Hungernde Menschen in Bielefeld: Schlangestehen am Suppenbus in Eiseskälte

Bielefeld. Ein eisiger Wind weht durch die dunkle Einfahrt an der Nahariyastraße, unweit des Hauptbahnhofs. In der Dunkelheit haben sich eine Handvoll Menschen eingefunden. Einige von ihnen plaudern miteinander, andere bleiben für sich, die Kapuzen weit ins Gesicht gezogen. Sie alle sind aus demselben Grund hier: Sie brauchen etwas zu essen. Pünktlich um 16.15 Uhr biegt ein weißer Bulli in die Einfahrt ein. Seit zwei Jahren gibt es ihn bereits, den &bdquo;Suppenbus“ des Vereins &bdquo;Miteinander stark“. Jeden Mittwoch stehen die ehrenamtlichen Mitglieder am Hauptbahnhof, um Bedürftige mit einer warmen Mahlzeit zu versorgen. Es wird schon langsam dunkel: Eilig errichten sie in ihren Warnwesten einen Pavillon, stellen Tische und Wärmebehälter auf. Machen Sie mit: NW-Aktion &bdquo;Paket mit Herz“ in Bielefeld: Verschenken Sie Freude an Weihnachten Tomatensuppe steht heute auf dem Programm, dazu gibt es ein Brötchen, Kaffee und Tee, Bananen, Kekse und etwas Süßes. Und auf Nachfrage auch Hygieneartikel, Tierfutter und Kleidung. Während die Vereinsmitglieder noch die Essensausgabe vorbereiten, treffen weitere Menschen in der Einfahrt ein und bilden eine Warteschlange. Suppenbus ist sozialer Treffpunkt am Hauptbahnhof Auch Stefan hat sich eingereiht. Er sei auf den Suppenbus angewiesen und in der Regel jede Woche hier. &bdquo;Ohne dieses Angebot könnte ich nicht mehr existieren“, sagt der 54-Jährige. Er erhalte Bürgergeld, komme mit den steigenden Nebenkosten nicht zurecht und finde keinen Job. Er befinde sich bereits im sogenannten Kostensenkungsverfahren. &bdquo;Um zu sparen, muss ich mir nun eine andere Wohnung suchen“, berichtet er. Auch das gestalte sich aufgrund der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt schwierig. Auch zum Bielefelder Tisch gehe er und nehme die Angebote der Vesperkirche und der Bahnhofsmission wahr. &bdquo;Ich bin den Ehrenamtlern sehr dankbar für ihre Hilfe“, ergänzt Stefan. Lesen Sie auch: Wie bedürftigen Bielefeldern an Weihnachten geholfen werden kann Die 35-jährige Melanie wartet ebenfalls auf ihre Portion Tomatensuppe. Viel wichtiger als das Essen sei ihr jedoch der soziale Kontakt. &bdquo;Ich habe hier meine Leute“, sagt sie. Auch ihrem fünfjährigen Sohn Daryl gefalle der wöchentliche Ausflug zum Suppenbus: &bdquo;Mein Sohn findet es mega hier, er liebt die ganzen Leute.“ Bielefelder Bedürftige seit Jahren bekannt Einige der Ehrenamtler kennt Melanie inzwischen seit zehn Jahren. Auch sie ist für die Hilfe sehr dankbar. &bdquo;Die leisten eine super Arbeit, sind zuvorkommend und nett, da können sich andere eine Scheibe von abschneiden“, sagt die 35-Jährige. Sie sei zudem erstaunt darüber, wie friedlich die Essensausgabe jede Woche verlaufe. &bdquo;Wir wissen ja schließlich, dass hier auch Leute kommen, die nicht immer friedfertig sind“, sagt sie. Laut Stefan Wulfmeyer, Mitbegründer des Vereins &bdquo;Miteinander stark“, ist die Dankbarkeit der Menschen überwältigend. &bdquo;Wir kriegen fast ausschließlich ein liebevolles Danke zu hören“, sagt er. Ihn freue es außerdem, dass in der Winterzeit zusätzlich zu den Mahlzeiten frisch gebackene Kekse verteilt werden können. &bdquo;Die werden uns von mehreren befreundeten Gruppen gespendet.“ Ziel des Vereins sei es, den Bedürftigen bei der Essensausgabe auf Augenhöhe zu begegnen: &bdquo;Deshalb wird bei uns jeder Gast gesiezt oder mit Namen angesprochen“, erklärt Wulfmeyer. &bdquo;Bei uns kriegt jeder was zu essen“, ergänzt Ehrenamtlerin Ina Kreft. Deshalb gehe der Verein jeden Mittwoch auch mit bei der Bielefelder Drogenszene an der &bdquo;Tüte“ vorbei. Bis zu 90 Portionen gehen über die Suppenbus-Theke &bdquo;Wir sagen den Leuten vorher auch immer Bescheid, dass wir mittwochs kommen, sie können es sich aber nicht merken“, sagt Kreft. Die Menschen an der &bdquo;Tüte“ freuen sich sichtlich über die Bananen und die Kekse, die ihnen in die Hand gedrückt werden, bedanken sich höflich bei den Vereinsmitgliedern. Mehr dazu: &bdquo;Haben selbst Angst“: Jetzt sprechen die Menschen an Bielefelds Drogen-Hotspot Tüte Um kurz nach 17 Uhr beginnen die Ehrenamtler aufzuräumen. &bdquo;Das heute war ein durchschnittlicher Tag“, sagt Kreft. Ungefähr 50 Essen wurden verteilt. An manchen Tagen seien bis zu 90 Gäste da, für die Zukunft plane &bdquo;Miteinander stark“ daher einen weiteren Ausgabetag an einem anderen Standort. Auch für die Wintermonate plant der Verein weitere Projekte: &bdquo;Wenn die Temperaturen Minusgrade erreichen, wollen wir einen Winterdienst einrichten, der warme Getränke und Decken verteilt“, sagt Kreft. Außerdem ist &bdquo;Miteinander stark“ an Heiligabend erneut am diesjährigen &bdquo;Bahnhof Betlehem“ beteiligt. Auch in diesem Jahr werden wieder viele Menschen erwartet, die an dem ökumenischen Weihnachtsgottesdienst und dem Weihnachtsessen in der Vorhalle des Hauptbahnhofs teilnehmen wollen. Der Verein organisiert die Essensausgabe und ist mit fünf bis sieben Helfern vor Ort. Wer Kontakt zu &bdquo;Miteinander stark“ aufnehmen oder etwas spenden will, kann dies auf der Homepage des Vereins tun: Miteinander stark. News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW Bielefeld

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