Kommentar: Warum es sich lohnt, am Sonntag wählen zu gehen

Bielefeld. An diesem Sonntag haben wir alle eine Chance. Wir können bei der Wahl zum Europäischen Parlament mitbestimmen, wer in Europa das Sagen haben soll. Brüssel ist knapp 400 Kilometer von Bielefeld entfernt. Die europäischen Institutionen kommen vielen vor wie ein Raumschiff, das entrückt über allem schwebt. Aber Europa begegnet uns allen jeden Tag vor der Haustür, am Arbeitsplatz, im Supermarkt. Klar, da gibt es manche Kuriosität wie die inzwischen abgeschaffte Gurken-Verordnung, in der festgelegt wurde, wie krumm eine Salatgurke sein darf. So wie beim Gemüse ist vieles schlicht überreguliert. Aber es gibt vor allem auch konkrete Unterstützung. 106 Projekte hat die Europäische Union in den vergangenen Jahren in Bielefeld gefördert. Lesen Sie auch: Überraschend: Diese EU-Kandidaten kommen aus Bielefeld Mit 18 Millionen war der Jahnplatz-Umbau dabei, mit 655.000 Euro die 1,3 Kilometer lange Radwegeverbindung von der Otto-Brenner-Straße bis zur Elpke. Die &bdquo;WissensWerkStadt“, die bald eröffnet wird, würde es ohne EU-Millionen nicht geben, ebenso wenig das Besucherzentrum an der Sparrenburg oder das Kuks-Veranstaltungszentrum in Sieker. Europa wirkt also vor Ort. Wichtiger Wirtschaftsfaktor für Bielefeld Europa ist auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Bielefeld. Fast 40 Prozent der in Bielefeld hergestellten Produkte gehen in den Export, das meiste davon in die Europäische Union. Der Auslandsumsatz Bielefelder Unternehmen lag 2023 bei zwei Milliarden Euro. Solche Zahlen können nur erreicht werden, weil es einen freien Handelsverkehr innerhalb der EU gibt. Das sichert Arbeitsplätze und gibt Perspektive. Auch der Bildungssektor profitiert. Wer an einer der Bielefelder Hochschulen studiert, kann heute meist ohne große Probleme ein Auslandssemester an einer anderen europäischen Uni einlegen und dort Erfahrungen fürs Leben sammeln. Dem Erasmus-Programm der EU sei dank. Lesen Sie auch: Alles zur Europawahl in Bielefeld Die Liste der Europa-Vorteile ließe sich fortsetzen. Sie darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass manche das, was aus Brüssel kommt, inzwischen als Bevormundung empfinden. Die Zahl der EU-Skeptiker wächst. Die Europawahl an diesem Sonntag wird auch ein aktuelles politisches Stimmungsbild für Bielefeld liefern. Nächstes Jahr stehen Bundestags- und Kommunalwahlen an Vor fünf Jahren konnten die Grünen mit 28,2 Prozent in der Stadt ein Rekordergebnis einfahren, wurden erstmals stärkste politische Kraft und überflügelten die CDU (21,7 Prozent) und die Sozialdemokraten (18,8 Prozent) deutlich. An diesen Erfolg anzuknüpfen, dürfte schwer werden. Bekommen die Berliner Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP auch in Bielefeld eine Quittung für ihre öffentlich ausgetragenen Dauer-Fehden? Wie groß ist das Potenzial der AfD in Bielefeld? Und hat das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in der Stadt schon viele Freunde und muss &bdquo;Die Linke“ Federn lassen? In den heimischen Parteizentralen wird das Ergebnis am Ende genau analysiert, denn nächstes Jahr stehen Bundestags- und Kommunalwahlen an. 240.000 Bielefelderinnen und Bielefelder sind aufgerufen, am Sonntag ihre Stimme abzugeben. Das Wahlalter ist für die Europawahl erstmals gesenkt worden. Das heißt, dass in Bielefeld 5.370 junge Leute im Alter von 16 und 17 Jahren ihr Kreuzchen auf dem Stimmzettel machen dürfen. Die Wahlberechtigten haben die Auswahl zwischen 35 Parteien und politischen Vereinigungen. Der Wahlzettel ist 70,5 Zentimeter lang. Und in dem steckt auch ein bisschen Bielefeld, denn sieben der bundesweit 1.413 Kandidatinnen und Kandidaten kommen von hier. Mehr Briefwähler als 2019 Also, mitmachen, wählen gehen, die Chance nutzen. 60.000 Bielefelder Bürgerinnen und Bürger haben es übrigens schon getan und Briefwahl gemacht, deutlich mehr als bei der Europawahl 2019. Ein gutes Zeichen.

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