Freizeit statt Frömmigkeit: Warum Ostern seinen religiösen Kern verliert

Ich bin dann mal weg, schöne Ostern“, so hieß es am Donnerstag auch vielfach auf den Fluren der NW. Viele Kolleginnen und Kollegen haben sich in den Osterurlaub verabschiedet. Karfreitag bis Ostermontag ist die längste Abfolge von Feiertagen im Jahr. Ideal also, um einen Kurzurlaub zu einem näher gelegenen Reiseziel einzuplanen. Die vollen Autobahnen schon ab Gründonnerstag und dann wieder am Ostermontag zeugen davon. Für die Mehrheit der Menschen ist Ostern einfach nur ein extralanges Wochenende. Nur noch ein Drittel der Menschen in Deutschland feiert Ostern als religiöses Fest. Das ist das Ergebnis einer jüngst veröffentlichten Umfrage im Auftrag des WDR. Zwar sind an Ostern die Kirchen wie an Weihnachten zu den Gottesdiensten gut besucht, und wer spät kommt, muss oft in den hinteren Reihen stehen. Doch das ist eine Ausnahme. Die katholische ebenso wie die evangelische Kirche verlieren seit Jahren massiv Mitglieder. Ende 2024 gehörten noch 37,8 Millionen Menschen einer der beiden Kirchen in Deutschland an. 2023 waren es noch eine Million mehr. Einer der Gründe, warum die Zahl der Gläubigen zunehmend schrumpft, sind die vielen Missbrauchsskandale der Kirchen, die ab Anfang der 2000er-Jahre publik wurden. Auch der evangelische Kirchenkreis Bielefeld wird seit 2021 von einem Missbrauchsfall erschüttert. Nach vier Jahren muss sich nun im Juni ein ehemaliger Jugendbetreuer der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde in Bielefeld wegen sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener, sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen und dem Besitz jugendpornografischer Dateien verantworten. Für die Betroffenen ist die lange Dauer der Ermittlungen und der weiteren Aufarbeitung sehr belastend. Zudem werfen die mutmaßlichen Opfer des Jugendbetreuers der Kirche in der Aufarbeitung der Vorfälle Verzögerungen, Verschleppungen und Behinderungen vor. Ostern ist das wichtigste Fest der Christen Dass Ostern eigentlich das wichtigste Fest der Christen ist, darüber sind sich viele Menschen gar nicht mehr bewusst. Gefeiert wird nichts Geringeres als die Auferstehung Jesus Christus’ von den Toten. Eine repräsentative Umfrage der Trend- und Wahlforscher von Infratest Dimap habe laut WDR allerdings ergeben, dass sich knapp die Hälfte der Befragten beim Stichwort Ostern vor allem auf ein Familienfest freue – mit Eiersuche, Osterhasen und unabhängig vom religiösen Hintergrund. Für ein Viertel sei es sogar nur ein extralanges Wochenende. Nur ein Drittel der Befragten würde Ostern in erster Linie als ein wichtiges christliches Ereignis ansehen. Je jünger die Befragten, desto mehr stehe der Freizeitaspekt im Vordergrund. Lediglich in der Altersgruppe über 65 spiele die christliche Bedeutung für immerhin 40 Prozent die größte Rolle. Lesen Sie auch: Großer Überblick: Das sind die Bielefelder Osterfeuer 2025 Und es ist ja auch ganz schön happig, welcher Ereignisse die Christen an Ostern gedenken. Karfreitag wurde Jesus laut Bibel vom römischen Statthalter Pontius Pilatus zum Tode verurteilt und ans Kreuz genagelt. Ostersonntag wird die Auferstehung Christi von den Toten gefeiert. Ostermontag trafen laut Lukasevangelium zwei Jünger auf dem Weg nach Emmaus einen Unbekannten, den sie später als Christus erkannten. Sie kehrten nach Jerusalem zurück und berichteten dort von der Auferstehung des Herrn. Christliche Werte als erstrebenswerte Tugenden Das alles soll vor 2.000 Jahren geschehen sein und es wird immer schwieriger, den Menschen klarzumachen, was diese Ereignisse konkret für ihr Leben bedeuten. Es ist schon lange nicht mehr die Mehrheit der Menschen, für die der Glaube in ihrem Leben eine sehr große oder zumindest große Bedeutung hat. Für die größte Gruppe hat Religion gar keine Bedeutung mehr. Frische Brötchen: Diese Bielefelder Bäcker haben an Karfreitag und Ostern geöffnet Dabei würden viele, für die der Glaube kaum oder gar keine Bedeutung mehr hat, die christlichen Werte sicherlich als erstrebenswerte Tugenden auch für ihr Leben ansehen: Gerechtigkeit, Tapferkeit, Klugheit, Mäßigung, Glaube, Hoffnung und vor allem Liebe. Dabei können diese Tugenden in der heutigen Gesellschaft, die oft von Individualismus geprägt ist, eine wertvolle Orientierung bieten, vielleicht sogar eine praktische Anleitung zu einem ethischen, gemeinschaftsdienlichen Leben. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihrer Familie ein frohes Osterfest. Herzlichst, Ihr Stefan Gerold.

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