Hochburgen, Einbrüche und bittere Pillen: So lief die Europawahl für die Bielefelder Parteien

Bielefeld. Alles wird anders – und doch bleibt vieles gleich. Die Europawahl hat in Bielefeld einmal mehr die politische Landkarte verändert, dabei aber auch seit Jahren anhaltende Trends verstetigt. Eine Bestandsaufnahme. CDU Die Gewinner der Wahl vom Sonntag sind die Bielefelder Christdemokraten (CDU), die ihr Ergebnis im Vergleich zur Wahl 2019 um 2,4 Prozent und damit um knapp 3.600 Wählerstimmen verbessern konnten. In sämtlichen Außenbezirken ist die Union stärkste Kraft geworden, den größten Zugewinn erzielte die Partei in Brackwede mit einem Plus von 4,5 auf 27,4 Prozent. Dass dann in der Parteizentrale an der Walther-Rathenau-Straße doch nicht lauter Jubel herrschte und die Sektkorken knallten, könnte ein Blick auf die Europawahl vor zehn Jahren erklären: Damals konnte die CDU zwar nicht die meisten Stimmen auf sich vereinen, hatte aber 30,6 Prozent eingesammelt – 6,5 Prozentpunkte mehr als 2024. SPD Wenn ein Blick auf die Ergebnisse von 2014 schon bei den Christdemokraten die Laune verdirbt, dürfte dies bei den Sozialdemokraten – bei der Europawahl vor zehn Jahren noch mit Abstand stärkste politische Kraft in Bielefeld – ein völliger Stimmungskiller sein. 33,6 Prozent hatte die SPD damals erreicht, jetzt waren es rund 18 Prozent. 15.157 Wählerinnen und Wähler haben somit der Partei im Vergleich zur vorletzten Wahl zum Europaparlament den Rücken gekehrt, was ziemlich exakt der Zahl der 2024 in Senne wahlberechtigten Bürger (15.178) entspricht. Die größten Einbußen gab es für die SPD in Sennestadt, wo es jetzt 18,1 Prozent weniger gab als 2014, in Brackwede beläuft sich das Minus auf 17,9 Prozent. Ein schwacher Trost kann höchstens sein, dass ein Großteil der Verluste bereits 2019 erlitten wurde und sich der katastrophale Einbruch von vor fünf Jahren nicht wiederholt hat. Mit einem Verlust von &bdquo;nur“ 0,8 Prozent hat sich die SPD auf dem vergleichsweise niedrigen Niveau stabilisiert. Lesen Sie auch: Rechtsruck und Verluste in OWL: CDU triumphiert, Grüne verlieren Grüne Dies sieht bei den Grünen, vor fünf Jahren noch der strahlende Sieger der Bielefelder Europawahl, gründlich anders aus. 2019 hatte die Partei teils sensationelle Zugewinne erzielt, etwa in Schildesche von rund 15 Prozent auf 32,4 oder im Stadtbezirk Mitte von 21,7 auf 35,3 Prozent. In Brackwede hatten die Grünen ihren Stimmenanteil sogar mehr als verdoppelt, von 11,6 auf 25,5 Prozent. Diese Gewinne lösten sich zu weiten Teilen wieder in Luft auf. Fast zehn Prozent verloren die Grünen stadtweit, in Heepen und Sennestadt erreichte die Partei nur noch um Haaresbreite ein zweistelliges Ergebnis. Bei aller Ratlosigkeit und Bestürzung über ihre Verluste bleibt auch den Grünen ein schwacher Trost: Ihr Ergebnis 2024 liegt noch immer rund 5 Prozentpunkte über dem von 2014 – und mit 0,6 Prozent und damit etwa 900 Stimmen Vorsprung vor den Sozialdemokraten sind sie zumindest noch die zweitstärkste politische Kraft der Stadt. FDP Die Zeit, in der die Bielefelder Liberalen auf ein zweistelliges Ergebnis bei einer Europawahl schielen durften, ist schon länger her als zehn Jahre: 2009 erreichte die FDP 9,4 Prozent, um dann fünf Jahre später auf 2,9 Prozent abzurutschen. 2019 erholte sich die Partei auf 5,5 und verbesserte sich nun auf 5,9 Prozent. Zumindest in einem Stadtbezirk kamen die Liberalen dann doch noch in Reichweite der Zweistelligkeit: Mit 8,3 Prozent war Dornberg die Hochburg der FDP. Die Linke/BSW Ein Resultat über 10 Prozent erreichte die Linke bei einer Europawahl in Bielefeld zumindest einmal, und zwar im Jahr 2014 im Stadtbezirk Mitte, als die Partei auf 10,9 Zähler kam. Im gesamten Stadtgebiet erreichte die Linke 7,1 Prozent – ein Ergebnis, das sie fünf Jahre später um 0,5 Prozent verfehlte und jetzt um fast 3 Prozent unterbot. Besonders schmerzhaft: Das von der ehemaligen Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht geführte Bündnis (BSW) erreichte in Bielefeld aus dem Stand mit 4,6 Prozent ein besseres Ergebnis als die Linke (4,2). AfD Konstant nach oben weist wiederum die Entwicklung der AfD in Bielefeld - allerdings in deutlich kleineren Schritten als in anderen Städten und Kreisen. Die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestufte Partei erreichte 2014 aus dem Stand fast 5 Prozent, fünf Jahre später stieg der Stimmenanteil auf 7,7 Punkte. Jetzt erreichte die Partei erstmals mit 10,8 Prozent in Bielefeld ein zweistelliges Ergebnis. Doch nur in einzelnen Stadtbezirken erreicht oder übertrifft die AfD ihr Ergebnis im Bund: In Sennestadt landete die Partei bei 21,4 Prozent. Auch in Heepen (18,2) und in Stieghorst (16,6) erreichte die AfD ein überdurchschnittlich hohes Ergebnis. Am schwächsten schnitt die AfD in Gadderbaum (5,4), Mitte (6,5) und Dornberg (6,9 Prozent) ab.

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