Geboren mit 860 Gramm: Bielefelder Frühchen kämpft sich ins Leben

Bielefeld. Mit nur 860 Gramm und viel zu früh kommt Yigit in der 24. Schwangerschaftswoche zur Welt. &bdquo;Ein Häufchen Mensch“, erinnert sich seine Mutter Nazli Gede. Es ist ihr erstes Kind. Yigit kann nicht alleine atmen, seine Organe sind nicht ausgereift. Seine Eltern bangen um ihn. &bdquo;Er war wochenlang intubiert“, berichtet die 28-Jährige. Vier Monate verbrachte sie mit ihrem Sohn in der Kinderklinik Bethel. Und sicherte dort mit ihrer Milch auch anderen kleinen Frühchen das Überleben. Seitdem ist jetzt gut ein Jahr vergangen. &bdquo;Ich weiß nicht, wie ich diese Zeit geschafft habe“, sagt Gede rückblickend. Heute gehe es ihrem Sohn zum Glück sehr gut. &bdquo;Er krabbelt fleißig und läuft auch schon mit Unterstützung.“ 16 Monate ist Yigit mittlerweile alt – und er hat sein Gewicht mehr als verzehnfacht. Aber wie alle Frühchen sei er mit seinen neun Kilogramm eher ein zartes Kind. Er dürfe mittlerweile alles essen und probiere ganz viel. Aber ein begeisterter Esser sei er nicht. &bdquo;Weil er lange eine Magensonde hatte, ist sein Magen vergleichsweise klein“, berichtet Gede. Ansonsten sei es eine anstrengende, aber zauberhafte Zeit. &bdquo;Er fängt langsam an zu sprechen, und man kann jeden Tag neue Entwicklung beobachten.“ Glücklicherweise habe sie nach der Geburt schnell Milcheinschuss bekommen. &bdquo;Für Frühchen wie Yigit ist Muttermilch unglaublich wertvoll und überlebenswichtig“, sagt Gede. Wenn Kinder viele Wochen zu früh auf die Welt kommen, komme die Milchproduktion der Mutterbrust oftmals aber noch nicht in Gang, sagt Daniel Klotz, ärztlicher Leiter der Neonatologie und Kinder-Intensivmedizin am Kinderzentrum Bethel und selbst Vater zweier Töchter (14 und 12 Jahre). Hinzu käme die Sorge ums Kind und großer Stress. Um alle Frühchen trotzdem bestmöglich mit humaner Milch versorgen zu können, bauen immer mehr Kinderkliniken Frauenmilchbanken auf. Lesen Sie dazu: Spezielle Frauenmilchbank eröffnet im Kinderzentrum Bethel Muttermilch senkt Risiko für lebensgefährliche Erkrankungen In Bethel gibt es diese jetzt seit fast drei Jahren. Die Milchspenden kommen von stationär aufgenommenen Frühchen-Müttern und gehen dort an Frühchen oder kranke Neugeborene. &bdquo;Und wir sehen sehr, sehr positive Effekte“, sagt Klotz, Universitätsprofessor für das Fach Neonatologie an der Medizinischen Fakultät OWL der Universität Bielefeld. Sie hätten weniger Infekte, brauchten weniger Infusionen. Die Versorgung mit Frauenmilch ist für frühgeborene Kinder sehr wichtig, weil die Gabe das Risiko für lebensgefährliche Erkrankungen senke. Dazu zähle vor allem die häufig vorkommende nekrotisierende Enterokolitis, eine Darmerkrankung, die zu Multiorganversagen führen kann. Die Winzlinge brauchen zunächst nur einige Tröpfchen. Zuerst bekommen sie alle zwei Stunden eine Mahlzeit, etwa einen Milliliter. &bdquo;Das sind rund 20 Tropfen, die das Frühchen per Magensonde bekommt“, sagt Klotz. Dann werde der Abstand allmählich auf vier Stunden und etwas größere Mengen ausgeweitet. Die Frauenmilch wird in sterile Einmalfläschchen abgepumpt, im Labor auf Keime oder Bakterien untersucht, dann pasteurisiert und tiefgekühlt und ist ein halbes Jahr lang nutzbar. Lesen Sie auch: Klinikum Bethel sucht Familien für einzigartige Studie zur Kindergesundheit &bdquo;Für mich war es sofort klar, dass ich die Milch spende, die Yigit nicht braucht“, sagt Nazli Gede. Und auch Tatyana Miller. Ihr Sohn Maxim wurde am 27. Januar dieses Jahres in der 33. Schwangerschaftswoche geboren. Winzig, zart und zerbrechlich sieht er in seinem kleinen Babybett aus. Und mit 2.310 Gramm Geburtsgewicht gehört er auf der Frühgeborenenstation in Bethel zu den Großen. Auch Miller hat mehr als genug Muttermilch und spendet. Sie helfe sehr gerne. &bdquo;Es ist wichtig, dass alle Kinder gut versorgt sind“, sagt Bielefelderin, die bereits eine fünfjährige Tochter hat.

Meistgelesen