Ende eines besonderen Bielefelder Friseursalons: „Solidarschnitt“ muss schließen

Bielefeld. Waschen, schneiden, föhnen – zehn Euro? Was klingt wie ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten, gab es bis Ende Juni dieses Jahres in Bielefeld. An der Werner-Bock-Straße 13 konnten Bielefeld-Pass-Inhaberinnen und Inhaber sich im Friseursalon &bdquo;Solidarschnitt“ zu einem vergünstigten Preis die Haare schneiden lassen. Seit Juli geht das nicht mehr, weil der Salon geschlossen hat – sehr zum Unmut ehemaliger Kundinnen und Kunden. Eine von ihnen ist Klaudia B. Die 63-Jährige ist Frührentnerin, &bdquo;wegen einer Behinderung“, erzählt sie. Sie bekomme nur eine kleine Rente, ihr Mann ebenfalls. Zusätzlich stocken sie auf mit Wohngeld. Normale Friseurbesuche wären für sie Luxus. Daher habe sie das Angebot des Solidarschnitts gerne genutzt. Lesen Sie auch: Preiswert-Salon in Bielefeld eröffnet: Hier gibt es einen Haarschnitt für nur acht Euro Den Salon entdeckte sie vor Jahren durch Zufall. &bdquo;Damals habe ich noch gearbeitet“, sagt sie. Auch ohne Bielefeld-Pass konnte Klaudia B. dort einen Termin vereinbaren, zahlte dann aber den vollen Preis. Zuletzt wären das für ihr Standardprogramm – waschen, schneiden und föhnen bei kurzem bis mittellangem Haar – 23 Euro gewesen. &bdquo;Auch der volle Preis war günstiger als in regulären Friseursalons“, sagt sie. Solidarischer Friseursalon in Bielefeld war gemeinnütziges Projekt Das ging nur, weil der &bdquo;Solidarschnitt“ kein Friseursalon im klassischen Sinn war, sondern ein gemeinnütziges Projekt. Schirmherrin war die GAB, eine Tochtergesellschaft der Stiftung Solidarität. Auch Menschen, die wenig Geld haben, sollte so ein Friseurbesuch ermöglicht werden. Die Belegschaft selbst soll überwiegend aus Friseurinnen bestanden haben, deren Stellen vom Jobcenter gefördert waren. Seit Anfang des Jahres sei die Meisterin des Salons aber allein gewesen, erzählt Klaudia B. Das läge nicht am Unwillen der Betreiber oder des Jobcenters, erklärt Selcuk Icen, Leiter der GAB. &bdquo;Wir hätten die geförderten Stellen gerne mit neuen Friseuren gefüllt“, erklärt er. &bdquo;Der Arbeitsmarkt ist aber nun mal so, wie er ist, und es gab einfach keine Nachrücker.“ Das Jobcenter machte aus datenschutzrechtlichen Gründen dazu keine weiteren Angaben. Friseure ohne Förderung einzustellen, sei schlicht zu teuer gewesen. &bdquo;Wir sind gemeinnützig, wir wollen keinen Profit machen. Wir können aber auch nicht endlos ins Defizit gehen.“ Zum Ende hin habe der Salon auch mit nur einer regulär angestellten Meisterin Minus gemacht. Grund für die Schließung ist Personalmangel Die habe inzwischen aus gesundheitlichen Gründen gekündigt, weswegen der Salon schließen musste. Auch hier gibt es Probleme bei der Nachbesetzung. &bdquo;Wir suchen händeringend nach einer neuen Meisterin, finden aber einfach keine“, erklärt Icen. Stattdessen eine Friseurgesellin einzustellen, sei keine Option. Wie jeder andere Handwerksbetrieb auch, brauche jeder Friseursalon einen Meister oder eine Meisterin. Ohne sei der Betrieb nicht erlaubt. Die Meisterstelle werde im Solidarschnitt regulär nach Tarif bezahlt. &bdquo;Sobald wir jemanden gefunden haben, machen wir wieder auf“, versichert Icen. Ob der Salon eine neue Meisterin findet, ist unklar. Bis dahin heißt es für Klaudia B. und viele andere ehemalige Kunden: abwarten. Die Schließung war für sie ein Schock. &bdquo;Als ich davon gehört habe, schoss mir nur das berühmte Sch-Wort in den Kopf“, erinnert sie sich. Seitdem war sie nur einmal beim Friseur, früher ging sie alle sechs bis acht Wochen. 38 Euro statt der beim Solidarschnitt üblichen zehn Euro habe sie bei ihrem neuen Friseur bezahlt. Das mache sich in ihrem Portemonnaie bemerkbar. &bdquo;Wir müssen an allem anderen sparen, auch an Lebensmitteln.“ Mehr zum Thema: Bielefelder Friseurmeister setzt auf Wellness für Haar und Haut 65 Kunden im letzten Salon-Monat Klaudia B. wünscht sich mehr solcher Angebote für finanziell schwächere Menschen. &bdquo;Wir mit wenig Einkommen müssen selbst aktiv werden und Dinge einfordern“, sagt sie. Fürs Erste hofft sie, dass der Salon bald wieder aufmachen kann. &bdquo;Ich vermisse das sehr.“ Etwa 65 Kunden habe der Salon im letzten Monat gehabt, sagt Icen. Auch er hofft, dass sie diese Kunden im Salon beim Kesselbrink bald wieder preiswert frisieren können.

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