Bielefeld. Gewalt gegen Kinder ist gesetzlich verboten. Und doch kommt es immer wieder vor. Eine besorgte Passantin meldete sich nun bei der Neuen Westfälischen, nachdem sie beobachtet hatte, wie Eltern ihrem kleinen Jungen körperliche Gewalt antaten. Was Bürger in solch einem Fall für das Kind tun können, wissen viele nicht. Anke Berkemeyer vom Jugendamt und Polizeisprecher Michael Kötter klären auf.
Es ist keine schöne Situation, die Petra Meier (Name geändert) kürzlich beobachtete: Eltern kneifen auf offener Straße ihrem etwa drei Jahre altem Sohn so fest ins Ohr, dass er laut Meiers Aussage ganz rot wird. Die Eltern schreien ihn an, der Junge brüllt.
Meier spricht die Eltern auf ihr Verhalten an, woraufhin diese sauer reagieren und ihr verbieten, sich einzumischen. Gerne hätte Meier, ehemalige Erzieherin, eine Anzeige erstattet, doch dafür fehlten ihr die Kontaktdaten. Eine Situation, in der sicherlich viele Passanten schon einmal waren. Und doch fällt es vielen schwer, einzuschätzen, ob und wie sie handeln sollten.
Körperliche Gewalt an Kindern ist grundsätzlich verboten, sagt Polizeisprecher Michael Kötter. Dazu zählt das Kneifen genauso wie die Ohrfeige. In diesem Fall können sich Passanten direkt an die Polizei wenden. „Hier handelt es sich um Körperverletzung und das ist eine Straftat, die eine Anzeige mit sich bringt", sagt Kötter.
Umso wichtiger sei es, dass beim Eintreffen der Polizei die Täter noch vor Ort sind, damit die Beamten die Personalien aufnehmen können. Genauso wichtig seien Zeugen oder eine detaillierte Täterbeschreibung. Grundsätzlich, so Kötter, können sich Menschen immer bei der Polizei melden, ein ungutes Gefühl reiche aus.
Eine weitere Möglichkeit ist, sich während der Geschäftszeiten an das Bürgerservicecenter der Stadtverwaltung zu wenden (siehe Infokasten), das den Anruf in dringenden Fällen an das Tagesbereitschaftshandy des Jugendamtes vermittelt.
„Werden Passanten beispielsweise auf Bettlerkinder aufmerksam, fahren wir direkt raus", sagt Anke Berkemeyer, Leiterin des Geschäftsbereichs Erzieherische Hilfen. Sinnvoll sei auch, Menschen, die auffällig Kindern gegenüber sind, empathisch auf ihr Verhalten anzusprechen. Helfe das nicht, sei ein Anruf zu viel, besser, als einer zu wenig.
97 Hinweise auf Kindeswohlgefährdung beziehungsweise dementsprechender Beratungsbedarf zählte die Fachstelle Kinderschutz im Jahr 2015. Ein Jahr zuvor waren es 302 Anfragen, im Jahr 2010 noch 117. In den meisten Fällen stammen die Hinweise von Bürgern und sozialen Institutionen wie Kita und Schule. Berkemeyer führt den Anstieg der Anfragen darauf zurück, dass die Menschen immer wachsamer werden.
In 26 Prozent der Fälle 2015, in denen Hinweise auf Kindeswohlgefährdung eingegangen sind, wurden Angebote der Frühen Hilfen vermittelt. Darunter Hebammen oder Patinnen für die Familien. In 16 Prozent kam es zu einer Überprüfung einer eventuellen Kindeswohlgefährdung, in 48 Prozent reichte eine Erstberatung aus.
Auch die Fachstelle Kinderschutz ist ein erster Ansprechpartner. Hier können sich Bürger auch anonym über eine beobachtete Situation beraten lassen: (05 21) 55 55.
Außerhalb der genannten Öffnungszeiten gibt es für Meldungen einer Kindeswohlgefährdung einen Notdienst, der über die Leitstelle der Feuerwehr zu erreichen ist: (05 21) 51 23 01.