„Habe gezittert vor Wut“: Bielefelderin tappt in Rundfunkbeitrag-Falle

Bielefeld. Fast jeder Haushalt in Deutschland zahlt einen Rundfunkbeitrag (ehemals GEZ-Gebühren). So ist es kein Wunder, dass ständig umgemeldet, abgemeldet und Kontodaten geändert werden. Das hat sich jetzt ein unbekannter Anbieter einer zweifelhaften Dienstleistungsseite zunutze gemacht, um zahlreiche Bürger mit seinem Service hinters Licht zu führen. Auch eine Bielefelderin ist betroffen und soll nun 39,99 Euro zahlen – für eine Änderung, die normalerweise kostenlos ist. &bdquo;Ich wollte meine Kontodaten ändern und habe beim Googeln nicht bemerkt, dass mein erster Treffer eine Anzeige war“, berichtet die Bielefelderin. Es war spät abends (&bdquo;ein Fehler, ich weiß“), als sie noch schnell die Kontoänderung melden wollte. Wer bei Google &bdquo;Rundfunkbeitrag Konto ändern“ oder &bdquo;Rundfunkbeitrag ummelden“ oder &bdquo;Rundfunkbeitrag abmelden“ eingibt, findet ganz oben in der Trefferliste unter dem Titel &bdquo;Rundfunkbeitrag Anpassen“ die Seite &bdquo;dein-rundfunkbeitrag.de“. Dass es sich bei dem Angebot auf dieser Seite um eine bei Google gekaufte Anzeige handelt und hinter der Seite eine vermeintliche Dienstleistung steckt, die nichts mit dem kostenlosen Portal des Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandfunk (rundfunkbeitrag.de) zu tun, ist erst auf den zweiten oder dritten Blick zu erkennen. Dubiose Dienstleistung aus Dubai kostet knapp 40 Euro Die Bielefelderin füllt schnell das Formular aus, gibt ihre Beitragsnummer, Adresse und die neuen Kontodaten an, dann klickt sie auf &bdquo;senden“. Dass sie in diesem Moment einen Service für 39,99 Euro gekauft hat, ist ihr erst nachher aufgefallen. Weil ihr der Ablauf ungewohnt vorgekommen war, klickt sie anschließend auf das Impressum der Seite und findet heraus, dass der &bdquo;Digitale Post Service - FZCO“ in Dubai sitzt und nichts mit dem Beitragsservice zu tun hat. Der Anbieter leitet den Änderungsantrag lediglich an die offizielle Stelle weiter, nennt das Ganze in seinen &bdquo;Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ (AGB) eine &bdquo;Ausfüllhilfe“ und versendet innerhalb weniger Minuten bereits eine Rechnung an den Kunden. Die Dienstleistung lautet in diesem Fall &bdquo;Formular für Änderungen zum Beitragskonto bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten“. Die Überweisung soll innerhalb von 8 Tagen auf ein Konto der Commerzbank überwiesen werden. Verbraucherschützer sammeln Kritik an dein-rundfunkbeitrag.de Der Verbraucherschutz Hamburg warnt auf seiner Internetseite am 25. Januar: &bdquo;Bei uns häufen sich aktuell Beschwerden von Verbraucherinnen und Verbrauchern, die dem Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio Informationen zum Rundfunkbeitrag übermitteln wollten, dann aber für die Dienste eines privaten Anbieters zahlen sollten.“ Lesen Sie dazu: Verbraucherzentrale Hamburg: Warnung vor kostenpflichtigem Angebot Der Hinweis auf den Preis der Dienstleistung verstecke sich in einem längeren Fließtext unterhalb der Online-Formulare mit einer Überschrift, die den Eindruck erweckt, es gehe in dieser Textpassage um ein SEPA-Lastschriftmandat oder andere Zahlungsmodalitäten. &bdquo;Da ist es nicht verwunderlich, dass Menschen in die Kostenfalle tappen!“ Die Bielefelderin ruft bei der Bielefelder Verbraucherzentrale an und bekommt die ernüchternde Rückmeldung: &bdquo;Da kann man nichts machen.“ In der Tat finden sich Hinweise auf den Service im Impressum, in den AGB und unter &bdquo;Service zum Rundfunkbeitrag“: &bdquo;Bitte beachten Sie, dass die Änderungen, Abmeldungen und Mitteilungen rund um den Rundfunkbeitrag auch direkt und kostenfrei über den Beitragsservice erledigen können“, ist dort zu lesen. Viele lesen es nicht. 2,7 Millionen Euro Einnahmen mit der ersten Welle Wie die Verbraucherzentrale Deutschland im August mitteilt, hatte die komplett identisch gestaltete Internetseite &bdquo;service-rundfunkbeitrag.de“ mit Sitz im rheinland-pfälzischen Horhausen (Westerwald) bereits im vergangenen Jahr geschätzt 90.000 Kunden hinters Licht geführt. Wenn die alle gezahlt haben (damals noch 29,99 Euro), liegen die Einnahmen bei knapp 2,7 Millionen Euro. Der Aufwand ist minimal. Weil auf dieser ersten Seite die Gebühr &bdquo;nicht ausreichend kenntlich“ gemacht worden war und der Betreiber auf die Unterlassungserklärung der Verbraucherzentrale nicht in ausreichender Weise reagiert hatte, hatte der Verband die Betreiber nun per Sammelklage verklagt. Seitdem wurde die Seite auf Google nicht mehr prominent positioniert. Widerruf der Kunden wird zurückgewiesen Darauf hat der Betreiber offensichtlich reagiert und einfach eine identisch wirkende Seite mit einer neuen Firma online gestellt. Auf &bdquo;dein-rundfunkbeitrag.de“ wird auch nicht viel deutlicher auf die Gebühren hingewiesen. Zwar weist das Unternehmen, das nun in Dubai sitzt, inzwischen auf ein 14-tägiges Widerrufsrecht hin (das war bis Sommer 2024 noch fehlerhaft). Aber beim Absenden des Formulars muss der User bestätigen, dass er mit Ausführung der Dienstleistung sein Widerrufsrecht verliere. Der Betreiber weist deshalb die Widerrufsansinnen der Kunden zurück. Noch haben die Verbraucherzentralen auf die neue Webseite nicht reagiert. Bei der ersten Seite hatten die Verbraucherschützer noch Hoffnung gemacht, dass die Kunden ihr Geld zurückbekommen könnten. Update, 13. Februar: Wie die Ingrid Deutmeyer von der Bielefelder Verbraucherzentrale mitteilt, sei dem Verband bei einer Firma in Dubai eine Sammelklage nicht möglich. Bielefelderin hat gezittert vor Wut &bdquo;Ich habe gezittert vor Wut, dass ich darauf reingefallen bin“, sagt die Bielefelderin nachträglich. &bdquo;Ich wollte das nur schnell erledigen und habe nicht gut genug auf das Kleingedruckte geachtet.“ Trotzdem stellt sich die Frage: Gibt es einen Markt für diese Dienstleistung oder besteht die Seite ausschließlich zu dem Zweck, Kunden, die sich auf einer kostenfreien offiziellen Seite wähnen, um 40 Euro zu bringen? Die Bielefelderin wird wahrscheinlich – wie Tausende andere User – zähneknirschend das Geld bezahlen. &bdquo;Für so eine kleine Summe bin ich nicht zu einem Rechtsstreit bereit und möchte ich mir auch keinen Ärger mit einem Inkassounternehmen aufhalsen. Umso mehr ärgert es mich, dass die so einfach unser Geld einnehmen.“ Verbraucherschützerin Deutmeyer rät den Betroffenen, nicht zu zahlen. &bdquo;Wir bezweifeln, dass hier ein Vertrag zustande gekommen ist.“ Allerdings, das betont sie auch, bestehe in so einem Fall, der sich bewusst in Graubereichen aufhalte, immer ein Prozesskostenrisiko.

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