„Wie ein Stich ins Herz“: Bielefelderin tief getroffen von Diebstahl ihrer Hermès-Taschen

Bielefeld. Bei einem aufsehenerregenden Einbruch in Senne wurden aus der privaten Wohnung von Senada und Roland Berwe insgesamt 38 Hermès-Luxus-Handtaschen, Kelly Bags und Birkin Bags, gestohlen. Die Täter verschafften sich gezielt Zugang zu zwei Räumen, in denen die Taschen gelagert waren. Hinweise deuten auf Ortskenntnis und eine gezielte Auftragsarbeit hin. Die Polizei ermittelt, bislang wurden keine Tatverdächtigen gefasst. Frau Berwe, was bedeuten Ihnen Hermès-Taschen? Senada Berwe: Es ist schon etwas Besonderes. Wenn ich ehrlich bin, hätte ich nie gedacht, dass ich einmal so betroffen sein würde. Für mich ist es ein Stich ins Herz. Wenn es um Hermès geht, ist das nicht nur ein Hobby. Es ist mein Kunstwerk. Schon als junges Mädchen war ich in diese Taschen verliebt. Ich habe mir gesagt: Irgendwann schaffe ich mir eine an. Das dauerte, aber als ich meine erste Kelly gekauft habe, war ich stolz wie Oskar. Was hat sie die Anschaffung gekostet? Senada Berwe: Ich habe damals 5.000 Euro bezahlt und dafür drei Jahre keinen Urlaub gemacht. Ich war so stolz. Ich vergesse das nie. Ich war unterwegs mit meiner Kelly, und jemand sprach mich an: &bdquo;Wow, was für eine schöne Tasche! Das ist doch die Kelly-Bag aus Paris.“ Ich war unglaublich stolz. &bdquo;Was willst du mit 38 Taschen?“ Vor dem Einbruch besaßen Sie 38 hochwertige Taschen. Manche fragen: Muss eine Frau so viele haben? Senada Berwe: Manche nennen mich Luxusweib. Aber wenn mir einer sagt: &bdquo;Du blöde Tusse, was willst du mit 38 Taschen?“, dann sage ich: Ich habe so lange gearbeitet, dass ich mir das leisten kann. Mein Ziel war, bis 50 Taschen zu kommen. Dann höre ich auf, weil ich dann genug habe. Das war immer mein Kapital für das Alter. Herr Berwe, kann eine Hermès-Tasche eine Geldanlage fürs Alter sein? Roland Berwe: Ja. Vor zehn Jahren kostete eine neue Tasche 3.500 Euro. Heute 10.500. Das ist eine gute Rendite. Und weil die Taschen so teuer geworden sind, gibt es auch für gestohlene Ware einen Markt. Das ist bares Geld, wie bei einer Rolex-Uhr. Hermès erhöht jedes Jahr die Preise, und die Nachfrage – besonders in Fernost und im Nahen Osten – steigt weiter. Über längere Zeiträume verdoppeln oder verdreifachen sich die Einstandspreise. Alles, was man vorher gekauft hat, wird automatisch mehr wert. Es ist wie bei guten Oldtimern. Wie exklusiv ist denn das Unternehmen Hermès? Roland Berwe: Ein sehr konservatives Unternehmen. Die Taschen, die sie heute machen, fertigen sie seit 40 oder 50 Jahren. Früher haben sie Pferdesättel und Zaumzeug hergestellt, angeblich sogar für Napoleon. Auf dieser Basis sind sie gewachsen. Die Nachfrage hat Hermès über Kelly und später die Birkin befeuert. Ein Originalstück wurde kürzlich für 8,5 Millionen Euro versteigert. Handtaschen in Bielefeld erbeutet: Dreister Diebstahl von 38 sündhaft teuren Hermès-Taschen &bdquo;Nachher ist man immer klüger“ Könnte Hermès irgendwann &bdquo;die Schotten dicht machen“? Roland Berwe: Nein. Das Unternehmen ist sehr stark an der Börse. Der Wert liegt bei 250 Milliarden Euro – mehr als die gesamte deutsche Automobilindustrie. Ob das gesund ist, kann ich nicht beantworten. Aber Hermès macht enorme Erträge. Nach Steuern bleiben fast 44 Prozent Gewinn. Das ist außergewöhnlich. Frau Berwe, Sie haben die Taschen, einen Schatz, zu Hause ungeschützt aufbewahrt? Hätten Sie ihn nicht besser sichern müssen? Senada Berwe: Nachher ist man immer klüger. Ich habe an die Menschen geglaubt. Wir sind von der City nach Senne gezogen, weil es dort sicherer und ruhiger ist. Ich habe mir nie Gedanken gemacht über Einbrüche. Ich habe Taschen oft spontan gekauft – wenn ich unterwegs war, sah ich etwas und dachte: &bdquo;Das nehme ich mit.“ Ich bin ein fröhlicher Mensch und habe nie überlegt, dass jemand einfach so hereinspaziert und die Taschen raubt. Wie hat der Einbruch Sie verändert? Senada Berwe: Mein Vertrauen in die Gesellschaft ist stark gesunken. Wenn mich jemand anschaut, denke ich sofort: Der hat etwas damit zu tun. Ich habe keine Ruhe, verstecke mich, will niemanden sehen. Freunde wollen mich besuchen, aber ich blocke das ab. Ich bin enttäuscht von der Gesellschaft. Besonders schlimm sind Kommentare im Netz: &bdquo;Wie kann man 38 Taschen zu Hause haben?“ – Die Leute kennen mich nicht. Was geht sie das an? Einbrüche trotz Sicherheitsvorkehrungen Viele Prominente haben auch trotz Alarmanlage und Kameras Einbrüche erlebt. Senada Berwe: Genau. In Düsseldorf wurde bei einer Prominenten eingebrochen, obwohl sie alles gesichert hatte. Trotzdem kam jemand rein und nahm alles mit. Ist sie schuld? Natürlich nicht. Roland Berwe: Noch einmal zu den Erträgen von Hermès und dessen Preisen, rein wirtschaftlich gesehen. Mit dem Geld, das man für Taschen ausgibt, werden Löhne gezahlt, Arbeitsplätze geschaffen, Investitionen getätigt. Hermès hat sogar Probleme, Fachkräfte zu finden, die mit Nadel und Leder arbeiten können. Frau Berwe, Sie haben in Bielefeld für das Modegeschäft Nolte gearbeitet, mit Bezug zu Hermès. Senada Berwe: Ja, ich fing 1997 bei Frau Nolte an. Sie holte mich aus einem anderen Geschäft. Ich machte dort den Einkauf, später auch für Hermès. Ich war mit ihr in Paris und Mailand, wir haben gemeinsam gearbeitet. Das hat Spaß gemacht. Viele Bielefelder Familien kenne ich bis heute, und sie waren mit meiner Beratung zufrieden – gerade was die hochwertigen Produkte von Hermès anbelangt. Ich habe für Kunden eingekauft, nicht für mich. Diese Arbeit hat meine Liebe zu Hermès noch verstärkt. Sie haben auch eine schwere Krankheit überlebt. Senada Berwe: Ich hatte Krebs, ein äußerst seltenes Karzinom. Mein Arzt sagte damals: &bdquo;Die schafft nur noch zwei Monate, die können wir abschreiben.“ Aber ich hatte Glück. Ärzte und Professoren in Bielefeld haben alles versucht, mich zu retten. Ohne die großartigen Mediziner wäre ich nicht hier. Ich musste viele OPs und Chemotherapien überstehen. Aber ich habe es geschafft. Ich war die einzige Frau in Deutschland mit dieser Form von Krebs, die überlebt hat. Roland Berwe: Viele Ärzte wollten sie gar nicht operieren – zu riskant. Nur einer hat es getan. Dieses Erlebnis zu verarbeiten braucht Zeit Hat dieses Erlebnis Ihre Leidenschaft für schöne Dinge verstärkt? Senada Berwe: Ja. Wer so etwas erlebt hat, kann sich für besondere Dinge begeistern. Wollen Sie Ihre Sammlung wieder aufbauen? Senada Berwe: Zwei Taschen sind mir geblieben. Eine hatte ich im Urlaub mit, die andere lag in einem Schuhkarton zu Hause und wurde von den Einbrechern übersehen. Ich muss mich nach diesem Erlebnis erst einmal wieder sammeln. Momentan denke ich nicht daran. Ich brauche Zeit, um das zu verarbeiten. Hermès-Handtaschenraub in Bielefeld: Darum ließen Diebe eine teure Handtasche zurück Haben Sie eine Vorstellung, wer eingebrochen ist? Roland Berwe: Für mich sieht es nach Auftragsarbeit aus. Die Beute war vermutlich schon verkauft, bevor die Täter ins Haus kamen. Sie hatten Ortskenntnis, wussten genau, wo die Taschen lagen. Senada Berwe: Ich kann viele verdächtigen, aber das bringt nichts. &bdquo;Fakt ist, es wird uns viel Geld kosten“ Waren die Taschen versichert? Senada Berwe: Nur über die Hausratversicherung. Aber die deckt nicht alles. Wir warten auf einen Gutachter der Versicherung. Fakt ist, er wird eine Zahl festlegen und es wird uns auf jeden Fall viel Geld kosten. Was haben Sie daraus gelernt? Senada Berwe: Ich trage jetzt nur noch Plastiktüten. Spaß beiseite: Ich bin misstrauisch und kritischer geworden. Statt schöne Reisen zu unternehmen, haben sie lieber Taschen gekauft? Senada Berwe: Ja. Ich habe immer gesagt: lieber eine Tasche als eine Reise. Eine Kreuzfahrt ist vorbei, eine Tasche bleibt. Mein Vater hat mir beigebracht, mit Geld sparsam umzugehen. Ich überlege heute dreimal, bevor ich etwas kaufe. Aber wenn ich es tue, weiß ich, dass es richtig ist. Reisen brauche ich nicht. Wenn, dann fahre ich nach Bayern oder selten nach Bosnien, mein Geburtsland. 📱 News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW-Bielefeld

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