Künftiger Bielefelder Lehramtsstudent gibt seiner Stadt eine Vier minus – sieht aber Potenzial

Bielefeld. Mit seinen 18 Jahren ist Linus Runge der jüngste Teilnehmer der NW-Sommergespräche zur Frage &bdquo;Droht Bielefeld der Abstieg?“. Zu seiner Heimatstadt hat der Gadderbaumer eine klare Position. &bdquo;Die Stadt hat unglaublich viel Potenzial, ein gutes soziales Miteinander, aber sie schöpft ihr Potenzial anderseits leider nicht wirklich aus“, fasst der ehemalige Schülersprecher der Stadt seine Sichtweise auf Bielefeld zusammen. Deshalb vergebe er zwar eine 1 für das Potenzial, aber nur eine 4- für dessen Ausschöpfung, fügt der künftige Lehramtsstudent an der Uni Bielefeld an. Besonders im Bereich Bildung sieht Runge, der ab Oktober Sozialwissenschaften und Latein studieren wird, Bielefeld nicht auf der Höhe der Zeit. Schulbauten würden viel zu spät fertig – &bdquo;wie zum Beispiel die vier versprochenen neuen Grundschulen, die aber immer noch auf sich warten lassen“. Der Ausbau des Gymnasiums am Waldhof sei durch das Hin und Her in der Frage des Ankaufs des Haus des Handwerks auf die lange Bank geschoben worden. &bdquo;Das ist ein Paradebeispiel für die schlechte Kommunikation in Bielefeld und ein undurchdachtes Vorgehen“, kritisiert Runge, der sich bereits seit drei Jahren bei den Jungen Liberalen (Julis), der Jugendorganisation der FDP engagiert. Aber auch die in diesem Jahr erneut wiederaufgekommene Debatte über die Mehrklassenbildung an den Realschulen zeuge vom mangelnden Lösungswillen der rot-grün-roten Ratskoalition bei Beschulungsproblemen in dieser Stadt, die bereits viel zu lange schwelen. &bdquo;Während alle dafür sind, Mehrklassen an den Realschulen zu bilden, hat die Koalition das Thema erneut abgeblockt und auf die lange Bank geschoben“, sagt Runge. Die Folge: Eltern karrten ihre Kinder kreuz und quer durch die Stadt. Er verstehe nicht, dass Bielefeld die Schulpolitik nicht besser hinkriege. Auch interessant: Falsche Zahlen – Großer Ärger um extrem gefragte Realschulplätze in Bielefeld Unsicherheitsgefühl bei jungen Menschen steigt auch Aber auch mit der Verkehrs- und der Sicherheitspolitik laufe das ja nicht viel besser. &bdquo;Mehrere ältere Teilnehmer der Sommergespräche haben ja bereits beklagt, dass das Sicherheitsgefühl in Bielefeld nachgelassen habe. Ich kann nur sagen, jungen Menschen geht das auch so“, betont Runge, der als Barista im Kunsthallen-Café jobbt und sich gut vorstellen kann, später mal ein eigenes Café in der City aufzumachen. Vor allem Freitag- und Samstagabends machten sich viele Gedanken, ob sie noch sicher rausgehen könnten, beklagt er. Boulevard, Jahnplatz, Kesselbrink und die Tüte würden als besonders unsichere Orte erlebt. &bdquo;Freunde von mir steigen an der Tüte nicht mehr um“, sagt er, um diesen Ort zu meiden. &bdquo;Ich bin daher klar dafür, dass die Stadt besonders an diesen Tagen die Präsenz von Polizei und Ordnungsamt deutlich hochfährt.“ Das sei das Einzige, was Wirkung zeige. Auch mobile Wachen vor Ort könnten Wirkung zeigen. Dass Waffenverbotszonen wirklich helfen, bezweifelt Runge eher, und mit Videoüberwachung hat der künftige Student so seine Probleme, &bdquo;weil damit alle erfasst werden“. &bdquo;Doch warum stationiert man nicht eine Einheit des Ordnungsamts im Grünen Würfel auf dem Kesselbrink?“, fragt Runge. Das würde doch das Sicherheitsgefühl dort gleich erhöhen. Zudem könnten parallel dazu Beratungsangebote in dem Gebäude etabliert werden. Denn natürlich sei es auch wichtig, Menschen aus diesen Szenen herauszuhelfen – &bdquo;durch mehr Streetworker zum Beispiel und solche Anlauforte“. Lesen Sie auch: Mein Ortscheck OWL: Alle Ergebnisse im Überblick Bikelane an der Artur-Ladebeck-Straße ist &bdquo;irrsinnig“ Beim Thema Verkehr widerspricht Runge der Idee von Michael Holuch aus dem achten Sommergespräch, Auto- und Radverkehr auf eine Fläche zu bringen. &bdquo;Ich bin klar dafür, die Verkehre getrennt zu führen“, sagt er. Das sei sicherer. Rohrteichstraße und Ehlentruper Weg zu Radstraßen zu machen, sei eine gute Lösung. &bdquo;Solche Lösungen sollten bevorzugt verfolgt werden“, betont Runge, der gerne Sport treibt. &bdquo;Aber nicht solche Irrsinnigkeiten wie die Bikelane an der Artur-Ladebeck-Straße.“ Da sei die Situation für die Radfahrer doch jetzt gefährlicher als vorher und der Autoverkehr leide auch. &bdquo;Wir sollten alle Verkehre möglichst gleichbehandeln und keine Vorrangpolitik für das Rad in Bielefeld betreiben“, empfiehlt er. Sehr angetan ist Runge, der sich auch als Student politisch weiter engagieren will, von der freigelegten Lutter und dass es nun Mittel gibt, sie im weiteren Verlauf weiter freizulegen. &bdquo;Wasser schafft Treffpunkte“, sagt er. &bdquo;Deshalb sollte Bielefeld auch darauf setzen, mehr Wasser in die Stadt zu bringen“, regt er an. Ein Badesee in den Außenbezirken wäre zudem toll. Wie überhaupt nach seiner Meinung die Außenbezirke viel mehr gestärkt werden müssten, was Freizeit-, Sport-, Gastro- und Kulturangebote angehe. Bielefeld werde zu stark von der Mitte her betrachtet, kritisiert er. Unter den Nägeln brennt Runge auch eine stärkere Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, wenn es um ihre Belange in der Stadt geht. &bdquo;Wir haben zwar den Kinder- und Jugendrat, über den sie ja auch in ein paar Gremien der Stadt einbezogen werden, aber wir sollten die Möglichkeiten ruhig noch ausweiten“, schlägt Runge vor. Darüber hinaus sollten Jugendliche immer dann in Projekte einbezogen werden, wenn diese sie direkt betreffen – wie zum Beispiel bei Schulbauten. Eine starke Lobby für Bielefelds Jugend Er hoffe stark, dass bei der Kommunalwahl mehr junge Leute in den Rat und in die Bezirksvertretungen gewählt werden. &bdquo;Bielefelds Jugend braucht eine stärkere Lobby. Eine, die so stark und so gut ist wie die Wirtschaftslobby.“ Auf die letzte Frage des zehnten Sommergesprächs, was er als König von Bielefeld sofort umsetzen würde, kommt Runge zurück auf sein Herzensthema – die Bildung: &bdquo;Ich würde den Bildungsetat der Stadt verdreifachen, denn Bildung ist das A und O.“ Und wenn er von Bildung spreche, meine er frühkindliche Bildung genauso wie die Arbeit an den Kitas, in den Grundschulen bis hin zu den weiterführenden Schulen. 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