Digitaler Wandel: Gibt es in Bielefeld bald keine Schulbücher mehr?

Bielefeld. Super, endlich keine schweren Bücher mehr: Das ist in der Oberstufe an einigen Schulen der Stadt bereits Realität. Lehrwerke und ergänzendes Material haben die Schüler auf ihren iPads – auch schon in ersten Grundschulklassen. Aber ist das gut? In Schweden, das als besonders fortschrittlich und erfolgreich in Sachen Lernen gilt, haben die Schüler nach Jahren mit digitalen Werken wieder klassische Schulbücher bekommen. Als das vor einiger Zeit durch die Medien ging, habe es einen regelrechten Aufschrei gegeben bei ihnen an der Schule, sagt Steffi Quisbrock, Lehrerin an der Grundschule am Homersen. Zusammen mit ihrer Kollegin Gudrun Buschmeier leitet sie die 2b. Die gehört zu den drei Musterklassen, die die Stadt zum Start vor einem Jahr digital perfekt ausgestattet hat. Auch iPads haben die Kinder. &bdquo;Aber wir arbeiten zweigleisig, also auch noch ganz klassisch mit dem Schulbuch“, sagt Quisbrock. &bdquo;Und kombinieren es mit digitalen Momenten – da, wo es sinnvoll ist.“ Ergänzende Erklärfilme oder individualisierte Rechenübungen: Einiges funktioniere digital viel besser. Der gezielte, sinnvolle Einsatz sei entscheidend. Voranschreitende Gamification von Lernprozessen &bdquo;Wir sind da tatsächlich wieder etwas zurückgerudert“, berichtet Karen Wiegelmann, stellvertretende Leiterin des Helmholtz-Gymnasiums. Statt im Jahrgang 7 startete die vor zwei Jahren eingerichtete iPad-Klasse jetzt erst im Jahrgang 8. Bis alle Schüler ihre Schultablets haben, die sie bis im Rahmen der von der Stadt beschlossenen 1:1-Ausstattung bekommen, arbeite der Jahrgang 5 bis 8 wie gehabt mit Printversionen der Schulbücher. Interessanterweise wollten auch viele Schüler das so, inklusive der herkömmlichen Hefte. &bdquo;Man verinnerlicht die Lerninhalte anders, wenn man mit der Hand schreibt statt mit dem Apple-Stift. Und das macht auch etwas mit der Handschrift“, sagt Wiegelmann. In der Oberstufe hingegen haben die Schüler die Bücher digital auf den iPads. In Fächern wie Französisch seien digitale Ergänzungen, beispielsweise zum Hörverstehen und zur Aussprache, Gold wert. &bdquo;Die Anschaffung von iPads wird nach meiner Einschätzung kurzfristig keinen wesentlichen Einfluss auf die Nutzung von Schulbüchern haben“, sagt auch Michaela Vogt, Erziehungswissenschaftlerin an der Uni Bielefeld. Voraussichtlich würden sie im Bereich der erweiterten Übungsoptionen zum Einsatz kommen. &bdquo;Dann tragen sie über den verstärkten Einsatz von Online-Plattformen potenziell zur voranschreitenden Gamification von Lernprozessen bei“, sagt Vogt. Podcast zur Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Schule Jedoch betreffe diese Einschätzung den deutschen Kontext, in dem Schulbücher vor allem für die Hauptfächer als zentrales Lernmedium breit etabliert seien. International sei das häufig anders: &bdquo;Anstelle von Büchern, die die Schüler durch das Jahr leiten, werden hier verschiedene Lernmaterialien von den Lehrerinnen und Lehrern themenbezogen kombiniert – darunter natürlich auch digitale.“ Das erleichtere nicht unbedingt die Finanzen der Eltern, aber dafür definitiv die Tornister der Kinder, die sie täglich auf ihren Rücken tragen müssen. Lesen Sie auch: Abgesackt: Es hagelt Fünfen und Sechsen an Bielefelder Gymnasien Auch der Schulbuchverlag Cornelsen, der aus seinem Verlagskontor (CVK) in Bielefeld nach eigenen Angaben jährlich 40 Millionen Exemplare verschickt, hat sich mit hybriden Konzepten und digitalen Produkten für die Zukunft gerüstet. Darunter ist auch eine Podcast-Reihe zur Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Schule. Die Entwicklung der digitalen Produkte mache sich aber nicht explizit beim CVK bemerkbar, so Pressesprecher Florian Lange-Schindler. Die Anzahl an gedruckten Schulbüchern sei nach wie vor sehr hoch. &bdquo;Wir bei Cornelsen glauben grundsätzlich daran, dass das Miteinander von analogen und digitalen Lernmedien besonders wirksame Lernwege hervorbringt, die individuellen Lernerfolg ermöglichen“, sagt Lange-Schindler.

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