Wissenwerkstadt: Bielefeld bekommt ein Juwel mit Kratzern

Es gibt immer mehr Begriffe, die aus dem Englischen auch in den deutschen Sprachgebrauch Einzug gehalten haben. &bdquo;Nice to have“ ist so einer. Das heißt wörtlich übersetzt &bdquo;nett zu haben“ und beschreibt etwas, das man zwar gern besitzt, aber nicht unbedingt braucht. Die am Freitag eröffnete Wissenswerkstadt ist so ein &bdquo;nice to have“. Nun ist nach mehr als zweieinhalb Jahren Umbauzeit in der ehemaligen Stadtbibliothek ein echtes Juwel entstanden. Die Wissenswerkstadt ist eine in dieser Form auch bundesweit einmalige Einrichtung zur Begegnung zwischen Wissenschaft, Bürgerinnen und Bürgern, und da meckert gleich schon wieder einer daran herum, mag mancher sagen. Aber auch, wenn an diesem Wochenende gefeiert wird, hoffentlich viele Menschen sich in den neuen Räumen umschauen, Ausstellungen und Aktionen bestaunen, muss an die Entstehungsgeschichte der Wissenswerkstadt erinnert werden. 8,4 Millionen Euro sollte der Umbau ursprünglich kosten, auf mehr als 15 Millionen wurden die Kosten zuletzt beziffert, und wenn die Schlussabrechnung vorliegt, wird es sicher noch teurer geworden sein. Die Stadt finanziert damit den Umbau eines Gebäudes, das ihr noch nicht einmal mehr gehört. Es ist inzwischen im Besitz der Geno/G eins Bauträger GmbH, eine Tochter der gerade neu formierten Volksbank in Ostwestfalen. Eine einmalige Konstruktion, die von CDU und FDP im Rat häufig kritisiert wurde. Und ob der jährliche Betriebskostenzuschuss von 650.000 Euro am Ende ausreichen wird, ist ebenfalls fraglich. Im Video: So sieht es in der Bielefelder Wissenswerkstadt aus Die Wissenswerkstadt ist das Lieblingskind von Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD). Er hat das Projekt vor zehn Jahren ins Gespräch gebracht und stets befördert. Damals war noch von einem &bdquo;Haus der Wissenschaft“ die Rede. Uni und Hochschule Bielefeld begleiteten die Idee anfangs nicht eben euphorisch. Selbst Clausens Parteifreunde haben zuletzt eher zähneknirschend zugestimmt, wenn eine weitere Kostensteigerung abgesegnet werden musste. Sonst hätten auch noch die Zuschüsse von Bund und Land zurückgezahlt werden müssen. Clausen hat recht mit seiner Auffassung, dass eine Stadt auch weiche Standortfaktoren benötigt. Dazu gehört die Wissenswerkstadt zweifellos, die hoffentlich weit über Bielefeld hinaus Besucher anlocken wird. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass das Vorhaben nur deshalb realisiert werden konnte, weil es Fördergelder gab und die Stadt mal ein paar Jahre nicht unter der Knute der strengen Vorgaben einer Haushaltssicherung gestanden hat. Jetzt spitzt sich die Finanzsituation der Stadt dramatisch zu, und man fragt sich, wie eigentlich noch dringend benötigte Klassenzimmer und Kita-Plätze bezahlt werden können. .responsive23-GKH19bXk9NIokppU-map-bielefelder-wissenswerkstadt { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-GKH19bXk9NIokppU-map-bielefelder-wissenswerkstadt { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-GKH19bXk9NIokppU-map-bielefelder-wissenswerkstadt { padding-top: 142.86%; } } Die Wissenswerkstadt reiht sich ein in eine Vielzahl öffentlicher Projekte, die einer guten Idee entstammen und dann finanziell aus dem Ruder laufen. Das gibt es im ganz Großen. Siehe die Elbphilharmonie in Hamburg. Das gibt es im Kleineren. Siehe das Kunstmuseum Marta in Herford. Und das gibt es noch eine Nummer kleiner, eben bei der Wissenswerkstadt. Für alle gilt: Vielleicht gibt sich Steuergeld eben doch sorgloser aus als selbst erwirtschaftetes. Lesen Sie dazu auch: Wissenswerkstadt hat eröffnet Bielefelds neues &bdquo;nice to have“ Ja, die Wissenswerkstadt ist ein kleines Juwel, wenn auch eines mit ein paar Kratzern. Sie ist ein &bdquo;nice to have“. Dass man sie auch tatsächlich braucht, muss nun das Team um &bdquo;Bielefeld Marketing“-Chef Martin Knabenreich beweisen. Es hat den Auftrag, die Wissenswerkstadt zu einem Markt der Möglichkeiten für Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und möglichst vielen Menschen zu machen. Wie denken Sie darüber? Ich freue mich auf Ihre Meinung unter michael.schlaeger@nw.de

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