Tausende Bielefelder feiern an 22 Osterfeuern - doch gibt es dafür überhaupt einen Grund?

Bielefeld. Ostern, Osterfeuer: 22 der manchmal magisch-riesigen (Obersee) und manchmal charmant-kleinen (Gadderbaum) Feuer lodern 2024 in Bielefeld. Tausende Bielefelder besuchen sie: auf einen Klönschnack, eine Bratwurst, ein paar strahlende Kinderaugen. Und Bielefeld ist durchaus ein bisschen besonders in Sachen Osterfeuer: Dass es die Feuer auf zwei Tage verteilt gibt, ist eine eher westfälische Spezialität, in weiten Teilen Deutschlands lodern die Feuer am Ostersamstag, der genauer eigentlich Karsamstag heißt. Ostersonntag ist westfälischer Brauch, und weil in Bielefeld beides Tradition ist, teilen sich die Veranstalter benachbarter Feuer gerne auf, und es geht gerecht und in bester Fußballmanier zu: Elf gegen elf. Elfmal lodert es am Karsamstag, elfmal am Ostersonntag. Wer hat angefangen? Heiden? Christen? Und warum das Ganze? Vermutlich ist es eine heidnische Tradition, vielleicht aus dem germanischen Frühlingsfest entstanden. Christlichen Ursprungs ist das Feuer nicht, aber es gibt Lesarten, die es heute in das christliche Osterfest einbinden. So seien die Samstagsfeuer als Auftakt in das Osterfest zu sehen, und das Osterfeuer als solches gelte als Symbol für die Auferstehung von Jesus Christus – mehr aber noch die Osterkerze. Wie auch immer, vielleicht ist das Riesenfeuer aber auch nur eine schicke Idee von Kleingärtnern, die den ersten Schnitt der Sträucher in entspannter Atmosphäre loswerden wollen, ätzen Gegner der Feuer. Oder von Feuerwehrleuten, die einmal im Jahr anzünden und nicht löschen möchten. Feinstaub (im Vergleich zu Industrie und Verkehr marginal) und sterbende Tiere (durch Umschichten des Holzes vor dem Anzünden weitgehend vermeidbar) werden von vielen Gegnern der Osterfeuertradition ebenfalls angeführt, um ein Ostern ohne Feuerwände zu feiern. Die Stadt sieht das Problem und regelt zumindest vieles rund um die Feuer – sie müssen angemeldet werden und es gibt etliche Auflagen. Wer vor Ort die Feuer besucht, findet hier naturgemäß fast nur Freunde der Tradition – für viele ist es einer der letzten Termine im Quartier, im Stadtbezirk, bei dem Menschen sich unkompliziert treffen und es nachbarschaftliches Quatschen in heißer Atmosphäre gibt. Ohne Anmeldung, einfach nur hingehen und Leute treffen, das mögen viele. Plus die archaische Feuer-Atmosphäre. Besonders prächtig fällt diese 2024 auf Hof Möller in Babenhausen aus, traditionell ist hier die Atmosphäre einzigartig, weil der Teich abends zum Spiegel wird - fürs Feuer, für den Abendhimmel. Und auch an der alten Wassermühle zu Bentrup im Osten der Stadt ist die Atmosphäre einzigartig - gemütlich sitzen die Menschen zusammen, klönen, staunen, lachen; es ist ein entspanntes Fest in prächtiger Atmosphäre. Muslimisches Ehepaar feiert Osterfeuer-Premiere Und auch in Brackwede am Gleisdreieck ist die Stimmung gelassen, Vijdan Yilmaz, in Berlin geborene Türkin, sagt: &bdquo;Es ist mein erstes Osterfeuer, aber es ist wirklich schön.“ Ihr Mann, Ilhan Yilmaz, mag die Atmosphäre auch: &bdquo;Feuer übt auf uns Menschen doch immer eine Magie aus, es fasziniert uns“. Und so hat er seine Frau überzeugt, einmal mitzukommen, auch, &bdquo;weil das ja ein Stück Kultur hier ist – und solche kulturellen Sachen sollte man pflegen und erhalten“. Bei den Moslems gebe es Osterfeuer natürlich nicht, er kenne solche Feuer aber dennoch aus Aserbaidschan, &bdquo;es ist ein alter Brauch, weil der Frühling kommt“. Beide finden es interessant, sie denken, es sei vor allem eine christliche Tradition, entdecken aber über den ja mindestens genauso vorhandenen heidnischen Hintergrund auch Parallelen. Ihre Neugier auf das Fest zahlt sich aus, sie genießen das lodernde Riesenfeuer und die lockere Stimmung drumherum. Dass es Kritik gibt wegen der Feinstaubbelastung, das mag Ilhan Yilmaz nicht akzeptieren: &bdquo;Ich kann mir nicht vorstellen, dass einmal im Jahr wirklich ein Problem ist.“ Vijdan Yilmaz muss schmunzeln, als sie sagt: &bdquo;Ich bin vor 15 Jahren aus Berlin nach Brackwede gezogen, 14 Jahre lang habe ich das Feuer immer nur gerochen, jetzt bin ich endlich auch mal hier.“ Sagt sie, umarmt ihren Mann, isst eine Pommes. So soll es sein. Sonntag besser als vorhergesagt Die elf Feuer, die Sonntag dann brannten, qualmten anfangs meist enorm, aber, immerhin, es regnete nicht mehr nachmittags und abends. Der Regen des Vormittags hatte aber alles so durchnässt, dass es beispielsweise am Obersee mächtig graue Wolken gab. Qualm statt Feuer - es dauerte, bis der Brand dominierte. Wohl dem, der auf Feuerschalen setzt und trockenes Brennholz nutzen kann: In Gadderbaum, beim inklusivsten Bielefelder Osterfeuer, genossen mehr als 200 Menschen das besondere Miteinander, das hier am Quellenhofweg seit Jahren barrierefrei herrscht.

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