Nach dem Sprengstoffanschlag in Bielefeld: Was das mit dem Fall Nimani zu tun hat

Bielefeld. Der Schock über den offensichtlichen Sprengstoffanschlag auf einen Bielefelder Barbershop ist rund um die Otto-Brenner-Straße groß. Nicht nur der 28-jährige Besitzer ist entsetzt über die Zerstörung, sondern auch die Anwohner, die den jungen Barbier als freundlichen Mann kennengelernt hatten. Nun kommen Zweifel auf. Und alle fragen sich: Was hat der Anschlag mit dem Fall Nimani zu tun? Und welche Rolle spielt der Friseur dabei? Eine ohrenbetäubende Detonation hatte die Menschen um 3.18 Uhr am Donnerstagmorgen, 25. September, an der Hauptverkehrsstraße aus dem Schlaf gerissen. Jemand soll einen Sprengsatz in die Schaufensterscheibe des Barbershops geworfen haben und anschließend mit quietschenden Reifen vom Tatort geflüchtet sein. Kurz darauf detoniert die Sprengladung und zerstört vor allem die Glasscheiben und die vordere Fassade des Barbershops. Ein Heizkörper, der direkt am Fenster steht, fängt die Wucht der Explosion nach innen weitestgehend ab. Trotzdem ist die Zerstörung beträchtlich. Bielefelder Barbier, Ex-Profi-Boxer und Ex-Mitarbeiter Wer macht so etwas? Dass ein unzufriedener Kunde auf so brutale Weise auf eine misslungene Frisur reagiert, dürfte unwahrscheinlich sein. Der 28-jährige Barbier ist aber auch ehemaliger Profiboxer. Er gewann in seiner kurzen Karriere sechs von sechs Kämpfen. Den siebten verlor er, weil er nicht mehr in den Boxring gestiegen war. An diesem Tag war sein Mentor, Geschäftspartner und enger Freund in der Bielefelder Altstadt erschossen worden: Besar Nimani. Zum Thema: Explosion in Barbershop: Bielefelder Polizei prüft Zusammenhang zum Fall Nimani Dass in einem Milieu, in dem offensichtlich Schusswaffen gang und gäbe sind, auch Sprengsätze denkbar sind, ist klar. Doch was hat der junge Barbershop-Betreiber damit zu tun? Im Gerichtsverfahren gegen den Mörder von Nimani sagte er als Zeuge aus. Denn er war nicht nur mit dem Deutsch-Kosovaren eng befreundet, er war auch sein Mitarbeiter in dem Kiosk an der Heeper Straße, in dem 2022 die blutige Fehde zwischen zwei Familien seinen Ursprung genommen haben soll. Damals führte Nimani den Kiosk zusammen mit einem Geschäftspartner. Der damalige Partner ist nach Angaben der Zeugen in dem Prozess der Bruder des später wegen Mordes an Besar Nimani verurteilten Hüseyin A.. Über den Ursprung und die Gründe für diesen Streit gibt es viele Geschichten. Der Strafprozess am Landgericht Bielefeld konnte die genauen Hintergründe dazu nie aufklären. Viele Gerüchte über einen ernsten Streit im Kiosk Die Ermittler gehen davon aus, dass es 2022 mehrfach körperliche Auseinandersetzungen dort gegeben haben soll. Bei einer Prügelei soll Besar Nimani seinem Geschäftspartner nicht beigestanden haben. Hüseyin A. soll darüber sehr wütend gewesen sein, dass Nimani seinem Bruder nicht geholfen habe. Eine andere Geschichte erzählt, dass Nimani Hüseyin A. und den als Mittäter verdächtigen Ayman Kirit mit den Fäusten vor die Tür des Kiosks gesetzt haben soll. Ob es damals um Drogen ging, die Nimani in seinem Kiosk nicht duldete, wie sein Bruder behauptete, ist bis heute ungeklärt. Offenbar waren Prügeleien in dem Kiosk keine Seltenheit. Der heutige Barbier dürfte als Kioskmitarbeiter vieles davon mitbekommen haben. In einem Fall war er mit Nimani sogar direkt beteiligt. Später wurde er dafür zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Dass er loyal an der Seite seines sportlichen Mentors stand, war auch bekannt. Lesenswert: Alle News und Hintergründe zum Fall Nimani Möglicherweise ist der Gesichtsverlust, den Hüseyin A. und sein noch flüchtiger Komplize Ayman Kirit bei ihrem Rauswurf durch Besar Nimani erlitten haben sollen, so groß, dass sie nicht nur dem bekannten Boxer nach dem Leben trachteten, sondern auch Rachegefühle gegenüber dem Kioskmitarbeiter hegten. Der Streit zwischen den beiden Seiten soll damals so bedrohlich geworden sein, dass Nimani den Kioskvertrag noch 2022 kündigte. Besar Nimani und sein Kumpel wollten die Branche wechseln Der Boxer und sein Mitarbeiter hatten daraufhin eigentlich geplant, die Branche zu wechseln und gemeinsam einen Barbershop zu eröffnen. Das jedenfalls berichtet der 28-Jährige bei der Eröffnung seines Traums im Februar 2025 an der Otto-Brenner-Straße. Mehr zum Thema: Bielefelder eröffnet neuen Barbershop – in Gedenken an getöteten Ex-Boxer Nimani Doch im März 2024 wurde Besar Nimani auf offener Straße hingerichtet. Sein Partner musste sich sein Geschäft also ganz alleine aufbauen, widmete seinem toten Freund und Geschäftspartner den neuen Laden und stellt sich dabei ganz bewusst erneut auf die Seite von Nimani. Nun steht er sprichwörtlich vor den Trümmern seiner neuen Existenz. Einschüchterung als Zeuge gilt als unwahrscheinlich Die Polizei hält sich anfangs der Ermittlungen noch sehr bedeckt, ermittelt aber in alle Richtungen. Auch einen Tag nach der Tat geht die Kripo nicht mit weiteren Zeugenaufrufen an die Öffentlichkeit, wie Behördensprecher Fabian Rickel mitteilt. Wie berichtet, war Zeugen ein Fluchtfahrzeug aufgefallen. Der Kripo sind die Verwicklungen des Barbershop-Besitzers in den Bielefelder Blutrache-Krieg rund um Besar Nimani durchaus bewusst. Dass der 28-Jährige eingeschüchtert werden sollte, scheint aber unwahrscheinlich. Im aktuell laufenden Prozess gegen Nimanis Bruder Berat, der im Februar 2025 mehrfach auf Angehörige des Mörders seines Bruders geschossen haben soll, ist der Barbier nicht als Zeuge vorgesehen. Er soll sich nach dem Tod seines Freundes aus dem Milieu weitestgehend zurückgezogen und auf sein neues Geschäft konzentriert haben. Die Ermittlungen in dem Fall dauern an. 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