Opfer verliert 300.000 Euro: Bielefelder Polizei warnt vor neuer Krypto-Masche

Bielefeld. Der Aufwand, den Investmentbetrüger betreiben, ist riesig. Ihre Beute ist es am Ende aber auch. Bielefelder Kripoexperten für organisierte Wirtschaftskriminalität warnen nun vor der Masche. 150 Fälle liegen ihnen jetzt seit kürzester Zeit vor. Die Opfer verlieren teilweise ihr ganzes Vermögen. Franz Kah aus Gütersloh (Name geändert) hat gut 300.000 Euro verloren. Der Rentner ist kein Anfänger. Die ehemalige Führungskraft in der EDV-Beratung hatte viele Jahre erfolgreich mit Aktien gehandelt und in ETF-Fonds investiert. Weil er im Juli den Entschluss fasste, seine Rente für ein paar Reisen mit seiner Ehefrau aufzubessern, klickte er im Juli 2024 auf eine Facebook-Anzeige. Über diesen Link wurde er Mitglied einer scheinbar exklusiven Investmentgruppe von 64 Teilnehmern in einer Whatsapp-Gruppe. In dieser Gruppe unterrichtete &bdquo;Prof. Frank Schneider“ die Gruppenmitglieder über die aktuellen Entwicklungen auf dem Aktienmarkt. Die Infos des vermeintlichen Börsengurus stellten sich als zutreffend heraus. Der 72-Jährige machte allein durch die Tipps Gewinne von fünf bis zehn Prozent in 30 Tagen. Die Täter legen ein Psychogramm ihrer Opfer an Doch das sind alles nur &bdquo;vertrauensbildende Maßnahmen“, erklären die Wirtschaftsermittler Asja Siebeneicher, Frank Ginzel und Pascal Pamme vom Bielefelder Kriminalkommissariat 23. Beim &bdquo;Investmentbetrug“ – oder englisch &bdquo;Cybertrading- oder Krypto-Scam“ – arbeiten die Täter in Teams und nehmen sich Wochen und Monate Zeit, um das Vertrauen ihrer Opfer zu gewinnen. Zeigen die Teilnehmer Interesse, dann greifen die Täter mit verschiedenen Akteuren an. Vorher haben sie längst ein komplettes Psychogramm ihrer Opfer vorliegen. Und je nach Typ gehen sie unterschiedlich vor. Der Fall Franz Krah: 300.000 Euro Schaden: Gütersloher fällt auf perfide Betrugsmasche herein So gibt es laut Ginzel den &bdquo;Sonnenscheinbringer“, der die positiven Nachrichten liefert und der die Emotionen anspricht. &bdquo;Die Täter kriechen ihren Opfern in den Kopf“,sagt Ginzel. &bdquo;Sie gehen voll auf die Euphorie der möglichen Investoren.“ Dann gibt es den &bdquo;Regenmacher“, der die Rückschläge verkauft, die weitere Investitionen unumgänglich machen. Und am Ende übernimmt der &bdquo;Skelettierer“, der das Opfer komplett ausnimmt. Der Fake mit TWAAO trotz positiver Meldungen Im Fall von Franz Kah änderte sich der Experten-Chat im Oktober 2024. &bdquo;Damals wurde deutlich, dass Donald Trump den Kryptomarkt pushen würde, wenn er US-Präsident werden sollte.“ Der Fokus der Fachdiskussionen richtete sich nur noch auf die Möglichkeiten mit digitalen Onlinewährungen. &bdquo;Aus den USA und Kanada tauchte damals viel Lob über die neue Kryptobörse TWAAO auf“, berichtet der Gütersloher. &bdquo;Ich habe alle Informationen in unserer Whatsapp überprüft und nur positive Meldungen gefunden“, sagt er. Genau an der Stelle schnappt die Falle zu. Viele Mitglieder der Gruppe hätten zunächst dreistellige Beträge investiert. &bdquo;Ich habe mir auch Gewinne ausgezahlt. Das hat alles reibungslos funktioniert.“ Und dann kommt der Moment, an dem die Täter abkassieren wollen. Ende Januar werden – so geht die Legende – neue Krypto-Coins an der TWAAO-Börse ausgegeben. Die Mitglieder der Whatsapp-Gruppe wollen dabei sein. Franz Kah bewirbt sich um die Zuteilung von 2.000 Coins. Doch die Börse behauptet, dass er sich für 20.000 beworben hat. Kah geht bis heute von einem Tippfehler aus. Will den Fehler korrigieren lassen. Doch das gehe nicht mehr, sagt man ihm. Ermittler Pascal Pamme schüttelt den Kopf: &bdquo;Das ist alles Teil der Masche.“ Den Tippfehler habe es nie gegeben. Kah werden angeblich 10.000 Coins zugeteilt. Der Wert übersteigt sein Vermögen, er muss das kostengünstige Kreditangebot in Anspruch nehmen. &bdquo;Da hatte ich das erste Mal Angst, dass etwas schief läuft.“ Gütersloher geht irrigerweise von einem 1,5 Millionen-Gewinn aus Doch die neuen Coins entwickeln sich vorzüglich. Das Krypto-Wallet des 72-Jährigen zeigt inzwischen einen Gewinn von 1,5 Millionen Euro an. &bdquo;Ich bin in einen Tunnel geraten. Habe nur noch auf das Ergebnis geblickt.“ Krah will sich Gewinne auszahlen lassen. Doch die Broker der Börse halten ihn hin. Und am 16. Februar dann der Schock: Die amerikanische Börsenaufsicht stoppt die Auszahlung. Kah fliegt aus der vorher so gelobten TWAAO.Börse und auch aus seiner Whatsapp-Gruppe. Heute weiß er durch Recherchen der Mitbetroffenen, dass in dieser Gruppe 40 der 64 Teilnehmer Mittäter waren. Als Franz Kah nun das Internet bemüht, findet er zahlreiche negative Bewertungen zu TWAAO. Seine Investition von mehr als 300.000 Euro sind verloren. Pascal Pamme von der Kripo vermutet, dass manche negative Meldungen vorher schon zu finden gewesen wären. &bdquo;Es kommt auch darauf an, wonach ich suche. Vielleicht haben die Opfer nicht die richtigen Suchworte benutzt.“ Der Kripoermittler empfiehlt, immer den englischen Begriff für Betrugsmasche bei der Googlesuche zu verwenden: &bdquo;Scam“. Lock-Werbung mit Peter Maffay, Günther Jauch und der Höhle der Löwen Was Franz Kah erlebt hat, sei quasi die Betrugsmasche in der Premiumversion. Hier hätten sich die Täter auf Investoren konzentriert, die sich auskennen und die auch größere Investitionen geplant haben. Doch die Masche funktioniere auch im Kleinen. Für diese Klientel gebe es Online-Werbung mit &bdquo;Günther Jauch“, &bdquo;Peter Maffay“ und dem ehemaligen Finanzminister Christian Lindner. Alles Fake. Auch eine angebliche einmalige Gelegenheit nach dem Vorbild aus der Sendung &bdquo;Die Höhle der Löwen“ seien typische Anzeigen, die Krypto-Scams vorbereiten. Die Zielgruppe der Täter seien keine Senioren. Die Geschädigten seien mehrheitlich risikofreudige Männer im Alter von 55+. &bdquo;Die Täter locken ihre Opfer auf Fake-Trading-Seiten, die ständige neue Namen haben“, sagt Asja Siebeneicher. Anfangs werden die Opfer zu kleinen Investitionen von nur 250 Euro gebracht. &bdquo;Dieses Geld überweisen die Opfer auf IBAN-Konten. Oft sind die Empfänger da noch nicht die Betrüger, sondern gemeinnützige Organisationen.“ Auch das gehöre zur Vertrauensarbeit. &bdquo;Wenn die Opfer heiß sind, weil ihre Kleininvestition auf der Fakeseite scheinbar viel Gewinn abgeworfen hat, kommt Schritt 2“, sagt Siebeneicher. Opfer merken nicht, dass sie Krypto-Konto eröffnen Nun geht es wieder um Krypto-Währungen: &bdquo;Die meisten kennen sich damit nicht aus. Also bieten die Täter Hilfe an.“ In vielen Fällen lassen die Opfer ihre &bdquo;Berater“ per Remote-Zugriff (also Fernsteuerung) auf ihren Rechner. Ohne dass es die Opfer erkennen, eröffnen die Täter nun Krypto-Wallets für sie. Zur Legitimierung halten die Opfer bereitwillig ihren Perso in die Kamera. &bdquo;Dann weisen die Berater die neuen Kunden an, ganz normale Überweisungen zu machen.“ Die normalen Kontonummern seien Vermittlungskonten, die das Geld automatisiert in Kryptowährungen verwandeln. Die nächsten Überweisungen passieren wieder per Whatsapp-Anweisung der inzwischen lieb gewordenen Berater. Auf den Fakeseiten steigt der Gewinn immer weiter. &bdquo;Dabei ist das Geld längst auf fremden Kryptokonten“, sagt Pamme. Depressionen: Opfer landet &bdquo;im Erdloch“ Franz Kah hat nach eigener Aussage sein Vertrauen vollkommen verloren. Er sei anfangs in einem tiefen Erdloch verschwunden. Fast schon Depressionen habe er gehabt. Ihm habe es gutgetan, dass er seinen nahen Verwandten alles gebeichtet habe. Das habe geholfen, aus dem Erdloch herauszukommen. Und auch ein Chat von Betroffenen. &bdquo;Wir tauschen uns intensiv aus und versuchen auch, zu ermitteln und der Polizei bei den Ermittlungen zu helfen.“ Er habe noch Hoffnung, sein Geld zurückzubekommen. Und er wolle mit seiner Geschichte andere warnen: &bdquo;Die Menschen müssen dringend wissen, dass es diese Tricks gibt und dass sie Erfolg haben.“ Die Ermittler machen wenig Hoffnung. Die Finanzflussermittlungen endeten zu oft auf leeren Wallet-Adressen. Der Gütersloher habe privat einen IT-Forensiker bezahlt, der die Geldflüsse in seinem Fall nachvollziehen sollte. Die Ergebnisse liegen der Kripo vor. Ob damit Täter identifizierbar seien, sei nicht wahrscheinlich, hieß es. Franz Kah rät allen: 1. Nur von der Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen (BaFin) regulierte Börsen nutzen. 2. Nicht in den Tunnel geraten, wenn die Gewinne steigen. Lesen Sie dazu: Polizei und LKA: Anlagebetrug: Ein andauerndes Phänomen mit hohen Schadenssummen Der Rechtsanwalt Martin Wehrmann hat den Betrug der TWAAO-Täter auf seiner Seite analysiert 📱 News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW-Bielefeld

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