Revolution im Klinikum Bethel: Neue Technik in Bielefeld ist einzigartig in OWL

Bielefeld. Es rattert und schnurrt, dann ein kurzes Aufschnaufen: Hinter blauem Plexiglas sausen Röhrchen mit Blut (und anderen flüssigen Körperanteilen) vorbei, ein Roboterarm greift eines nach dem anderen und platziert es in eine Halterung, die zur nächsten Station fährt. Nur wenige Menschen überwachen die Abläufe im ersten vollautomatisierten Labor eines Krankenhauses in ganz Ostwestfalen-Lippe. Das Labor in Gilead I (unter dem Dach des Evangelischen Klinikums Bethel) kann rund um die Uhr betrieben werden, sodass auch in der Nacht nach Unfällen oder internistischen Notfällen, wie einem Herzinfarkt, schnell therapieentscheidende Ergebnisse vorliegen. Es führt Analysen für alle weiteren Häuser des EvKB und die Kinderklinik durch. Die Automatenstrecke ist der ganze Stolz von Christian Jantos, Chefarzt im Institut für Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie und Hygiene. &bdquo;Ohne Labor keine Therapie“, bringt er die Bedeutung der Labormedizin auf den Punkt. Automatisierung beschleunigt Prozesse im Klinikum Bethel Rund 2.000 Röhrchen wandern täglich durch das Labor. 60 bis 70 Prozent der Entscheidungen im Krankenhaus hängen unmittelbar mit den Laborergebnissen zusammen. Kein Wunder, dass hier die Beschleunigung und Automatisierung der Abläufe ein besonderes Gewicht hat. Ein Barcode auf jeder Probe hilft, sie dem konkreten Patienten zuzuordnen und das zu ermitteln, was die Ärzte über seine Laborwerte wissen wollen. Die Apparatur windet sich auf Bauchhöhe durch mehrere Räume, besteht aus drei wesentlichen Komponenten: die Probenvorbereitungsanlage, die die Röhrchen mit Patientenblut für die Zentrifuge aufbereitet, dann die Zentrifuge, die diese anschließend 10 Minuten durchlaufen. In der Sortieranlage werden die Proben für eine von rund 150 verschiedene Analysen eingerichtet, alles ist vorprogrammiert. Schließlich werden die Proben auf Transportständern zum Analyseautomaten gefahren, wo die eigentliche Untersuchung der gewünschten Parameter erfolgt. Von Routinewerten wie Gerinnungsfaktor, Hb-Wert oder Nierenwerten, die für die Patienten-Neuzugänge im Krankenhaus bestimmt werden müssen, bis zur Ermittlung des Troponin-Werts, der auf einen Herzinfarkt hindeutet, reichen die Fragestellungen. Fünf Jahre bis zur Inbetriebnahme der Labortechnik &bdquo;Früher musste man all das manuell machen“, so Jantos. Aber nicht nur die Tatsache, dass nun alles schneller und teils auch fehlerfreier geht, macht die Anlage in Gilead zu etwas Besonderem – auch der Einbau in eine 110 Jahre alte Bausubstanz war &bdquo;weltweit einmalig“ und eine Herausforderung für den Lieferanten der Geräte. Denn die zu bestückende Grundfläche war vergleichsweise klein, die zumeist tragenden Wände durften nicht angetastet werden. Das Unternehmen entschloss sich daher, Fluchträume zu überbauen und Aufzüge für Transportständer zu konstruieren, die den Weg über Pfeiler und Decken zur nächsten Station nehmen. Fünf Jahre dauerte es von der Planung bis zur Inbetriebnahme im Oktober 2023. Die fortschrittliche Technik stammt von Hitachi Medizintechnik und, so Matthias Ruwe, wissenschaftlicher Mitarbeiter Biotechnologie, &bdquo;läuft erstaunlich störungsfrei“. Die Automatisierung ersetzt keine Mitarbeiter Dabei habe man die neue Labortechnik aufbauen müssen, während die alte noch lief: &bdquo;Im Krankenhaus kann man eine Anlage nicht einfach zwei Wochen lang stilllegen“, so Ruwe. Anfangs, räumt Chefarzt Jantos ein, habe die neue Technik auf manche Mitarbeitende einschüchternd gewirkt. Einige hätten Sorge gehabt, von Maschinen ersetzt zu werden. Doch der Chef gibt Entwarnung: &bdquo;Wir mussten niemanden entlassen, haben stattdessen Fachkräftemangel. Die Automatisierung entlastet unsere Mitarbeiter von weniger anspruchsvollen Aufgaben, wie etwa dem Pipettieren“, berichtet er. So sei es eher ein Anliegen, mittels der Technik die &bdquo;extrem qualitätsgesicherte“ Labormedizin in Deutschland nicht nur sicherzustellen, sondern voranzubringen. &bdquo;Wir halten Schritt mit dem medizinischen Fortschritt, den Fortschritten in der Wissenschaft“, so Ruwe, der beispielhaft auf die Bestimmung von Antikörpern in Corona-Pandemie verweist. Eine externe Qualitätskontrolle sorgt zusätzlich dafür, dass Fehler schnell aufgespürt werden, das Labor und seine Mitarbeitenden immer besser würden. Das Fazit: &bdquo;Der Übergang war zwar stressig, doch heute wollen die meisten diese Technik nicht mehr missen.“

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