Abtreibungsverbot für Chefarzt aus Bielefeld: Das sagen Pro Familia und Ärztekammer

Bielefeld. Im Nachgang des &bdquo;NW“-Berichts &bdquo;Chefarzt klagt gegen Abtreibungsverbot“ vom 8. Mai melden sich die Schwangeren-Beratungsstelle Pro Familia sowie die Ärztekammer Westfalen-Lippe zu Wort. Dies ist der Sachverhalt: Professor Joachim Volz arbeitet seit Jahren als Chefarzt der Frauenklinik am Klinikum Lippstadt. Zugleich betreibt er in Bielefeld eine Kinderwunsch-Praxis. Im Zuge einer Fusion des Lippstädter Krankenhauses mit einem katholischen Träger zum &bdquo;Klinikum Lippstadt/Christliches Krankenhaus“ war dem Gynäkologen verboten worden, weiterhin Abtreibungen vorzunehmen. Rund 15 Eingriffe dieser Art fallen nach Auskunft des Arztes aus medizinischen Gründen in Lippstadt pro Jahr an. Die Abbrüche sollen nun aus Gründen des katholischen Wertekanons selbst dann unterbunden sein, wenn sie medizinisch indiziert sind. Das heißt, auch bei erwartbaren schweren Missbildungen des Kindes oder einer eingeschränkten Lebensfähigkeit. Ausnahmen sieht die Krankenhausleitung nur, wenn das Leben der Mutter gefährdet ist. Volz klagt vor dem Arbeitsgericht Hamm gegen diese Einschränkung seiner ärztlichen Handlungsfähigkeit, die sich auch auf ein Verbot von Abbrüchen in seiner Bielefelder Privatpraxis erstreckt. Bei Fusionen gilt immer öfter katholische Morallehre Einschränkend sei erwähnt, dass es sich in Bielefeld um eine Kinderwunsch-Praxis handelt, in der der Arzt ohnehin keine Schwangerschaftsabbrüche vornimmt. Zu dem Vorgang äußert sich nun Pro Familia Bielefeld. Der Beratungsstelle sei es wichtig, &bdquo;als Schwangerschaftsberatungsstelle auf die Auswirkungen solcher Fusionen hinzuweisen, die die Versorgung betroffener Frauen“ gefährden könnten. &bdquo;Frauen werden aufgrund dieser rigiden Handlungsweise allein gelassen“, heißt es in dem Schreiben an die NW. Und weiter: &bdquo;Zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung ist die Fusion von Krankenhäusern als Maßnahme zur Bündelung von Ressourcen zu begrüßen. Dass es dabei jedoch zu einer Verschlechterung des Versorgungsangebotes in Bezug auf Schwangerschaftsabbrüche kommen kann, scheint der Aufmerksamkeit weitgehend entgangen zu sein.“ Im Fall des Klinikums Lippstadt mache dies der Chefarzt der Frauenklinik mit der Klage gegen eine Dienstanweisung öffentlich. Lesen Sie auch: Bielefelder Chefarzt klagt gegen Abtreibungsverbot: &bdquo;Frauenverachtende Ideologie“ &bdquo;Es geht dabei nicht um die Schwangerschaftsabbrüche, die auf der rechtlichen Grundlage der Schwangerschaftskonfliktberatung durchgeführt werden“, sondern um &bdquo;die wenigen Schwangerschaftsabbrüche, die bei Vorliegen einer medizinischen Indikation durchgeführt werden sollen“, stellt Pro Familia klar. Pro Familia: &bdquo;Weite ?Wege, höheres Risiko ?für die Frauen“ Bei der Fusion mit katholischen Krankenhäusern werde zukünftig für alle beteiligten Kliniken das katholische Kirchenrecht, genauer gesagt die katholische Morallehre gelten. In der Praxis, so Pro Familia, stelle sich die Sachlage so dar: &bdquo;Eine medizinische Indikation darf zwar von jeder Ärztin/jedem Arzt ausgestellt werden, wird jedoch in der Regel nur nach erneuter ärztlicher Diagnostik und Überprüfung durch eine Ethikkommission von Kliniken anerkannt.“ Nur sehr wenige Kliniken führten überhaupt Schwangerschaftsabbrüche durch, katholische Häuser aufgrund der Morallehre vermutlich gar nicht. Wenn aber das Angebot für betroffene Frauen durch Krankenhausfusionen noch geringer werde, bedeute dies für die Schwangeren, &bdquo;dass sie erstens länger nach einer Klinik suchen müssen, die einen Abbruch durchführen würde. Und dass sie zweitens weiter fahren müssen, um diese Kliniken zu erreichen“. Das könnte Sie auch interessieren: Kommentar: Abtreibung sollte keine Straftat sein Dies berge das Risiko, dass sie möglicherweise in eine Schwangerschaftswoche kämen, in der ein Abbruch ohne Fetozid (Töten des Fetus) nicht mehr möglich sei. Die Beratungsstelle: &bdquo;Die Pro Familia und andere Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen beobachten in den letzten Jahren einen Rückgang von Behandlungsangeboten, was durch die rigide, katholische Morallehre bei Fusionen in ganz Deutschland noch verschärft wird.“ Frauen und ihre Familien stehen unter hohem Druck Auch zeige die Beratungserfahrung, dass die Schwangeren mit der Suche nach einer geeigneten Klinik häufig alleine gelassen würden, schreibt die Beratungsstelle. &bdquo;Fraglich dürfte sein, ob durch Krankenkassen und durch Steuermittel finanzierte Krankenhäuser berechtigt sind, für die anderen beteiligten Kliniken ihr katholisches Kirchenrecht anzulegen“, heißt es weiter. Auch die Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) äußert sich besorgt zur aktuellen Diskussion um Schwangerschaftsabbrüche in Lippstadt. Ihr Präsident, Hans-Albert Gehle, warnt in einer Stellungnahme eindringlich: &bdquo;Wir dürfen Frauen in einer solchen Ausnahmesituation nicht alleine lassen. Diese Frauen und ihre Familien stehen ohnehin schon unter enormem Druck und emotionaler Belastung. Es ist unethisch und nicht akzeptabel, erst dann zu handeln, wenn das Leben der Mutter akut gefährdet ist.“ Der ÄKWL-Vorstand erkläre ausdrücklich seine Solidarität mit dem betroffenen Arzt bei seinem Vorgehen gegen das Verbot des neuen Krankenhausträgers. Gehle sieht zudem eine bedenkliche Entwicklung und befürchtet, dass Klinikfusionen auch in anderen Regionen ähnliche Auswirkungen haben könnten.

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