tielemann.

Auch diese Abteilung des Dramakurses hat ihr Stück mit großen Kulissenfotos ausgestattet. Sie zeigen, nahe liegend, etwa die Mensa oder die Mediothek des ESG, verknüpfen so nebenbei die beiden Schulwelten miteinander. Denn das Experiment von Mr. Ross ist je kein rein amerikanisches, sondern könnte sich auch so in Deutschland abspielen.

Jemand lacht auf

Als es ihm über den Kopf zu wachsen droht, seine Frau (Marie-Claire Gebauer) zum Abbruch drängt, der Direktor (Marius Rahmann) mit Entlassung droht, will Ross es so beenden,„dass sie es selbst begreifen“. Er beruft eine Versammlung der „Welle“ ein, um der Gruppe ihren eigentlichen „Führer“ zu präsentieren. Ein Foto von Adolf Hitler erscheint im Hintergrund. Jemand lacht auf.

Diese Reaktion verweist auf die Ausgangssituation: Das könne ja wohl nicht mehr passieren. Sicher: Ein Hitler hätte bei einem Diktatoren-Casting kaum eine Chance. Die totalitären Strukturen indes, die ihn an der Macht hielten, sind womöglich auch heute zu schaffen. Was zu beweisen war.