Streik heute in Bielefeld: Warum ein Bielefelder Erzieher und ein Busfahrer dabei sind

Bielefeld. Geschlossene Kitas, nicht abgeholte Müllsäcke und verwaiste Stadtbahnhaltestellen – die Auswirkungen der Streiks im öffentlichen Dienst werden auch am Mittwoch, 12. März, für viele Bielefelderinnen und Bielefelder deutlich spürbar werden. Erneut sind Warnstreiks im Nahverkehr, bei den Kindergärten und bei den Umweltbetrieben angekündigt. Wofür kämpfen die Streikenden und warum legen sie erneut ihre Arbeit nieder? Ein Bielefelder Erzieher und ein Busfahrer legen ihren Verdienst offen und was sie sich von einem neuen Tarifabschluss erhoffen. Hintergrund: Seit Anfang des Jahres verhandeln die Gewerkschaft Verdi und der Verband der kommunalen Arbeitgeber in NRW einen neuen Tarifvertrag im öffentlichen Dienst. Die Fronten sind verhärtet: Während die Gewerkschaft unter anderem acht Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 350 Euro monatlich mehr fordert, möchten die Arbeitgeber das aktuelle Lohnniveau für die nächsten drei Jahre beibehalten. Außerdem besteht Uneinigkeit über die Frage nach einem Anspruch auf drei zusätzliche Urlaubstage. Dominik Middeldorff, ein junger Familienvater und ausgebildeter Erzieher, ist direkt von den Verhandlungen betroffen. Am vergangenen Freitag legte er seine Arbeit in einer städtischen Kita nieder, um auf die seiner Meinung nach zunehmend prekären Arbeitsbedingungen in seiner Branche aufmerksam zu machen. Lesen Sie auch: Großer Verdi-Streik in Bielefeld: Bahnen, Busse, Kitas und Müllabfuhr betroffen Mit dem Job zufrieden, aber zu hohe Belastung Auch wenn er grundsätzlich mit dem Gehalt in seinem Job zufrieden sei, betont er die hohe Belastung, welcher er und seine Kolleginnen und Kollegen ausgesetzt seien. &bdquo;Man merkt vielen Leuten in der Kita inzwischen an, dass sie am Stock gehen“, sagte er. Das Resultat sei ein Teufelskreis: Überlastung führe zu häufigeren Krankheitsausfällen, was wiederum die Belastung für die verbliebenen Mitarbeiter erhöhe. Um diesem Problem entgegenzutreten, unterstützt er die Forderung der Gewerkschaft nach mehr Urlaubstagen. Mehr Urlaub, geringerer Krankenstand und: mehr Attraktivität Langfristig betrachtet würde mehr Urlaub zu einem geringeren Krankenstand führen und somit ihn und seine Kollegen deutlich entlasten. Zudem steigere ein erhöhter Urlaubsanspruch die Attraktivität des Berufs, was entscheidend sei, um dem dringenden Nachwuchsmangel in den Kitas entgegenzuwirken. Obwohl städtische Kita-Mitarbeiter mit einem Einstiegsgehalt von knapp 2.925 Euro brutto relativ gut bezahlt würden, seien für Middeldorff auch die Forderungen nach besserer Entlohnung wichtig. Das zentrale Argument für den Vater einer sechs Monate alten Tochter bestehe darin, dass höhere Gehälter flexiblere Arbeitszeitmodelle attraktiver machen würden. Dadurch ließen sich Beruf und individuelle Lebenssituation besser vereinbaren. Arbeit und Privatleben schwer vereinbar Er selbst plane beispielsweise, seine Arbeitszeit zu reduzieren, da seine Vollzeitstelle als Erzieher sich nur sehr schwer mit einer Familie unter einen Hut bringen lasse. &bdquo;Als Vater habe ich schließlich nicht den Anspruch, meine Tochter erst um 17 Uhr zu sehen und dann erschöpft auf dem Sofa zu liegen“, erklärte er seine Entscheidung. Allerdings sei jede Stunde, die er weniger arbeite, für eine junge Familie mit spürbaren finanziellen Einbußen verbunden, auch bei vergleichsweise gutem Gehalt. Dies gelte umso mehr für ältere Kollegen, denn: &bdquo;Mit 60 sehen sich die wenigsten noch 39 Stunden in der Woche mit Kindern auf dem Bauteppich spielen, vor allem nicht bei dieser Geräuschkulisse.“ Eine Reduzierung der Arbeitszeit sei allerdings unter den aktuellen Bedingungen nicht attraktiv. .responsive23-JM2lSlppKeJcTwnH-bar-vertical-inflationsrate-fuer-deutschland { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-JM2lSlppKeJcTwnH-bar-vertical-inflationsrate-fuer-deutschland { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-JM2lSlppKeJcTwnH-bar-vertical-inflationsrate-fuer-deutschland { padding-top: 142.86%; } } Lebenshaltungskosten sind stark gestiegen Mehr Geld für sich und seine Kollegen fordert auch Jörg Hemken, Busfahrer bei Mobiel. Obwohl es in den vorangegangenen Tarifverhandlungen einige Erhöhungen gab, spürt er aufgrund der gestiegenen Lebenshaltungskosten keinen finanziellen Vorteil. Eher das Gegenteil sei der Fall: &bdquo;Inzwischen zahlt man ja acht Euro für zehn Brötchen, wenn ein paar besondere dabei sind. Das war vorher viel, viel weniger“. Lesen Sie dazu: Diese Lebensmittel sind 2024 deutlich teurer geworden Hinzu kämen gestiegene Krankenkassenbeiträge und deutlich höhere Wohnkosten. Besonders Letzteres belaste die Beschäftigten im öffentlichen Dienst, da viele einen großen Teil ihres Einkommens für die Miete aufwenden müssten. Hemken hat das Glück, mit seiner Partnerin eine geerbte Immobilie zu teilen. Doch auf die Frage, ob ein Hauskredit mit seinem Einkommen von netto rund 2.100 Euro abbezahlt werden könne, antwortet er knapp: &bdquo;Alleine von meinem Gehalt? Keine Chance.“ Drei zusätzliche Urlaubstage werden gefordert Ähnlich wie Dominik Middeldorff macht sich auch der Mobiel-Mitarbeiter Hemken für die Forderung nach mehr als den bisher tariflich vereinbarten 30 Urlaubstagen stark. Einerseits sei dies wichtig für die älteren Kollegen, schließlich merke er selbst, dass man ab einem gewissen Alter einfach mehr Ruhezeiten benötige. Hinzu käme, dass es im Nahverkehr, ähnlich wie in den Kitas, ein fundamentales Nachwuchsproblem gebe. Um mehr junge Leute hinters Steuer eines Stadtbusses zu locken, brauche es laut Hemken deshalb vor allem &bdquo;vernünftige Arbeitszeitmodelle, faire Bezahlung und Wertschätzung“, ansonsten werde die Personaldecke noch dünner, als sie es ohnehin schon sei. Auch interessant: Großer Warnstreik am Mittwoch in OWL: Darauf müssen Sie sich einstellen Dass der Verband der kommunalen Arbeitgeber nach wie vor nicht auf die Forderungen der Beschäftigten eingegangen sei, bezeichnet Hemken deshalb als einen &bdquo;Schlag ins Gesicht“. &bdquo;Wir verzichten auf unsere Wochenenden. Wir verzichten auf unsere Familien. Und dann will man uns nicht entlohnen, uns entschädigen oder an anderen Tagen dafür freigeben“, klagte er. 📱 News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW Bielefeld

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