
Bielefeld. Neue Hoffnung für das Bielefelder Filmmuseum „MuMa-Forum“: Die Stiftung Tri-Ergon Filmwerk, die das Museum seit Anfang 2022 in Hillegossen betrieben hat, konnte den im Mai 2025 gestellten Insolvenzantrag zurückziehen. Mithilfe des vorläufigen Insolvenzverwalters Yorck Streitbörger sei es gelungen, „einen Aufhebungsvertrag mit der Vermieterin zu schließen und einen Verzicht auf sämtliche Forderungen zu erreichen“, teilte Stiftungsvorstand Holger Schettler mit. Dabei ging es um offene Forderungen in Höhe von gut 74.000 Euro.
Wie Rechtsanwalt Yorck Streitbörger bestätigte, habe die Vermieterin in Anrechnung der von Stiftung und MuMa-Forum geleisteten Umbauten und Renovierungen nicht nur auf ihre Forderungen verzichtet, sondern am Ende noch einen Geldbetrag an die Stiftung überwiesen. Zur Einigung gehört allerdings auch der Auszug des „Museum für Filmkunst und Filmtechnik“ aus den Räumlichkeiten an der Walter-Werning-Straße: Der Standort sei vereinbarungsgemäß inzwischen geräumt worden, sagte Schettler. Jetzt werde für das MuMa-Forum, das den Bielefelder Filmschaffenden Friedrich Wilhelm Murnau (Regisseur) und Joseph Massolle (Toningenieur und Filmproduzent) gewidmet ist, nach neuen Räumen gesucht, „am liebsten innenstadtnah“, so Schettler.
Beinahe wäre die Suche schon erfolgreich gewesen: Die Museumsmacher hatten Kontakt zum Frankfurter Büro der Münchener „ec Advisors GmbH“ aufgenommen. Dahinter verbirgt sich laut Eigenwerbung des Unternehmens „ein hochspezialisierter Asset Manager für Immobilien in Deutschland“, also eine Verwaltungsgesellschaft. Diese Firma hat derzeit auch eine ganz besondere Immobilie im Herzen von Bielefeld unter ihren Fittichen, nämlich den Komplex des einstigen Kinotempels „Cinestar“ an der Zimmerstraße, also hinter dem Loom. In der Coronakrise war das Kino endgültig geschlossen worden.
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„Cinestar“-Komplex steht seit mehr als fünf Jahren leer
Das seit mehr als fünf Jahren leer stehende Gebäude verfügt über zehn Kinosäle mit insgesamt 2.300 Sitzplätzen. Eine ganze Etage mit vier Kinosälen hätte der vierköpfige Vorstand der Tri-Ergon-Stiftung gern langfristig gemietet und mit Leben gefüllt: Welcher Ort könnte besser sein für ein Filmmuseum als ein altes Kino? „Anfangs sah es auch gut aus“, erinnert sich Schettler. Einer der Säle wäre als Vorführraum erhalten geblieben, aus den anderen Sälen wären die Sitzreihen und der gestufte Boden ausgebaut worden. Aber dann sei nur ein Vertragsangebot mit dreimonatiger Kündigungsfrist gekommen – keine Option für den aufwendigen Einbau eines ganzen Museums.
Das Erlebnis wirft ein Schlaglicht auf das Schicksal des Gebäudes. In die Suche nach einer neuen Nutzung ist auch die Stadt eingebunden, und klar ist, dass ein Ende des Leerstands im Rathaus auf Begeisterung stoßen würde. Doch über konkrete Ideen, über gegebene Möglichkeiten und entgegenstehende Hürden wird bisher wenig gesprochen. Ein Mitarbeiter der Immobilienverwaltungsfirma, die als besondere Stärke auf ihrer Webseite „die Realisierung von maßgeschneiderten Büroflächen“ nennt, deutete auf Nachfrage nur vage einige Knackpunkte an. Zitiert und namentlich genannt werden will der Vermögensverwalter aber nicht, und auch die ec Advisors GmbH würde wohl am liebsten nicht erwähnt werden.
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Auf der Hand liegt unterdessen, dass das Kinocenter nicht wieder zum reinen Kinocenter wird. Auch eine Nutzung als Shopping-Center dürfte angesichts der Probleme im stationären Einzelhandel wenig realistisch sein. Für eine Nutzung als Büroraum wären wohl intensive Umbauten nötig, vielleicht der Einbau von Fenstern und zusätzlichen Zugängen und Treppenhäusern. Auch Brandschutzauflagen müssten dem Vernehmen nach neu ins Kalkül gezogen werden. Ob eine Vermietung einzelner Gebäudeteile möglich ist, scheint unklar – das geringe Interesse, eine einzelne Cinestar-Etage längerfristig zu vermieten, spricht dafür, dass zunächst eine umfassende Komplettlösung gesucht wird.
MuMa-Sammlung konnte kostenlos eingelagert werden
Die Tri-Ergon-Stiftung sucht einstweilen eine neue Adresse für ihr Kinomuseum. Immerhin, für die umfangreiche Sammlung, die von alten Kameras und Projektoren bis hin zu legendären Plakaten reicht und über deren Umfang selbst Rechtsanwalt Streitbörger staunte, sei mit dessen Hilfe eine kostenlose vorläufige Lagerstätte gefunden worden.
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Und Schettler verweist auf eine Studie des „Instituts für Museumsforschung“, der zufolge die jährliche Wertschöpfung der deutschen Museen um 70 Prozent höher sei als die Ausgaben der öffentlichen Hand für die Museen. Sie schaffen zudem Bildung und bringen Arbeitsplätze. „Museen lohnen sich“, glaubt Schettler daher, erst recht angesichts des Sparzwangs in vielen Kulturbereichen.
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