Millionenschaden

Betrugsverdacht: Bielefelder Bauunternehmen Goldbeck deckt internen Korruptionsfall auf

Die beschuldigten Mitarbeiter sollen Zahlungen verschleiert und bei ihrem Arbeitgeber einen Millionenschaden verursacht haben: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sieben Personen, darunter fünf ehemalige Goldbeck-Angestellte.

Das international agierende Bauunternehmen Goldbeck beschäftigt 13.000 Menschen. Von fünf Mitarbeitern hat man sich sofort getrennt. | © Goldbeck

26.05.2025 | 26.05.2025, 16:48

Bielefeld. Ein Mitarbeiter des Bielefelder Bauunternehmens Goldbeck gab im Frühjahr 2024 seinem Vorgesetzten einen Hinweis, der die Verantwortlichen der international agierenden Firma kurz darauf schwer treffen sollte. Es stand der Verdacht im Raum, dass Projektleiter einer Abteilung bei der Vergabe von Bauaufträgen und bei Materiallieferungen gemauschelt haben könnten. Nachdem sich dieser Verdacht erhärtet hatte, nahm die Schwerpunktabteilung für Wirtschaftsstrafsachen bei der Staatsanwaltschaft im Juni 2024 die Ermittlungen auf. Der bisher eruierte Untreue-Schaden bei Goldbeck beläuft sich laut den Ermittlungen auf geschätzt 2,5 bis 3,5 Millionen Euro.

Oberstaatsanwalt Carsten Nowak, Sprecher der Wirtschaftsfachabteilung bei der Anklagebehörde, bestätigt die Ermittlungen. „Verfahrensgegenstand ist schwerpunktmäßig der Verdacht der Untreue sowie der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr zum Nachteil eines Bielefelder Bauunternehmens.“ Das Verfahren richte sich aktuell gegen sieben Beschuldigte. Gegen den Hauptverdächtigen sei bereits im Juli 2024 Haftbefehl erlassen worden. Dieser wurde jedoch Anfang September gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt.

Geschäftsführer Jörg-Uwe Goldbeck spricht auf Anfrage von einem „herben Schlag in die Grundfesten des Unternehmens“. Von fünf Mitarbeitern, die sich persönlich bereichert haben sollen und Projekte einer bauausführenden Abteilung für Hallen-Bau auf nationaler Ebene betreuten, habe sich das Unternehmen daraufhin unverzüglich getrennt.

Schmiergeldzahlungen für Vergaben und Lieferaufträge

Die betroffene Abteilung hat die Aufgabe, schlüsselfertige Hallenbauten zu realisieren, erklärt der Geschäftsführer. Die Firma Goldbeck arbeite dabei mit Nachunternehmern zusammen. Die beschuldigten Projektleiter waren laut Nowak unter anderem für den Einkauf und die Vergabe zuständig und hatten ständig Kontakt zu Subunternehmen und Lieferanten. Von mehreren dieser Nachunternehmen sollen sie in der Vergangenheit für die Vergabe neuer Aufträge oder für neue Lieferungen Schmiergeldzahlungen erhalten haben. Die Nachunternehmen sollen zu diesem Zweck manipulierte Rechnungen an Goldbeck ausgestellt haben.

Um das zu ermöglichen, sollen sich beide Seiten abgesprochen haben, ein System zu installieren, womit sie die illegalen Zahlungen in den Rechnungsvorgängen verstecken konnten. Dazu sollen „überhöhte Rechnungen oder solche über nicht erbrachte Leistungen“ an Goldbeck gestellt worden sein, so Nowak. Die Differenz soll dann als Bestechung an die Vergabeverantwortlichen ausgezahlt worden sein.

Bielefelder Ermittler sprechen von Verschleierungssystem

Um diese Zahlungen abzuwickeln, soll nach bisherigem Ermittlungsstand mit einem umfangreichen Verschleierungssystem aus diversen, von den Beschuldigten gegründeten Gesellschaften gearbeitet worden sein. Ihre Beteiligungen an diesen Gesellschaften sollen sie als stille Teilhaber weitestgehend unter der Decke gehalten haben.

Nach Angaben von Jörg-Uwe Goldbeck prüfte zunächst ein Anwalt der Firma die Vorwürfe. Als die Beweise für den mutmaßlichen Betrug ausreichend und nachvollziehbar dokumentiert waren, habe die Unternehmensführung sofort Strafanzeige gestellt: „Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft und der Umgang mit uns war vorbildlich und hochprofessionell. Bei so einem Thema steht nicht zur Debatte, den Vorfall intern zu regeln. Hier geht es um Straftaten, durch die unser Unternehmen geschädigt wurde.“

„Der Millionenschaden liegt zu 100 Prozent bei uns“

Deshalb wolle das Unternehmen offen mit dem Betrug in den eigenen Reihen umgehen. Goldbeck betont: „Der Millionenschaden liegt zu 100 Prozent bei uns. Keiner unserer Kunden und Bauherren hat dabei Schaden genommen. Das ist für uns wichtig.“

Jörg-Uwe Goldbeck kann die genaue Zahl der involvierten externen Firmen noch nicht genau benennen. Das müssten die Ermittlungen ergeben. Er gehe aber von etwa einem Dutzend Firmen aus, die über Jahre mitgespielt haben müssen. Zunächst sei es um kleinere Summen gegangen. Als das klappte, seien die Summen deutlich angestiegen.

Beschuldigte sollen das Vertrauen in die Mitarbeiter ausgenutzt haben

Die Verantwortlichen der Bielefelder Baufirma, die mit einem Umsatz von 6,4 Milliarden Euro in Europa unterwegs ist, zeigen sich auch ein Jahr nach dem ersten Hinweis erschüttert: „Wir haben seit der Firmengründung 1969 mit dem Thema Vertrauen als Unternehmensleitbild beim Personal sehr gute Erfahrungen gemacht“, sagt Jörg-Uwe Goldbeck. „Umso größer war für mich persönlich der Schock, dass das Vertrauen in so massiver Weise ausgenutzt wurde. So etwas tut weh.“

Trotzdem sei es ihm wichtig, seinen Mitarbeitern weiterhin zu vertrauen. Beschuldigt seien lediglich „5 von unseren 13.000 Mitarbeitern“, betont Goldbeck. Die Dimension des Falles sei dennoch für ihn vorher unvorstellbar gewesen. Der Geschäftsführer spricht von „krimineller Energie“ und einem „professionellen gemeinschaftlichen Vorgehen“, durch das übliche Kontroll-Mechanismen wie das Vier-Augen-Prinzip ausgehebelt worden seien. Die Gegenseite bestritt anfangs die Vorwürfe, soll davon mit Fortschreiten der Ermittlungen aber abgerückt sein.

Auch zwei externe Personen im Fokus der Ermittler

Neben den fünf ehemaligen Goldbeck-Mitarbeitern richtet sich das Verfahren noch gegen zwei weitere Personen. Im Fall eines Ex-Goldbeck-Mitarbeiters, der laut Nowak „mutmaßlich an einem Großteil der Taten beteiligt“ gewesen sein soll, hat ein Haftrichter sogar ein Untersuchungshaftbefehl ausgesprochen: „Das zeigt, dass die Vorwürfe schwerwiegend sind“, sagt Goldbeck.