Neugeborenes in Bielefeld getötet: Erstmals äußert sich der Vater zur Bluttat

Bielefeld. Zu Beginn des Verhandlungstages wirkte der 22-jährige Angeklagte ruhig bis teilnahmslos und das sollte auch so bleiben, als er dem Gericht im Verlauf des Prozesses seine Sicht auf den Tathergang schilderte: Die Anklage gegen ihn und seine 20-jährige Lebensgefährtin lautet auf gemeinschaftlichen Mord an ihrem Kind, dass sie gleich nach der Geburt mit Messerstichen getötet haben sollen. Eigentlich wollte der junge Mann erst zu einem späteren Zeitpunkt aussagen, doch auf Vorschlag von Richter Carsten Glashörster und nach Beratung mit seinem Anwalt Peter Rostek äußerte er sich dann doch zu den dramatischen Ereignissen am 23. November 2023. An dem Donnerstag starb das Neugeborene laut der Obduktion durch vier Messerstiche. Vor der Einlassung des Angeklagten betrat jedoch eine Polizistin den Zeugenstand und gab Auskunft über die Vernehmungen der Schwester der Angeklagten, zitierte aus den Protokollen. Demnach habe die Schwester der werdenden Mutter erst durch einen Familienchat von der Schwangerschaft erfahren. Anschließend habe sie sich mehrmals mit ihr getroffen, auch um Pläne zu schmieden, wie es nach der Geburt weitergehen soll. Hilfsangebote abgelehnt Die Angeklagte sollte mit ihrem Sohn in eine Wohnung in die Nähe einer weiteren Schwester ziehen. Auch über eine Adoption innerhalb der Familie sei gesprochen worden. Zudem habe die Schwester Kontakt zum Jugendamt hergestellt. Doch sei es nur zu einem einzigen Besuch in der Behörde gekommen – ohne Ergebnis. Bei einem weiteren Treffen der Schwestern sei dann auch der Vater des Kindes anwesend gewesen. Dabei seien sich die drei einig gewesen, dass die beiden nicht in der Lage wären, sich um Kevin zu kümmern. Kevin sollte der Säugling genannt werden. Auch das Angebot, von ihrer Schwester bei der Geburt begleitet zu werden, lehnte die werdende Mutter ab. Von der Geburt habe die Schwester erst durch eine weitere Nachricht im Familienchat erfahren: Kevin habe sich mit der Nabelschnur selbst stranguliert und sei tot geboren worden, die Besatzung eines Rettungswagens würde die kleine Leiche mitnehmen, soll die 20-Jährige nach der Entbindung geschrieben haben. Als die Schwester dem Pärchen kurz darauf einen Kondolenz-Besuch abstattete, hätten die beiden erleichtert gewirkt. Stolz wären sie gewesen, die gemeinsame Wohnung gesäubert und aufgeräumt zu haben. Zwar habe die 20-Jährige erzählt, dass sie um ihren verstorbenen Sohn trauere, doch auf ein erneutes Hilfsangebot der Schwester sei sie nicht eingegangen. Vater schildert die Tatnacht Mit Spannung erwarteten die Anwesenden anschließend die angekündigte Aussage des 22-jährigen Vaters: Wie schon in den Prozesstagen zuvor, wirkt er trotz der schweren Vorwürfe, seinen Sohn mit vier Messerstichen getötet zu haben, relativ gleichgültig. Anders als seine Partnerin behauptete, habe er das Messer nicht erst geholt, sondern bereits beim Betreten des Badezimmers in der Hand gehalten. &bdquo;Ich sammle Messer, wie andere Briefmarken“, sagte der Bielefelder. Lesen Sie auch: Neugeborenes in Bielefeld getötet: Hatten die Eltern die Tat abgesprochen? &bdquo;Als sie mich gerufen hat, saß ich am Computer und habe mit meinen Messern rumgespielt“. Nebenan im Bad brachte seine Freundin das gemeinsame Kind zur Welt. Weil ihm die Angeklagte das Baby reichte, habe er zuvor sein Messer ins Waschbecken gelegt. Doch die Geburt war noch nicht vorbei: Als sie ihm die Nachgeburt geben wollte, habe er erst das Baby in die Dusche umgebettet und sein Messer aus dem Waschbecken genommen. &bdquo;Ich war völlig überfordert und geschockt zu dem Zeitpunkt“, so der Angeklagte. Was dann passierte, &bdquo;kann ich mir bis heute selbst nicht erklären“, sagt er. Seine Partnerin habe währenddessen geistig abwesend gewirkt. &bdquo;Dass was Schlimmes passiert war, habe ich erst realisiert, als ich rausging und das blutige Messer sah“, so der 22-jährige Bielefelder. Aussagen sind widersprüchlich Aus dem Flur habe er eine Tüte geholt und die Nachgeburt sowie das tote Kind hineingetan. &bdquo;Ich hatte keine klaren Gedanken mehr“, sagt der Angeklagte. Anschließend habe er sauber gemacht, gemeinsam mit seiner Partnerin geduscht und sich erneut an den Computer gesetzt. Absprachen, was danach mit dem toten Säugling passieren sollte, habe es seiner Aussage nach nicht gegeben. &bdquo;Bevor ich eingeschlafen bin, habe ich mir noch einen Wecker für drei Uhr morgens gestellt“, so der 22-Jährige. Richter Carsten Glashörster: &bdquo;Das ist die erste Handlung, die Sinn ergibt.“ Dann habe er die Tüte genommen und sei mit dem Fahrrad ziellos umhergefahren, um einen Ablegeort zu finden. Zurück in seiner Wohnung &bdquo;haben wir vereinbart, unseren Familien zu sagen, Kevin sei eine Totgeburt gewesen“. Die Stimmung zwischen dem Paar sei im Anschluss an die Tat &bdquo;wie immer“ gewesen. Bezüglich konkreter Adoptionspläne im Vorfeld sagte der Angeklagte: &bdquo;Ich wollte Kevin zu meinem Bruder geben, damit ich ihn ab und zu sehen kann“. Auf Nachfrage des Richters musste der 22-Jährige jedoch zugeben, bis heute keinen Kontakt zu seinem Bruder zu pflegen. &bdquo;Mein Vater wollte das regeln“, so der Bielefelder. Der Prozess wird am 19. August fortgesetzt. Lesen Sie auch: Baby in Bielefeld getötet: Neue Details über angeklagte Eltern

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