„Macht keinen Spaß mehr“: Bielefelder gibt seine wertvolle Sammlung an die Stadt ab

Bielefeld. Es war eine eher unscheinbare Medaille, und sie war noch nicht einmal ihm selbst gewidmet. &bdquo;Sie war im Jahr 1912 an einen Lehrer verliehen worden, eine Belobigung für 25 Jahre im Dienst für die Stadt Bielefeld“, sagt Hans Schumacher. Die kleine Medaille sorgte dafür, dass das Interesse des Senners geweckt war – und dafür, dass er als Medaillensammler für die Stadt Bielefeld noch deutlich länger am Ball blieb, als es der belobigte Lehrer einst gewesen ist: 45 Jahre lang sammelte der heute 87-Jährige alle metallenen Ehrungen, Erinnerungsstücke, Auszeichnungen und Kuriositäten, die in direktem Zusammenhang mit Bielefeld standen. Jetzt vermachte er seine Sammlung von fast 1.000 Stück dem Bielefelder Stadtarchiv. &bdquo;Es ist noch nicht ganz Weihnachten, trotzdem bekommt die Stadt schon jetzt ein derart großes Geschenk“, freut sich Kulturdezernent Udo Witthaus. Er räumt unumwunden ein, dass sich in seinem Besitz nur zwei Medaillen befinden – beide vom Handballsport. Entsprechend neugierig war er, als er von der geplanten Schenkung und vor allem von ihrem gewaltigen Umfang hörte: &bdquo;Ich konnte mir kaum vorstellen, was das alles für Stücke sein könnten.“ Auch Jochen Rath ist begeistert. &bdquo;Es gibt in den Berchtesgadener Alpen die ,Riesending-Höhle’“, sagt der Leiter des Stadtarchivs: &bdquo;Sie heißt so, weil jemand bei ihrer Entdeckung ,Das ist ja ein Riesen-Ding!’ gerufen hat. Und das hier ist auch so ein Riesen-Ding.“ Aus der privaten Sammlung werde durch die Schenkung ein städtisches Kulturgut, von dem es zuvor nur eine überschaubare Anzahl gegeben habe, erweitert. &bdquo;Der Umfang der städtischen Medaillensammlung wird auf einen Schlag nahezu verdreifacht“, sagt Rath. 496 Stücke seien im Bestand, wovon einige eher Anstecknadeln oder Orden sind. &bdquo;Richtige Medaillen haben wir vielleicht um die 300.“ Mit der Sammlung von Hans Schumacher kommen jetzt exakt 982 Exemplare hinzu. &bdquo;Es werden sich bestimmt einige doppeln, die meisten aber sind für uns völlig neu“, sagt der Archivar. &bdquo;Daher Tausend Dank – fast für jede Medaille einen.“ Lesen Sie auch: Sammeln war schon immer Hans Schumachers große Leidenschaft Zu beinahe jeder Medaille die Hintergründe und die Geschichte erforscht Die Bielefelder Historiker bekommen durch Hans Schumachers Schenkung nicht nur einen beträchtlichen materiellen und einen ungleich größeren ideellen Wert geschenkt. Gleichzeitig erhält das Stadtarchiv eine beträchtliche Dokumentation: Der Sammler hatte in akribischer Recherchearbeit zu sämtlichen Medaillen, zu denen er die Hintergründe und die Geschichte finden konnte, Informationen zusammengetragen und in Büchern publiziert. Zudem hat er auch ungewöhnliche Wege beschritten, um die seltensten Exemplare für seine Sammlung zu bekommen. So gab es von der &bdquo;Sennestadt Medaille“ nur sechs Exemplare, die entweder an Honoratioren wie dem Sennestadt-Planer Hans Bernhard Reichow verliehen oder im neuen Sennestadthaus eingemauert wurden. Schumacher machte in Verl die Werkstatt ausfindig, in der die etwa ein Kilogramm schwere Medaille gegossen wurde. &bdquo;Und die hatten tatsächlich noch die Form“, sagt der Sammler. Er überredete den Medailleur, noch zwei Exemplare zu gießen. &bdquo;So kann man jetzt beides sehen – die Vorderseite und die Rückseite.“ Lesen Sie auch: Fünf kaum bekannte Orte und Gegenstände in der Bielefelder Stadtbibliothek Ob es eine Ausstellung geben wird, ist unbekannt In den vergangenen Jahren ist die Leidenschaft von Hans Schumacher etwas erkaltet. Zum einen wurde es immer schwieriger, neue und den Qualitätsansprüchen des Sammlers genügende Medaillen zu finden. &bdquo;Vieles ist nur noch billig und aus Plastik, das hat mit Kunst nichts mehr zu tun und macht auch keinen Spaß mehr“, sagt Schumacher, der sich aber nicht schweren Herzens von seiner Sammlung trennt. &bdquo;Alles hat eben seine Zeit“, sagt er, wobei er sich einen kleinen Seufzer nicht verkneifen kann. &bdquo;Es ist immer mein Anliegen gewesen, dass die Medaillen zusammenbleiben. Das ist gelungen.“ Ob die Bielefelder die zahlreichen in Metall gegossenen oder geschlagenen Ehrbezeugungen, Belobigungen, Auszeichnungen und Erinnerungen irgendwann mal in einer großen Ausstellung sehen können, ist noch ungewiss. &bdquo;Erst einmal wird alles katalogisiert“, sagt Jochen Rath, der sich aber je nach Thema und Herkunft zumindest für Teile der Sammlung prominente Positionen in anderen historischen Ausstellungen vorstellen kann. &bdquo;Fotos, Plakate oder eben Medaillen machen Geschichte viel lebendiger, als wenn man nur Akten zeigt.“

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