Schüsse reißen Bielefelder aus dem Schlaf: Bei der Polizei erhält er keine Hilfe

Bielefeld. Ein lauter Knall. Dann noch einer. Und noch einer und noch einer. Insgesamt 17 Mal krachte es am frühen Sonntagmorgen unweit des Brackweder Naturbades an der Osnabrücker Straße. Vermutlich werden die lauten Schüsse oder Explosionen nicht nur Manfred Lettenmayer aus dem Schlaf gerissen haben. &bdquo;So etwas habe ich hier in der Gegend auch noch nie gehört“, sagt der 80-Jährige. Dass ihn der Vorfall auch Tage später noch immer umtreibt, hängt allerdings weniger mit den Schüssen selbst zusammen, als mit dem, was er am selben Tag auf der Wache Süd der Bielefelder Polizei erlebt hat. Denn als er den Vorfall dort melden und sogar mögliche Beweismittel abliefern wollte, wurde er nach seinen Schilderungen von den diensthabenden Beamten freundlich, aber bestimmt abgewimmelt. Überwachungskamera zeichnet die Schüsse auf Dass Manfred Lettenmayer genau weiß, wie oft es geknallt hat und genau wann seine Nacht am Sonntagmorgen vorbei war, hängt mit einer kleinen Überwachungskamera zusammen. Diese hatte er im vergangenen Jahr am Eingang seines Hauses angebracht. &bdquo;Irgendjemand hat bei uns immer wieder die Blumen vor dem Haus abgeschnitten“, erläutert er die Vorsichtsmaßnahme. &bdquo;Da wollte ich wissen, wer da hinter steckt.“ Den Blumendieb erwischte er mit der Kamera nicht, dafür aber die Schüsse am Sonntag. Denn die Kamera zeichnet nicht nur auf, was genau wann in der Einfahrt des Hauses passiert, sondern verfügt auch über ein Mikrofon. &bdquo;Zu sehen war auf den Bildern natürlich nichts, aber die Audio-Aufzeichnung war gut. Und da habe ich eben 17 Schüsse gezählt.“ Um genau 5.38 Uhr ging die &bdquo;Ballerei“ los, wie der Senior berichtet. An Schlaf war danach jedenfalls nicht mehr zu denken. Daran, sich umgehend bei der Polizei zu melden, dachte er allerdings auch nicht. &bdquo;Ich bin dann erst gegen Mittag hingefahren, weil ich dachte, dass ich mit meinen Aufzeichnungen helfen könnte“, sagt Lettenmayer. &bdquo;Außerdem ging ich fest davon aus, dass das schon von jemand anderem gemeldet worden ist.“ Verhalten der Polizei irritiert den Senior Als er um kurz nach 12 Uhr mit seinem Video an der Polizeiwache Süd am Brackweder Südring erschien, musste er feststellen, dass er gleich doppelt daneben lag: Zum einen wusste dort niemand etwas von frühmorgendlichen Schüssen. Und zum anderen wollte offenbar auch niemand etwas von seinem Video wissen. &bdquo;Der Polizist hat sich das Video angeschaut und meinte auch, dass das wohl Schüsse gewesen sind“, sagt Manfred Lettenmayer. Damit endete aber das Interesse. &bdquo;Er fragte mich, was es denn bringen solle, wenn ich damit erst gegen Mittag ankommen würde. Ich hätte mich sofort melden müssen“, erinnert er sich. Deshalb habe der Polizist dann auch keine Meldung aufgenommen – und stattdessen nur freundlich noch einen schönen Sonntag gewünscht. Lesen Sie auch: Bielefelder Polizei im Umbruch: Kriminalpolizei verlässt den Süden Manfred Lettenmayer ist noch immer entgeistert, wenn er von dem Erlebnis auf der Wache berichtet. &bdquo;Natürlich gehe ich nicht davon aus, dass da jemand auf jemand anderes geschossen hat. Da wird einer in der Gegend herumgeballert haben“, sagt der 80-Jährige. Dennoch sei es ja etwas anderes, ob jemand um 5.30 Uhr mit röhrendem Motor durch den Ort brettert oder ob jemand aus welchen Gründen auch immer 17 Schüsse abgibt. &bdquo;Zeugen und Opfer sollten unmittelbar die Polizei informieren“ Bei der Bielefelder Polizei trifft die Schilderung des Quellers auf offene Ohren. Grundsätzlich gelte, dass jeder Anlass, der bei der Polizei angezeigt werden soll, &bdquo;ernst genommen und angemessen bearbeitet“ werden müsse, sagt Polizeisprecherin Sonja Rehmert. &bdquo;Mit einer sorgfältigen und gewissenhaften Anzeigenaufnahme und Anzeigenbearbeitung werden die Voraussetzungen für eine Strafverfolgung geschaffen und auch Straftaten verhindert.“ Wichtig sei aber auch, dass sich potenzielle Zeugen zeitnah bei der Polizei melden. &bdquo;Sobald jemand zu Schaden kommt oder auch nur der Verdacht einer Straftat besteht, bitte sofort und unmittelbar die Polizei informieren und Strafanzeige erstatten“, erläutert die Polizeisprecherin. Die 110 sollten zudem nicht nur Betroffene wählen, sondern auch Dritte, die beobachten, dass andere in brenzlige Situationen geraten sind oder die verdächtige Wahrnehmungen gemacht haben. &bdquo;Ohne Kenntnis der Straftat können Polizei und Staatsanwaltschaft nicht tätig werden“, sagt Rehmert. In der Folge könne die Tat nicht erforscht und aufgeklärt werden – und die Täter bleiben unentdeckt. Lesen Sie auch: Bei Hochzeitskorso in Bielefeld fallen Schüsse: Teilnehmer bedrängen Polizisten Handelte der Polizeibeamte angemessen? Zum konkreten Fall vom vergangenen Sonntag hat das Beschwerdemanagement der Behörde nachgehakt und kam bei der Überprüfung der Geschehnisse zu einem recht klaren Schluss. Die Stelle, an die sich auch Bürger direkt wenden, wenn sie mit der Reaktion der Polizei auf ein Anliegen nicht einverstanden sind, sieht &bdquo;keine Anhaltspunkte, dass der Beamte sich nicht angemessen oder korrekt verhalten“ haben könnte. Dem Bürger sei die Vorgehensweise erläutert worden, das Gespräch sei &bdquo;freundlich und respektvoll“ verlaufen. Mit der Darstellung ist Manfred Lettenmayer durchaus einverstanden - ganz verstehen kann er es aber trotzdem nicht. &bdquo;Wenn jetzt aus der Sache doch noch etwas entstanden wäre, hätte der Polizist doch nichts in der Hand gehabt“, sagt Lettenmayer. &bdquo;Er hat ja noch nicht einmal meinen Namen notiert.“

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