Rettung für junge Mutter: Bielefelder Verein hilft mit einzigartigem Konzept

Bielefeld. &bdquo;Das ist hier wie Familie.“ Sabrina huscht ein Lächeln über das Gesicht. Sichtlich gerührt fügt sie hinzu: &bdquo;Ohne die Jugendwerkstatt hätte ich mein Leben nicht auf die Reihe bekommen.“ Die 35-Jährige steht stellvertretend für viele junge Menschen, die der Bielefelder Verein seit vielen Jahren beim Start in ein selbstständiges (Berufs-)leben unterstützt hat. Am 8. November feiert die &bdquo;Jugendwerkstatt Bielefeld e. V.“ ihr 40-jähriges Bestehen. Als Sabrina Dingeldein 2016 mit ihren drei Kindern aus Darmstadt &bdquo;geflüchtet ist“, wie sie sagt, war der gemeinnützige Verein für Jugendhilfe ihre Rettung. Das Team organisierte den Ausbildungsplatz für die Alleinerziehende, stellte eine Wohnung zur Verfügung und bot tatkräftige Unterstützung bei den kleinen und großen Herausforderungen des Alltags. Trotz einiger &bdquo;Aufs und Abs“, den Alltag mit – inzwischen vier Kindern – zu bewältigen, schloss sie 2022 die Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement erfolgreich ab. In dieser und zwei weiteren Branchen, dem Friseur- und Kfz-Handwerk, betreibt der Verein insgesamt fünf Ausbildungsbetriebe. &bdquo;Mit echten Kunden und dem Druck, die Aufträge zu bearbeiten“, betont Geschäftsführerin Susan Grüner. Zusammen mit den Meistern, Gesellen und Sozialarbeitern sei eine Intensivbetreuung von 1:2 möglich. Auf zwei Betreute komme ein Teammitglied. Die Jugendlichen erhielten in der Einrichtung die Unterstützung, die sie für den Start in ein Erwerbsleben benötigten. &bdquo;Eine große Stärke des Vereins ist die Geduld, die wir den Jugendlichen entgegenbringen, sodass diese die Zeit haben, sich entwickeln zu können“, so Grüner. Lesen Sie auch: Der Vater des Erfolgs nimmt Abschied – fürs Erste Bielefelder Jugendwerkstatt bietet einzigartiges Angebot Das Angebot der Jugendwerkstatt Bielefeld &bdquo;Wohnen und Ausbildung“ sei in dieser Form in Deutschland einzigartig, berichtet Susan Grüner und ist stolz auf die gute Quote. Rund 50 Prozent der Jugendlichen zwischen 16 und 27 Jahren ziehen die Ausbildung in den vereinsgeführten Fachbetrieben bis zum Ende durch, unter realen Bedingungen. &bdquo;Wer hier durchkommt, schafft es später überall“, lacht Grüner. Dem kann Klaus Hanke zustimmen: &bdquo;Die Jugendlichen bekommen bei uns keine Kuschelbetreuung, die müssen hier richtig arbeiten und lernen.“ Der Sozialarbeiter a. D. weiß, wovon er spricht. Elf Jahre lang, bis zum Renteneintritt vor zweieinhalb Jahren, betreute der erfahrene Pädagoge seine spezielle Klientel. &bdquo;Einige mussten erst mal das Wohnen lernen“, lacht Hanke und erklärt: &bdquo;Einkaufen, Wäsche waschen, den Müll rausbringen – alles nicht so einfach, wenn bisher die Struktur im Leben fehlte oder durch den Alltag in der JVA fremdbestimmt wurde.“ Da braucht es oft das persönliche Gespräch, um den Jugendlichen Orientierung zu geben und sie wieder auf den richtigen Weg zu bringen, weiß Hanke. Nach Verfügbarkeit der rund 40 Plätze in der Einrichtung würden die aufgenommen, die einen echten Grund hätten. Manche Jugendliche kämen direkt von der Straße in die Jugendwerkstatt oder hätten zuvor regelmäßig bei Freunden übernachtet, so Grüner und erklärt: &bdquo;Das sind sogenannte Couch-Schläfer – die tauchen in keiner Statistik auf.“ Einige hätten eine Suchtproblematik oder litten unter psychischen Einschränkungen. Immer häufiger meldeten sich zudem Jugendliche mit Fluchterfahrung beim Verein. &bdquo;Die können in der beengten Unterkunft mit zehn Familienmitgliedern oder mehr nicht in Ruhe für ihre Prüfungen lernen.“ Bielefelder Jugendwerkstatt fehlt Wohnraum Bezahlbaren Wohnraum zu finden, den der Verein anmieten kann, sei seit Jahren problematisch, so Grüner und bedauert: &bdquo;Wir sind am Wohnungsmarkt nicht beliebt, obwohl wir verlässliche Mieter sind.“ Kurzerhand holte sie den Ruheständler Hanke vor zweieinhalb Jahren zurück in den Verein, um Öffentlichkeitsarbeit und Akquise zu machen. &bdquo;Seiner schönen Telefonstimme wegen“, scherzt Grüner und wird dann wieder ernst: &bdquo;Klaus hat in der kurzen Zeit unseren Verein bei Jugendämtern und Stiftungen bundesweit bekannt gemacht, Networking betrieben und unzählige Gespräche mit Immobilienbesitzern geführt. Das hilft uns enorm weiter.“ Lesen Sie auch: Mit Geheimtipps: Die teuersten und die günstigsten Wohnviertel in Bielefeld Sabrina Dingeldein arbeitet seit zwei Jahren als Fachkraft in einer Rechtsanwaltskanzlei in der Nähe der Vereinsräume. Die Mittagspause nutzt sie gerne, um vorbeizuschauen und das Team zu besuchen. Sie will anderen Auszubildenden Mut machen. &bdquo;Als ich meine Prüfung bestanden habe, habe ich erst mal geweint, weil ich nicht geglaubt habe, dass mir das gelingt“, sagt Sabrina. Ihre Augen werden feucht, als sie mit leiser, aber fester Stimme weiter spricht: &bdquo;Dann habe ich für mich realisiert, dass man alles schaffen kann, wenn man es wirklich will – auch wenn man eine alleinerziehende Mutter von vier Kindern ist.“

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